Ein prominentes Mitglied

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Zum 120. Geburtstag des Schauspielers Ottmar Strasser

Ausgabe Nr. 2935

Szenenfoto mit Ottmar Strasser und Käthe Fritsch bei der Aufführung des Lustspiels „Alles für die Katz“ 1938 in Hermannstadt.
Foto: Archiv Luzian Geier

Ottmar Strasser – Gründungsschauspieler an beiden größten deutschen Bühnen Rumäniens im vergangenen Jahrhundert – wurde vor 120 Jahren, am 15. November, im Banater Weinstädtchen Weißenkirchen geboren. 1919 zog die Familie nach Wien, wo Strasser das Reinhardt-Seminar besuchte. Im böhmischen Brüx debütierte er in der Operette Madame Pompadour. In kleineren Rollen war er auch in Saaz und Budweis zu sehen, bevor er sich 1927 in Hermannstadt niederließ, wo er zunächst als Mitarbeiter an der „Neppendorfer Zeitung“ wirkte.

 

Als 1933 in Hermannstadt das Deutsche Landestheater von Gustav Ongyerth gegründet wurde, war Ottmar Strasser von Anfang an dabei. Dort begann seine Theaterkarriere. Seine erste Rolle am Stadttheater war die des Jägers in Schillers „Wilhelm Tell”.

Strasser spielte den „Schreiber Licht“ in Kleists Zerbrochenem Krug, den Jüngling in der Operette „Das Mädel aus dem Kokeltal“ von Richard Oschanitzky, mit dem er 50 Aufführungen quer durch Deutschland machte und in Pension Schöller, den Schauspieler Eugen Klapproth, der kein „L“ aussprechen kann. Anlässlich einer Deutschland-Tournee wurde er 1939 mit der Schiller-Plakette des Nationaltheaters Mannheim ausgezeichnet.

Als Angehöriger der deutschen Minderheit in Rumänien war Strasser zwischen 1945 und 1949 zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Aus der Zwangsarbeit heimgekehrt, arbeitete er zunächst im Hüttenkombinat von Hunedoara, bis er 1953 mit der Gründung des Temeswarer Deutschen Staatstheaters seinen Beruf wieder ausüben konnte.

Der Philologe, Literaturhistoriker, Literaturkritiker und Übersetzer Horst Fassel (1942-2017) erwähnt in seinem als Typoskript hinterlassenen Band „Das Deutsche Landestheater in Rumänien (1933-1944). Von der Selbsthilfe zur Gleichschaltung. Existenzbedingungen eines deutschen Minderheitentheaters” Ottmar Strasser mehrfach und schreibt u. a.: „Von der ersten Gastspielfahrt des Deutschen Landestheaters nach Bessarabien berichtete Ottmar Strasser, ein prominentes Mitglied des Hermannstädter Ensembles – im Jahre 1942:

Ein Jahr später. Winter und Schneestürme in Bessarabien. Tarutino hat keine Bahnstation, wir müssen von einer nahe gelegenen Station aus, in kleinen russischen Schlitten, die von ebenso kleinen Pferden gezogen werden, über eine Stunde lang, querfeldein über die schneebedeckte Steppe fahren.

Eine lange Reihe kleiner Wägelchen, beladen mit fahrenden Künstlern und ihrem Gerät. Mit Sorgen und Fragen, geht es doch wieder einmal einem unbekannten Ziel entgegen. Und ging zu Beginn der Fahrt noch manch aufmunternder Zuruf hin und her, je weiter es in die weiße Steppe hineinging und je eisiger der Wind wurde, umso stiller wurde es ringsum. Alles zog sich fröstelnd in seine Gedanken zurück, die wohl bei allen die gleichen waren. Wie werden wir wohl hier, in diesem entlegenen, für uns unbekannten Land aufgenommen werden? Sollte es hier, in dieser trostlosen Einöde, auch so etwas wie ein warmes Zimmerl geben? Fast unvorstellbar bei dieser Armut der Landschaft, in der es keinen einzigen Baum und daher wohl auch kein Holz gab.

Und wieder einmal wurden wir für Mühsal und Strapazen entschädigt, durch eine überaus herzliche und dankbare Aufnahme. Hatte doch vor uns noch kein deutsches Theater den Weg hierher gefunden. Beim kameradschaftlichen Beisammensein, im Anschlusse an unsere Vorstellungen, war bald vergessen, dass wir die Nacht vorher, im ungeheizten Eisenbahnwagen, in dem auch noch einige Fenster gefehlt hatten, fast erfroren wären.

Fassel zitierte aus Ottmar Strassers Beitrag „Erinnerungen eines Schauspielers”, erstmals veröffentlicht in dem von Gustav Ongyerth 1943 herausgegebenen Buch „Zehn Jahre Deutsches Landestheater in Rumänien 1933-1943”.

Beatrice UNGAR

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten.