Prunkstück ist ein Jungfernbecher

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Vorbericht zur 311. Auktion im Auktionshaus Dr. Fischer in Heilbronn

Ausgabe Nr. 2937

Jungfernbecher des Hermannstädter Meisters Petrus Erosem (Preis 70.-100.000 Euro).

Das Auktionshaus Dr. Fischer in Heilbronn veranstaltet am 6. Dezember d. J. seine 311. Auktion. Besonders erwähnenswert ist das hochwertige Silberangebot, welches besondere siebenbürgische Goldschmiedearbeiten beinhaltet.

In dem zur 300. Auktion vom 9. März 2024 veröffentlichten Katalog ist in dem Kapitel „Kurzer Überblick über die Geschichte der Zünfte im Fürstentum Siebenbürgen” u. a. zu lesen, dass es in Siebenbürgen schon im frühen Mittelalter Gold- und Silberschmiede gab, allerdings befanden sich diese nicht unter den 19 unterschiedlichen Zünften, die in den Urkunden erwähnt werden.

 Ebenda ist zu lesen: In den Archiven des Brukenthalmuseums Hermannstadt sind viele Schriften erhalten geblieben, welche die Statuten der Gold- und Silberschmiedezunft belegen. Am 27. Januar 1504 erließ König Ladislau II. von Ungarn eine Verordnung, welche die Gold- und Silberschmiede verpflichtet, ihre Arbeiten mit einem Stempel zu kennzeichnen. Im Brukenthalmuseum wird eine Bleiplatte aufbewahrt, auf welcher sämtliche Meister zwischen 1571 und 1811 ihr Meisterzeichen anbringen mussten.

Jagdtrinkschale des Klausenburger Meisters Petrus Filstich (Preis 12.-15.000 Euro).

Siebenbürgen sei ein bedeutender Ort gewesen, heißt es weiter, wo hochwertige Gold- und Silberschmiedearbeiten hergestellt wurden und weltberühmte Künstler wie Sebastian Hann (1644-1713) oder Jakob Schliesser (1642-?) lebten und arbeiteten. Die bedeutendsten Zentren, in denen Goldschmiede arbeiteten waren Hermannstadt und Kronstadt. Allein in Hermannstadt waren im Zeitraum 1550-1575 insgesamt 91 Goldschmiedemeister tätig. Im 19. Jahrhundert waren es nur noch zehn.

Gliedergürtel aus dem 18. Jahrhundert (Preis 3.500 – 4.000 Euro).

Ähnliche Angaben sind aus Kronstadt überliefert: Hier wurden im 16. Jahrhundert 100 Gold und Silberschmiedemeister gezählt, im 19. Jahrhundert nur noch 25.

Zurück zu der Auktion, die am 6. Dezember d. J. stattfinden wird: Die Veranstalter geben bekannt, dass als Prunkstück der 311. Auktion ein um 1600 datierter Jungfernbecher des Hermannstädter Meisters Petrus Erosem ausgerufen wird. Dieser Doppelbecher – auch als Trinkspiel bekannt – erlaubt es dem Brautpaar, gleichzeitig daraus zu trinken. Sehr selten ist so ein Becher in Siebenbürgen zu sehen. Nur drei weitere solcher Arbeiten sind bekannt, zwei befinden sich im Brukenthalmuseum in Hermannstadt und eine in einem Budapester Museum.

Silbernes Heftel aus dem 17. Jahrhundert (Preis 3.000 -3.500 Euro).
Fotos: Auktionshaus Dr. Fischer

Außerdem wird eine um 1630 datierte silberne Abendmahlskanne aus Kronstadt des Meisters Michael Seibringer angeboten. Eine um 1590 datierte bedeutende Jagdtrinkschale aus Klausenburg vom Meister Petrus Filstich ist ein weiteres Highlight dieser Auktion.

Ein silbernes Heftel aus dem 17. Jahrhundert und ein Gliedergürtel aus dem 18. Jahrhundert runden das Angebot ab. Auch eine umfangreiche siebenbürgische Keramiksammlung wird versteigert, hervorgehoben werden müssen Arbeiten aus Draas, Kirchberg und Thorenburg. Bei den Arbeiten aus Zinn sticht ein besonderer Krug von 1634 aus Bistritz hervor.

Abendmahlskanne des Kronstädter Meisters Michael Seibringer (Preis 50.-90.000 Euro).

Die Sammelleidenschaft wurde Dr. Jürgen Fischer geradezu in die Wiege gelegt. Sein Urgroßvater, der Hermannstädter Juwelier Hugo Lüdecke, war nicht nur ein begabter Goldschmied, sondern auch ein bedeutender Sammler siebenbürgischer Goldschmiedekunst und Lieferant unter anderem für die Rothschilds.

Die private Sammelleidenschaft, in die Jürgen Fischer über die Jahrzehnte viel Herzblut und Leidenschaft gesteckt hat, verband sich mit dem geschäftlichen Schwerpunkt des Heilbronner Auktionshauses Dr. Fischer, das für die professionelle Betreuung großer und bedeutender privater Sammlungen einen Namen hat, seitdem das Auktionshaus im Jahr 1976 in Heilbronn seinen Anfang nahm.

Das Haus Dr. Fischer wird inzwischen von seiner Tochter Monia Becker geführt.

B. U.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Allgemein.