Auf den Spuren der Christen

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Eine Reise nach Istanbul / Reisetagebuch von Mihaela WETSCHEZA

Ausgabe Nr. 2937

Sonntagsgottesdienst im Freien am Ufer des Iznik-Sees.                    
Foto: Privat

„Wohin du auch gehst, geh mit deinem ganzen Herzen“ (Konfuzius). Von diesem unausgesprochenen Motto ließen wir uns leiten. Wir, eine Gruppe von 15 Gemeindegliedern der evangelischen Kirchengemeinde Michelsberg unter der Begleitung unseres Pfarrers Lászlo-Zorán Kezdi, machten uns vom 25. bis 30. Oktober 2025 auf die Suche nach den Wurzeln des Christentums in der Türkei. Die Route war sorgfältig geplant und führte an Orte von großer Bedeutung für die christliche Welt. Besucht wurden jene Stätten, an denen die ersten ökumenischen Konzilien stattfanden.

Unsere Reise begann mit einem ersten Halt in Bursa. Die viertgrößte Stadt der Türkei liegt auf der asiatischen Seite, nahe dem Marmarameer, und beeindruckt durch ihre grünen Parks, alten Gebäude und Thermalbäder. Ziel unserer Reise in diese Region war jedoch Nizäa (heute Iznik), wo im Jahr 325 das erste ökumenische Konzil abgehalten wurde.

Iznik war der Ort, an dem die Christen die trinitarische Lehre festlegten und zum ersten Mal das christliche Glaubensbekenntnis formulierten. Die Ruinen und ihre Geschichte an einem ruhigen Sonntag. Am Ufer des Iznik-Sees machten wir Halt, um Texte zu hören, die unser Pfarrer vorlas. In dieser besonderen Atmosphäre, begleitet vom Rascheln der Blätter und dem warmen Herbstwind, erlebten wir das Gefühl einer Sonntagsliturgie im Freien. „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ (Evangelium nach Matthäus).

Nach zwei Tagen im asiatischen Teil der Türkei, wo sich das Leben stark um das Ritual des türkischen Tees dreht, erwartete uns Istanbul. Das ehemalige Konstantinopel, auch „Neues Rom“ genannt, ist eine Metropole mit über 16 Millionen Einwohnern und beeindruckt durch ihre Vielfalt. Die Stadt wirkt zugleich orientalisch und westlich, traditionell und modern, alt und neu.

Das neue Istanbul, wo Wolkenkratzer neben Minaretten aufragen, und das alte Istanbul, das von zwei gewaltigen Bauwerken geprägt ist, die einander gegenüberstehen und sich gegenseitig ergänzen: die Hagia Sophia und die Blaue Moschee.

Die Führungen boten uns eine lebendige Geschichtsstunde.

Die Hagia Sophia beeindruckte uns mit ihrer Erscheinung im Morgen- und Abendlicht. Sie empfing uns wie in ihrem eigenen Zuhause und erzählte uns ihre Geschichte. Auch wenn wir nur so viel sehen konnten, wie die heutigen Verwalter erlauben, waren wir dankbar, dass die Spuren unserer Wurzeln nicht vollständig überdeckt wurden. Selbst wenn sie nicht mehr „unsere“ ist, haben wir ihre christliche Seele wiederentdeckt.

Die Blaue Moschee scheint tagsüber in Größe und Bedeutung mit ihr zu wetteifern. Doch am Abend kehrt zwischen den beiden Bauwerken Ruhe ein. Wie bei einem Ping-Pong-Spiel stimmen die Muezzine der beiden Moscheen ihren Gebetsruf aufeinander ab. Dieser Moment lässt innehalten und zuhören. Er lädt dazu ein, an das eigene Gebetsritual zu denken, ihres zu respektieren und das eigene zu lieben.

Ob wir Paläste der Sultane besichtigten, historische Gebäude oder farbenfrohe alte Viertel, alles zog uns in seinen Bann wie der Tanz eines wirbelnden Derwischs. Der Ägyptische Gewürzbasar, gegründet 1664, ist ein Ort, an dem der Verstand still wird und die Sinne übernehmen. Farben, Düfte und Geschmäcker bilden ein eindrucksvolles Erlebnis.

Am Ende des Tages zeigt der Bosporus seine ganze Schönheit. Eine spektakuläre Brücke verbindet die Kontinente und vermittelt die Hoffnung, dass Asien und Europa mit all ihren kulturellen und religiösen Traditionen gut nebeneinander bestehen könnten.

Eine Reise, die Spuren hinterlässt, nicht nur in den Schritten, die die Smartphone-Apps zählt. Man denkt lange danach an sie zurück, sehnt sich nach der Terrasse, auf der man seinen Tee genossen hat, ist dankbar, mit offenem Herzen gereist zu sein, und dankt Gott für das Land, in dem man geboren wurde.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Tourismus.