„Auch heute brauchen wir Solidarität“

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Ausgabe Nr. 2578

Europatag in Hermannstadts Umgebung im Zeichen der Plurikulturalität gefeiert

Konsul Hans Erich Tischler (Bildmitte) und der Honorarkonsul des Großherzogtums Luxemburg, Daniel Plier (links), beim symbolischen Bäumchenpflanzen im Freilichtmuseum im Jungen Wald. Foto: Werner FINK

Der Europatag wurde im Jahr der Jahrhundertfeier Rumäniens am Mittwoch der Vorwoche, dem 9. Mai, auch in der näheren Umgebung von Hermannstadt gefeiert, unter dem Motto „Ziua Europei. Noi 100“ (Europatag. Wir 100) und im Sinne der Plurikulturalität, wobei Vertreter von lokalen Behörden zusammen mit Vertretern der Diplomatie ein Zeichen setzten, indem sie in Rășinari und im Freilichtmuseum im Jungen Wald je ein Eichenbäumchen pflanzten.

Außerdem spendeten der Verein der Gemeinden in Rumänien und der Verein der Verwalter von Wäldern dem Astra-Museum den Ständer mit den Fahnen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. „Wir müssen zeigen, dass für uns gilt: Nicht was Europa für uns tun kann, sondern was wir für Europa tun können”, betonte Ivan Valentin Dumitru-Ioan, Bürgermeister von Sadu/Zoodt und zugleich Präsident des Vereins der Gemeinden im Kreis Hermannstadt und Vizepräsident des Vereins der Gemeinden in Rumänien.

Der Honorarkonsul von Malta, Jonathan Scifo Diamantino (links), und Subpräfekt Marin Horațiu-Lucian beim Bäumchenpflanzen in Rășinari.

Der Konsul der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, Hans Erich Tischler, erinnerte an die Rede vom 9. Mai 1950 von Frankreichs Außenminister Robert Schumann, eine Rede, in der dieser eine Produktionsgemeischaft für Kohle und Stahl vorschlug, die dann den Grundstein der späteren Europäischen Union darstellte. „Schon damals war klar, dass sich Europa sich nicht auf einen Schlag herstellen lässt, auch heute brauchen wir Solidarität und Taten und so können wir zum Frieden und Erhöhung des Lebensstandards beitragen”, betonte Tischler. Schumanns Idee sei eine Folge der Überlegung einen weiteren Krieg zu verhindern. In Teilen Europas gebe es  noch immer Krieg, auch die EU sei nicht konfliktfrei, aber zumindest habe es hier keinen Krieg gegeben. Wir haben angefangen, das Europäische Haus aufzubauen, wir bauen es weiter auf”, sagte Tischler. Die Teilung Europas in Ost und West habe viel zu lange gedauert. Das Wichtigste, das man wissen müsse sei: „Es gibt viel mehr was uns verbindet als was uns trennt in Europa.“ Verbunden sei man durch die  Wertvorstellungen und Ziele, man habe gemeinsame Regeln für die Wirtschaft, man strebe nach Wohlstand für alle Bürger in Europa.

Gruppenbild mit Bürgermeister Bucur (mit Trikolore) vor dem Touristeninformationszentrum in Rasinari. Foto: Werner FINK

„Europa ist ein Buch, das noch geschrieben wird, das Europa der Bürger ist ein weites Gebiet der Freiheit und Demokratie, der Multikulturalität und des Dialogs, des Wohlstandes und der gleichen Chancen. Dieser Tag ist eine Anlass zu zeigen, was Europa für einen jeden von uns bedeutet: Wir müssen zeigen, nicht was Europa für uns tun kann, sondern was wir für Europa tun können”, betonte der Zoodter Bürgermeister Ivan Valentin Dumitru-Ioan.

Im lauschigen Schatten eines Nussbaumes im Hof des Goga-Gedenkhauses brachte ein Ensemble aus der Republik Moldova einige Lieder zu Gehör.

Man müsse sich für Europa öffnen, zeigen, was jede Gemeinschaft zu bieten hat, man müsse die Pforten für Investoren öffnen, so dass man sich über einen gewissen Zeitraum an einer stabilen Wirtschaft erfreuen kann. Um sich zu entwickeln, müsse man nicht auf Lösungen von oben“ warten: Wir selber müssen Mittel finden und den Wohlstand steigern“.

Alles fange bei der Bildung an, man müsse die lokalen Bildungssysteme so reformieren, dass man hierzulande in einem Beruf ausgebildet werden kann. Ausgebildet werden müsse in den Berufen, die auf dem Arbeitsmarkt gesucht werden, dies aber müsse im Zusammenspiel mit den Bedürfnissen der Investoren erfolgen und wenn es möglich ist in Zusammenarbeit mit diesen, so dass  ein Arbeitsplatz nach Beendung der Ausbildung gesichert werde. Im Laufe der Zeit habe man bemerkt, dass die Leute nur die Arbeiter, die als Basis eine Hochschule haben, wertschätzen. Es sei nicht leicht, eine Hochschule zu absolvieren und auch nicht jeder könne sich das leisten. Jetzt sei der Moment, zu entdecken, welche Richtung man einschlage, so dass die zukünftigen Generationen gute Bürger und gute Fachleute werden, unabhängig  davon, welchen Beruf sie wählen.

Der Europatag am Mittwoch der Vorwoche fing damit an, dass die Teilnehmer eingeladen wurden, an der Fahrt mit der Straßenbahn nach Rășinari teilzunehmen. Während der Fahrt lasen Schüler der Octavian Goga-Schule aus Rășinari den Gästen Informationen zur Ortschaft vor und trugen dann Gedichte von Octavian Goga vor. In Rășinari hielt die Straßenbahn vor dem Touristeninformationszentrum, wo die Gäste traditionell mit Salz und Brot empfangen wurden und örtliche Produkten verkosten durften, darunter auch den „Vărzar“, den traditionellen Kuchen mit urdă(Molke) und Dill, der in Rășinari zu Pfingsten gebacken wird. Vorgestellt wurden die Delikatessen hier kurz von Carmen Ghidiu von dem Verein der ländlichen Pensionen aus Rășinari. Weiterhin wurde wurde das Geburtshaus des Dichters und ehemaligen Premierministers von Rumänien, Octavian Goga, besucht. Hier wurden die Gäste von Constantin Bucșă erwartet und durch das Haus geführt. Beim Betreten des Hauses blieb der Blick vorn an den Bildern an der Wand hängen. Fotos mit Goga zusammen mit anderen Schriftstellern und Persönlichkeiten seiner Zeit, wie Mihail Sadoveanu, Ion Luca Caragiale, Aurel Vlaicu u. a. Ein Familienfoto war auch da. Bucșă ist übrigens ein Urenkel von Gogas Schwester Claudia. Zur linken Hand waren Bücher, zur Überraschung des Besuchers auf Rumänisch, Deutsch und Ungarisch. Im Zimmer nebenan steht sogar ein sächsischer Kachelofen von 1873. Auch sehr alte Holzikonen waren da zu sehen. Am 7. Mai waren es 80 Jahre her, seit Octavian Goga am 1938 in Ciucea gestorben war.

Ankunft der „Straßenbahn der Multikulturalität“ beim Haupteingang ins Freilichtmuseum. Foto: Werner FINK

Im Hof des Hauses gaben Schüler aus der Republik Moldova eine kleine Vorstellung. Dann ging es auf den Platz vor das Gebäude des Ethnografiemuseums, wo gemeinsam das erste Eichenbäumchen gepflanzt wurde. 100 Jahre davor hatte hier General Traian Moșoiu ebenfalls eine Eiche gepflanzt. „Einheit in der Vielfalt lautet das Motto der Europäischen Union”, unterstrich  der Bürgermeister von Rășinari, Bogdan Bucur. „Wir glauben, würdevolle Vertreter dieser Vorgänger zu sein. Die Traditionen, die Poesie und alles was zu unserer Kultur gehört, findet bei uns höchsten Respekt. Andererseits betrachten wir uns als europäische Bürger“.

Die von Moșoiu gepflanzte Eiche habe Einheit gebracht und die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen sei in Rumänien eine Blütezeit gewesen. Gegenwärtig, wo Rumänien eine schwierige Zeit durchmache, wisse man, dass der einzige Weg für Rumänien die Mitgliedschaft in der Europäischen Union sei.  Bucur erinnerte an die zahlreichen Rumänen, die im Ausland arbeiten, was er als „nicht gut“ einstufte, da Familien außeinandergerissen würden und er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Bedeutung einer funktionierenden Justiz, eines gut funktionierenden  Gesundheits- und Bildungswesens. „An diesem Tag, an dem wir diese Eiche hier pflanzen, wünschen wir uns, dass die Verbindungen zwischen uns und den anderen Ländern Europas stärker werden. Dieser Baum, den wir gepflanzt haben, soll uns näher bringen“, unterstrich Bucur. Von Rășinari ging es mit der Straßenbahn zum Freilichtmuseum, vor dem Multikulturellen Pavillon die weiteren Ansprachen erfolgten und eine weitere Eiche gepflanzt wurde.

Ciprian Ștefan, der Generaldirektor des Astra-Museums erinnerte daran, dass am 9. Mai auch die Unabhängigkeit Rumäniens von 1877 gefeiert wird.

Anwesend waren u.a. der Honorarkonsul von Luxemburg,  Daniel Plier, der Honorarkonsul von Italien, Italo Selleri, der Honorarkonsul von Malta, Jonathan Scifo Diamantino, die Vertreterin des Österreichischen Honorarkonsulates,  Paula Pânăzan, die zukünftige Vertreterin von Finnland, Elena Lotrean,  der Subpräfekt Marin Horațiu-Lucian und die stellvertretenden Kreisratsvorsitzenden Christine Manta-Klemens und Marcel Luca.

Organisiert wurde die Veranstaltung von dem GAL Mărginimea Sibiului, dem Verein der Gemeinden in Rumänien, dem Verein der Verwalter von Wäldern in Rumänien, dem Sit Natura 2000 Munții Făgăraș și Piemontul Făgăraș, der Stiftung Lobbyart und dem Astra-Museum.                           Werner FINK

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.