Raritäten aus den Beständen der Bibliothek von Samuel von Brukenthal (V)
Ausgabe Nr. 2870
„Er kam aus Deutschland als ein von Wissenschaften und feiner Cultur glänzender junger Mann, eine Schönheit eines Mannes, nach Hermannstadt zurück, aber ausser sich mit keinen andern Mitteln. (…) Damals waren zwei reiche sächsische Frauenzimmer in Hermannstadt, beide von erster sächsischer Geburt. Eine war des verstorbenen Comes Simon v. Baussnern jüngere Tochter, schön, reich, nach der feinern Welt gebildet, aber leichtsinnig, wie solches ihr nachmaliger Lebenswandel beweis. (…) Die andere war des damaligen Hermannstädter Bürgermeisters v. Kloknern noch einzige Tochter und Erbin seines Hauses, ein Frauenzimmer von vielem Verstand, Schönheit und ansehnlichem Reichthum, auch nach der feinern Welt gebildet und sich kennend”.
So steht es in den Memoiren von Michael Conrad von Heydendorff in Bezug auf potenzielle Ehefrauen für den jungen Samuel von Brukenthal, der gerade von seinem Studium heimgekehrt war.
Wir haben bereits in der vierten Folge gesehen, dass es keineswegs ausgeschlossen ist, dass Samuel von Brukenthal während seines Aufenthalts in Deutschland über die Ehe nachgedacht hat; die wenigen Notizen im Kapitel über die Ehe in der Jurisprudentia Romano-Germanica forensis, einem seiner ersten Bücher über Rechtswissenschaft, die er während seiner Universitätsjahre studiert hat, weisen auf diese Möglichkeit hin. Jedenfalls stand Brukenthal nach seiner Rückkehr nach Hermannstadt im Jahr 1745 bald vor einer schwierigen Entscheidung, wie Heydendorff schreibt: zwischen dem Baussnerischen und dem Klocknerischen Lager. Er entschied sich, nicht ohne Unmut, für letzteres.
Sophia Catharina von Klockner, Tochter von Sophia von Schirmer und Daniel von Klockner (1690-1754), letzterer Bürgermeister von Hermannstadt und einer der reichsten Bürger der Hauptstadt des Fürstentums, trug wesentlich zur Ausrichtung des Lebens des jungen Samuel von Brukenthal bei, der damals erst 24 Jahre alt war. Als Sophia Catharina von Brukenthal 1782 plötzlich starb, bat sie in dem von Barth für ihre Beerdigung gedruckten Trauergedicht den Heiland um Trost im Jenseits, doch scheint sie es gewesen zu sein, die dies ihrem Mann zu Lebzeiten angeboten hat. Zumindest geht dies auch aus einigen Zeilen des Hochzeitsgedichts hervor, das Cornelius Paulus Húszárius 1745 anlässlich der „glücklichen Vermählung des Erlauchten und Großzügigen Samuel von Brukenthal mit der Edlen und Bescheidenen Jungfrau Catharina Sophia von Klockner” verfasste.
Aber Sophia und ihre Familie boten Samuel von Brukenthal „nur” Komfort. Und damit meine ich nicht das Grundstück, das der Bräutigam durch die Heirat erhielt und auf dem er das Palais bauen sollte, das heute ein Symbol für Hermannstadt ist, oder die ständige Sorgfalt, mit der sie das Leben im Palais bis ins kleinste Detail regelte. Stattdessen denke ich an einfachere, intimere Dinge, wenn Sie so wollen, wie zum Beispiel ein Buch. In diesem Fall ist es eine Bibel, deren Geschichte uns in die Zeit des sozialen und kulturellen Wandels der Reformation und Gegenreformation zurückversetzt.
Das Konzil von Trient (1545-1563), das in einer kleinen Tiroler Diözese stattfand, markierte nicht nur den Beginn der Gegenreformation, sondern legte auch den in der katholischen Kirche akzeptierten biblischen Kanon fest. Damit wurde die lateinische Version der Bibel, die Vulgata (von Hieronymus), zur offiziellen, von der römisch-katholischen Kirche vereinbarten und genehmigten Fassung und damit zum Vorbild für viele Ausgaben der Heiligen Schrift.
Die Materialisierung des biblischen Kanons erfolgte durch den Druck einer neuen Bibel unter Papst Sixtus V. im Jahr 1590, die auf der lateinischen Übersetzung von Hieronymus (4. Jahrhundert n. Chr.) basierte. Da die Veröffentlichung der Bibel von Sixtus V. jedoch überstürzt erfolgte, schlichen sich viele Fehler ein, und sie wurde nach dem Tod des Papstes verboten. Ohne eine neue und würdige Ausgabe der Heiligen Schrift berief die katholische Kirche durch Papst Clemens VIII. (1592-1605) mehrere Gelehrte ein, um die Bibel von Sixtus V. zu überarbeiten und zu korrigieren. Das Ergebnis war die Biblia Sacra Latina Vulgatae Editionis Sixti V et Clementis VIII, die erstmals 1592 im Vatikan gedruckt wurde.
Aber wie ich bereits angedeutet habe, endete die Geschichte dieser Bibel, der Vulgata von Clemens VIII., wie sie zu Samuel von Brukenthals Zeiten noch hieß, nicht im Vatikan im Jahr 1592. Der Bedarf an übersetzungsrichtigen Bibeln war groß, insbesondere im Kontext der Konkurrenz zur protestantischen Reformation. Infolgedessen wurde diese Bibel Clemens VIII. auch in mehreren europäischen Städten nachgedruckt. So sorgte das Erzbistum Köln als eines der einflussreichsten Erzbistümer des Kontinents für den Druck einer Ausgabe der Bibel Clemens VIII. Sie erschien 1630 in der Druckerei von Bernhard Wolter (lat. Bernard Gualter), einem Kölner Bürger und Buchhändler-Drucker in derselben Stadt, mit Genehmigung des Kölner Erzbischofs Johann Gelenius. Wolters Kölner Ausgabe, die auch als „Bibel der Bischöfe” bezeichnet wird, war damals sehr erfolgreich, weshalb sie seit 1630 mehrfach nachgedruckt wurde.
Unter den Dutzenden von Bibeln, die Samuel von Brukenthal in seiner Bibliothek besaß, befindet sich ein Exemplar dieser von Amateuren und Neugierigen gesuchten „Bibel der Bischöfe” (G-F. de Bure), gedruckt von Wolter und seinen Erben im Jahr 1638. Das kleine, in Pergament gebundene Exemplar im Format 12° in der Brukenthal-Bibliothek stand schon vor 1780 in den Regalen dieser historischen Sammlung. Neben dem darin enthaltenen Bibeltext des Alten Testaments enthält die Ausgabe das Dekret von Trient, in dem genau die biblischen Bücher aufgeführt sind, die von der katholischen Kirche als kanonisch anerkannt wurden, mehrere Vorworte, darunter das von Clemens VIII, einen Index usw.
Natürlich stellt sich die Frage, wie diese Ausgabe einer katholischen Bibel, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Köln gedruckt wurde, in die Bibliothek von Baron Brukenthal gelangt ist. Manche mögen sich fragen, was eine katholische Bibel in der Bibliothek eines Lutheraners wie Brukenthal zu suchen hatte. Zunächst einmal muss gesagt werden, dass Samuel von Brukenthal in seiner Bibliothek mehr als 30 Bibelausgaben besaß, darunter katholische und calvinistische, in mehreren europäischen und anderen Sprachen.
Die frühesten Hinweise auf einen möglichen Weg dieses Exemplars vom Köln des 17. Jahrhunderts ins Hermannstadt des 18. Jahrhunderts finden sich im Innern des Bandes. Keine zehn Jahre nach ihrer Veröffentlichung, im Jahr 1647, befand sich dieses Exemplar der Bischofsbibel in Danzig, wie aus einem Eintrag auf Seite 958 hervorgeht. Leider ist nicht der gesamte Text erhalten geblieben, aber wir wissen genug, um zu wissen, dass sich diese Bibel Mitte des 17. Jahrhunderts in Nordpolen befand.
Irgendwann in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, möglicherweise für die Summe von 3 Gulden, gelangte diese Bibel in den Besitz von Sophies Vater, wie er selbst durch die Inschrift, die er am Anfang des Exemplars hinterließ, berichtet: „Annumeror libris Danielis Clockner Pat: Cib: Constat Impe: 3.” d. h. „ich füge dieses Buch (in meiner Sammlung) Daniel Clockner, Patrizier aus Hermannstadt, hinzu”. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, dass sich die Ziffer „3” auf den Preis des Buches bezieht, aber wenn wir uns ansehen, wie viel eine ähnliche Bibel damals auf dem Buchmarkt gekostet hat, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass dieses „3” den Preis der Ausgabe in Gulden angibt. Zum Beispiel wurde 1776 in Wien eine Biblia Latina Sixti V. Clemens VIII., 1675 in Lyon gedruckt, in-8° – also ähnlich wie Brukenthals Ausgabe – ebenfalls 3 Gulden.
Wann und wie diese Bibel zu Daniel von Klockner und dann von ihm (oder von Sophia Catharina) zu Samuel von Brukenthal kam, lässt sich nicht genau sagen. Sicher ist, dass sie sich vor 1780 in der Sammlung des Freiherrn von Brukenthal befand, denn Johann Michael Soterius vermerkte sie im Bibliothekskatalog dieses Jahres.
Die „Bibel der Bischöfe” gelangte also höchstwahrscheinlich irgendwann zwischen 1745 und 1780 aus der Familie seiner Frau zu Brukenthal; entweder kurz nach der „glücklichsten Hochzeit” in Hermannstadt oder vielleicht nach dem Tod seines Schwiegervaters im Jahr 1754. In jedem Fall deutet alles auf eine „familiäre” Provenienz dieser Kölner Bibel hin, die sehr wahrscheinlich auch zu den frühesten Ergänzungen Samuel von Brukenthals zu seiner beeindruckenden Büchersammlung gehört.
Zur Information:
Eine weitere Inkunabel aus der Brukenthalschen Bibliothek ist bis zum 14. Juli im 1. Stock im Brukenthalpalais zu sehen: Publius Virgilius Maro, Opera cum Seruii Mauri Honorati grammatici, Aelii Donati, Christophoro Landini atque Domiti Calderini Commentariis. Nürnberg, Anton Koberger, 1492