,,Quasi ein Transmissionsriemen”

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DFDR-Geschäftsführer Benjamin Józsa ist Sprecher der ADGM

Ausgabe Nr. 2937

Benjamin Józsa bei einer ADGM-Sitzung.                     
Foto: László Mihály

Benjamin Józsa, der Geschäftsführer des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) wurde zum Sprecher der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten (AGDM) in der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) gewählt. Er löst Bernard Gaida, Präsident des Verbandes der deutschen Sozial Kulturellen Gesellschaften in Polen, in dieser Funktion ab. Die Wahl fand im Rahmen der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten am 7. November d. J. in Berlin statt. „Ein Ehrenamt und für mich eine Auszeichnung”, erklärte Józsa in dem Interview mit HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u.

 

Was ist die Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten?

Das ist eine Arbeitsgemeinschaft der FUEN, der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten, die sich mit der Vernetzung der deutschen Minderheiten aus Europa und Zentralasien befasst. Im Wesentlichen ist die Arbeitsgemeinschaft der Ort, wo man als deutsche Minderheit aus Europa und Zentralasien zusammenkommt, Probleme aber auch Kooperationen bespricht. Sie ist quasi ein Transmissionsriemen in die deutsche Politik. Wir sind bei jeder jährlichen AGDM-Tagung in Berlin, in der deutschen Politik, im Bundestag aber auch vor allem in den Ministerien und in dem für uns zuständigen Innenministerium. Das ist im Großen die AGDM. Sie macht aber auch eigene Projekte, Zukunftswerkstätten, sie verfasst Resolutionen, sie hält Minderheitenverbände am Laufenden, sie vermittelt verschiedene Kooperationen, also das Aufgabenspektrum ist ziemlich breit.

Und was ist Ihre Rolle in dieser Arbeitsgemeinschaft?

Meine Rolle ist im Wesentlichen, die Sitzungen der AGDM zu führen, zu sorgen dass über Tätigkeiten der Minderheiten berichtet wird, aber ich muss auch sicherstellen, dass Schwerpunkte gesetzt werden. Ich bin mit drei Schwerpunkten angetreten, die ich bearbeiten möchte: Ich will die Sichtbarkeit der Minderheiten in der Bundespolitik aber auch in der Politik der Länder ein wenig unterstreichen, was für Chancen sie für die Bundesrepublik aber auch für die Heimatländer sind, ich will die Zusammenarbeit der Minderheiten untereinander stärken, also gemeinsame Projekte von verschiedenen Minderheiten, die ihren eigenen Schwerpunkt haben, unterstützen. Punkt Null ist die Stärkung der Jugendarbeit, denn es ist wichtig für uns, ein Pool junger Leute zu haben, die Verantwortung übernehmen können, in den Vereinen aber auch in der AGDM.

Sind Sie der erste Sprecher aus Rumänien?

Ja, ich bin der erste Sprecher aus Rumänien.

Was bedeutet das für die deutsche Minderheit in Rumänien?

Als Vorsitzender der AGDM ist man für alle deutschen Minderheiten zuständig und da kann man nicht immer nur das DFDR als Beispiel nehmen. Aber es bedeutet für das Forum implizit mehr Sichtbarkeit, ein Plus wenn ich eine gute Arbeit machen werde und auf jeden Fall, dass wir auch weiterführen werden, was wir bisher gemacht haben, nämlich unsere „best practice“- Beispiele den Leuten zu erklären, aber vielleicht auch helfen, sie zu implementieren. Die grenzenüberschreitende Zusammenarbeit ist für uns sehr wichtig und das Forum gewinnt eine erhöhte Sichtbarkeit aber auch eine erhöhte Sichtbarkeit der Chancen, die das Forum anbietet. Wir haben eine sehr große Erfahrung, unter anderem in der Kommunalpolitik, in Kulturveranstaltungen und in Buchherausgabe, aber auch die Erfahrung, ein mehr oder weniger ausgleichendes Element zu sein, wir waren das in Siebenbürgen Jahrhunderte lang. Wir wissen auch, wie man Probleme der Minderheit in die große Politik trägt, und alles kann ich sicher auch in der AGDM umsetzen.

Was bedeutet diese Ernennung für Sie persönlich?

Persönlich bedeutet es für mich, wenn man es ganz kalt sieht erst eine ganze Menge Arbeit, aber auch schon große Vorschusslorbeeren durch die einstimmige Wahl der 16 anwesenden Mitglieder aus deutschen Minderheitenverbänden aus Europa und Zentralasien und denen muss ich jetzt gerecht werden. Und eine ganze Freude am Gestalten.

Was ist Ihnen besonders wichtig unter Ihren Schwerpunkten?

Besonders wichtig ist, dass ich dafür werbe, welche Chance wir, deutsche Gemeinschaften, in Europa sind. Wir haben Beziehungen zu unseren Heimatland und zu unserem Mutterland Deutschland. Und es ist ja so, dass sehr oft ein wenig kurz gefasst die Gleichung aufgemacht wird „Deutsche Minderheiten sind gleich Förderung“, aber ich denke, das greift zu kurz. Wir sind Botschafter Deutschlands in dem jeweiligen Land, wir sind in zwei Kulturkreisen zu Hause und wir sind ein Stabilitätsanker in den Regionen, die an einen brutalen Angriffskrieg grenzen. All diese Sachen machen uns zu herausgehobenen Beispielen von Minderheitenarbeit und implizit Friedensarbeit.

Was kommt auf die deutsche Minderheit in Rumänien und auf alle Minderheiten in der nächsten Zeit zu?

Das ist relativ schwer zu sagen, weil sich die Politik in Rumänien sehr beschleunigt hat. Das wichtigste für uns ist, dass genug Nachwuchs für uns bereitsteht, dass wir junge Leute haben, die Aufgaben übernehmen können. An dem wird es immer mangeln. Wir leben in einer multipolaren Welt, in der es sehr viele Möglichkeiten für die junge Generation gibt. Wir wollen junge, gut ausgebildete Leute an unserer Seite wissen, damit unsere Arbeit weitergeführt wird. Politik ist ja vor allem ein Mittel zum Zweck, und wenn wir unserer Inhalte gewiss sind und in unserer Kernkompetenz weitermachen, dann können uns äußere Sachen nicht so viel anhaben.

Haben sie für das Forum einen Schwerpunkt in nächster Zeit?

Die Schwerpunkte des Forums bleiben die gleichen wie bisher, erst einmal Inhalte: Wir haben als Alleinstellungsmerkmal die einzige deutsche Tageszeitung in Südosteuropa, die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, die werden wir weiterführen. Genauso werden wir Vieles weiterführen, die traditionelle Wochenzeitung Hermannstädter Zeitung, das Verlagsprogramm, das es so bei anderen deutschen Minderheiten nicht gibt, die fast 400 Kulturveranstaltungen, genauso die Foren- und Jugendorganisationen weiterführen. Wir wollen weiter für Sichtbarkeit sorgen, was manchmal ein wenig zu kurz kommt. Wenn man zu viel mit Inhalten beschäftigt ist, dann hat man nicht immer Zeit für Facebook, Instagram und Nachrichten. Das wollen wir medienstrategisch ausbauen. Also Arbeit gibt es im Forum gerade genug und langweilen werden wir uns die nächsten Jahre sicher nicht.

Gibt es finanzielle Existenzängste?

Zunächst gibt es keine finanziellen Existenzängste. Wir haben zuerst einmal geschluckt als es Meinungen in der rumänischen Politik gab, dass man den Minderheitsverbänden 40 Prozent der Mittel kürzen müsste, genauso wie den Parteien. Das hätte uns an den Rand einer Existenzkrise gebracht. Es wurden Kürzungen vorgenommen, die zehn Prozent können wir abfedern. Nächstes Jahr werden wir sehen. Freilich wird uns zu schaffen machen, wenn man dieses Projekt mit den 300 Parlamentariern umsetzen möchte und die Abgeordneten der Minderheitenverbände ausschließen würde. Das wäre eine Katastrophe für Rumänien, weil erstens es den vorbildlichen Minderheitenschutz kosten würde und zweitens für uns Minderheitenverbände, weil man dann aus der Finanzierung ausscheidet, denn die Förderrichtlinie sagt klar: Gefördert werden die nationalen Minderheiten, die einen Abgeordneten im Parlament haben. Wir hoffen, dass es nicht zum Äußersten kommt. 300 Abgeordnete ist natürlich wunderbar plakativ gesagt, es ist nicht bis ans Ende gedacht und man sollte nicht vergessen, in dem Referendum mit 300 Abgeordneten hieß es: Ein-Kammer-Parlament. Jetzt heißt es 300 Abgeordnete, ZweiKammern-Parlament, das ist zu wenig, das funktioniert so nicht. Was die Zukunft bringt, das werden wir noch sehen

Herzlichen Dank.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten.