Mit E-Bike und selbstgebautem Camper legte Björn Maurer knapp 2.000 km zurück
Ausgabe Nr. 2924

Auch auf dem Großen Ring in Hermannstadt erregte Björn Maurer mit seinem Velocamper Interesse. Foto: Ruxandra STĂNESCU
Nicht nur konsumieren, sondern kreativ sein, erfinden und selber machen: Prof. Dr. Björn Maurer, der Medienpädagogik und informatische Bildung an der Pädagogischen Hochschule Thurgau unterrichtet, tat genau das, was er den zukünftigen Lehrern auf den Weg mitgeben will und kam per E-Fahrrad, mit einem selbstgebauten Velocamper, von Kreuzlingen in der Schweiz nach Seligstadt bei Fogarasch. Auf findpenguins.com konnten seine Freunde ihn virtuell mitbegleiten, vom Bau des Velocampers bis zur Ankunft in Seligstadt, inklusive bei einer kurzen Verschnaufpause in Hermannstadt, wo er über seine Reise in der HZ-Redaktion mit Ruxandra S t ă n e s c u sprach.
Warum haben Sie sich für diese Reise entschieden?
Ein Interesse von mir ist die nachhaltige Entwicklung und ich mache zusammen mit Mirona Stănescu von der Klausenburger Uni und Katja Holdorf von der PH Ludwigsburg ein Filmcamp mit Studierenden aus Deutschland und aus Rumänien in Seligstadt. Dieses Jahr habe ich mit entschieden, mit dem E-Fahrrad zu kommen und habe mir einen Wohnwagen fürs Fahrrad gebaut.
Wie lange dauerte die Reise?
Ich war etwa drei Wochen unterwegs, bis heute sind es 1.750 km. Und ich muss noch bis nach Seligstadt fahren, das sind noch rund 80 Kilometer. Ich hatte mir vorgenommen, jeden Tag etwa 100 km zu schaffen und es ist im Wesentlichen auch aufgegangen. Ich war gestern zum Beispiel drei Stunden unterwegs, aber ich war auch zwölf Stunden pro Tag unterwegs wenn ich Pannen hatte und Reparaturen machen musste. Im Schnitt fahre ich neunzehn Kilometer pro Stunde.
Wo haben Sie übernachtet, wie war es mit dem Essen?
Ich habe so ein Gespür entwickelt, wo ich den Camper hinstellen kann und wo nicht. Im Dorf sollte man sich nicht direkt neben die Kneipe stellen, aber auch nicht zu sehr am Rande des Dorfes, weil da teilweise unterwegs Hunde sind und mich haben einige auch verfolgt. Am sichersten übernachtet man in der Nähe der Kirche, da ist meistens so ein kleiner Platz, wo es niemanden stört. Wenn ich ganz fertig und platt war, bin ich auch mal ins Hotel gegangen. Unterwegs gibt es viele Restaurants und ich habe es mir angewöhnt, zu Mittag essen zu gehen, denn ich muss so richtig Kalorien zu mir nehmen. Sonst gibt es auch viele Supermärkte unterwegs. Wasser ist sehr wichtig, ich habe sechs bis sieben Liter Wasser pro Tag getrunken, besonders bei 40 Grad Celsius in der knackigen Sonne der Puszta.
Was haben Sie Schönes erlebt, was war weniger gut?
Ich hatte viele Begegnungen mit Leuten, die sich einfach dafür interessiert haben, was das für ein Gespann ist, ganz viele positive Begegnungen. Manchmal haben sie mich gerufen und mir was geschenkt… eine Wassermelone, was zum Essen… Mit Menschen habe ich echt durchweg super positive Erfahrungen gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel Zuwendung bekomme. Ich hatte zwei Begegnungen mit der Polizei auf der ganzen Strecke, eine gute und eine nicht so gute. Die gute war in Ungarn, ich hatte mich gerade im Dorf ausgebreitet und dann kam die Polizei. Sie haben mich gefragt, ob ich genug Wasser habe. Dann sind sie weggefahren, sind aber wieder gekommen und haben mir frisches warmes Brot gebracht und eine Wasserflasche. Die zweite Begegnung war in Rumänien, in einer Nacht, wo so eine Kneipensituation war. Als die Kneipe geschlossen hat, haben sich drei Besoffene neben meinen Camper gesetzt und die ganze Nacht gegrölt. Wo ich echt schon so schlecht geschlafen hatte, blendete mir morgens um 4.30 Uhr Flutlicht ins Gesicht und die Polizei hat meinen Ausweis verlangt. So im Halbschlaf wusste ich nicht, wo mein Geldbeutel ist, ich musste mich erst mal orientieren und habe ewig gebraucht und dann sind sie voll ungeduldig geworden. Sie haben sich dann den Ausweis angeguckt und mir gesagt, dass ich weiterschlafen kann.
Ein bisschen stressig war es auch in Deva, ich hatte eine Übernachtung gebucht und mein Akku war ziemlich leer, aber es waren nur noch fünf Kilometer bis zum Ziel. Es war dunkel, es regnete, ich bin durch eine Pfütze gefahren und eine Glasflasche hat mir den Reifen zerlegt. Dann hat sich herausgestellt, dass die Adresse nicht gestimmt hat, ich war irgendwo im Industriegebiet, die Energie war zu Ende und ich konnte nicht weiter. Dann habe ich bei einer Tankstelle gefragt, ob ich nicht den Camper bis zum nächsten Tag da stehen lassen kann, bis ich ihn reparieren kann, die Angestellten waren krass unfreundlich. Ich durfte ihn stehen lassen, musste aber sehr viel dafür zahlen. Ich bin mit dem Fahrrad weiter gefahren zum Hotel. Am nächsten Tag war alles okay, ich hab im Fahrradladen die Ersatzteile bekommen, die Leute waren recht hilfsbereit und ich konnte den Camper reparieren.
Fahren Sie auf Landstraßen?
Ich habe eine Fahrrad-App, die leitet mich nicht über die Landstraße, dann hatte ich teilweise Schotterpisten oder es war es auch so steil, dass ich mit dem Hänger gar nicht hochkommen konnte und umdrehen musste. Ab Deva bin ich nur auf Nationalstraßen gefahren, was mich am Anfang Überwindung gekostet hat aber ich habe das Gefühl, dass die Leute eigentlich Rücksicht nehmen.
Zurück geht es auch per Fahrrad?
Nein, denn so viel Urlaub habe ich gar nicht. Wir haben aber beim Filmcamp in Seligstadt viel Technik, die wir abtransportieren müssen. Deswegen haben wir einen Transporter gemietet und ich schicke das Fahrrad und den Camper so zurück.
Würden Sie das noch einmal machen?
Ja, es war eine super Erfahrung, eine super Reise, kann ich nur empfehlen. Ich würde aber den Camper umbauen, keine 100 Kilo, sondern vielleicht 60… auch ein paar technische Sachen würde ich verändern aber sonst auf jeden Fall… vielleicht mit mehr Zeit, dass ich mal an ein Ort bleiben kann. Ich hätte ein paar Tage in Bratislava und Szeged verbringen können. Ich habe einen Dokumentarfilm über Kleinkopisch gesehen und mich hätte es auch interessiert, wie es dreißig Jahre später aussieht.
Waren Sie nicht einsam diese drei Wochen?
Dadurch, dass ich immer so vielen Leuten begegnet bin, kam kein Einsamkeitsgefühl auf. Ich bin auch über Social Media verbunden… Egal, wo ich war, waren die Leute hilfsbereit und empathisch. Auch wenn ich sie nicht verstehen kntte oder sie mich, konnte man das Problem pantomimisch lösen und ich finde das sensationell.
Herzlichen Dank und gute Reise.
Anm. d. Red.: Den in Seligstadt entstandenen Film kann man unter https://drive.google.com/file/d/176kNoZCAVEVjs9xoIU_Q4fbUXW-qT2mw/view sehen.