Wohlwollen als neutrale Grundhaltung

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Ausgabe Nr. 2856

Deutsche Konsulin lud am Weltfrauentag zum Frauenfrühstück ein

Nach dem Besuch der Mittagsmusik stellten sich einige Teilnehmerinnen mit Konsulin Kerstin Ursula Jahn (vordere Reihe 2. v. r.) und Pfarrerin Dr. Elfriede Dörr (vordere Reihe, 3. v. r.) zum Gruppenbild auf. Fotos: Aurelia BRECHT

30 Jahre Frauenordination und viele Jahrzehnte ehrenamtlicher Arbeit von Frauen in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) gewürdigt haben mit ihrer Einladung zum Frauenfrühstück am Weltfrauentag, dem 8. März, die Deutsche Konsulin Kerstin Ursula Jahn und Pfarrerin Dr. Elfriede Dörr, Leiterin des Referats für ökumenische Beziehungen und Fortbildung der EKR. Eingeladen waren ordinierte und nicht ordinierte Verantwortungsträgerinnen der EKR, die im Georg Daniel Teutsch-Saal im 2. Stock des Bischofspalais in Hermannstadt zwei bereichernde Stunden verbingen durften, bevor sie sich gemeinsam aufmachten zur evangelischen Stadtpfarrkirche, um die Mittagsmusik mit Gebet zu erleben, die jeden Freitag um 12 Uhr daselbst stattfindet und am Weltfrauentag von sechs Musikerinnen mit Werken von Komponistinnen bestritten wurde. Lesen Sie im Folgenden Auszüge aus den Grußworten der beiden Frauen, die zum Frauenfrühstück eingeladen hatten: 

Konsulin Jahn: „Es gibt viele Menschen, die diese Kirche ausmachen und gestalten. Und hier denke ich vor allem an die Frauen, die diese Kirche tragen in verschiedenen Ämtern – wenige in Haupt-, viele in Ehrenämtern. Sie und Ihre Arbeit zu würdigen, war mir schon lange ein Anliegen.

Der internationale Frauentag, den wir am 8. März feiern, ist aus dem Kampf der Frauen um das Recht, an Wahlen teilnehmen zu dürfen, entstanden. Nachdem Neuseeland als erster Staat der Welt Frauen das Recht zu wählen bereits 1893 gewährte, war in vielen anderen Ländern ein harter Kampf notwendig. 1918 etwa, durften in Deutschland Frauen das erste Mal wählen, in Großbritannien nach sehr hartem Kampf 1928.

Noch etwas: Was ich vor allem vermisse, ist ein klares Bekenntnis der Frauen zueinander. Eine klare Solidarität untereinander. Ich habe in den Jahrzehnten, in denen ich nun schon darüber nachdenke, was Frausein in früheren Zeiten ausmachte und in unseren Zeiten bedeutet, erkannt, dass wir uns schwer tun damit, uns gegenseitig zu unterstützen. Wir selbst sind unsere schärfsten Kritikerinnen, statt uns gegenseitig die größten und verlässlichsten Förderinnen zu sein.

Sechs Musikerinnen bestritten die Mittagsmusik (v. l. n. r.): Erika Klemm, Monika Rubescu (Blockflöten), Brita Falch Leutert (Orgel), Christine Grahl (Alt), Elisa Gunesch (Mezzosopran) und Melinda Samson (Sopran).

Ich habe einmal an einem Seminar teilgenommen, während dessen die Teilnehmenden aufgefordert waren, sich in Zweiergruppen nah gegenüberzusitzen und sich minutenlang ohne zu sprechen in die Augen zu schauen und dabei darauf zu achten, eine Grundhaltung der Neutralität der Partnerin gegenüber zu wahren.

Probieren Sie das bei Gelegenheit einmal: Es ist nicht leicht auszuhalten.

In der anschließenden Besprechung sagte ich, wir, die wir uns alle schon ein wenig näher kannten, hätten einander vermutlich eher mit einer Grundempfindung des Wohlwollens als mit einer der Neutralität gegenübergesessen. Deswegen sei das Ganze noch mal gut gegangen. Die Antwort der Seminarleitung finde ich bis heute bemerkenswert. Sie lautete: ‚Für mich ist Wohlwollen die neutrale Grundhaltung.

Lasst uns gegenseitig zu unseren größten Förderinnen werden, lasst uns aus unserer Solidarität ein Netz weben, in das wir uns auch mal fallen lassen können, ohne gleich verloren zu gehen. Lasst uns anerkennen, was andere leisten – egal, ob hauptberuflich oder ehrenamtlich. Wohlwollend und wertschätzend, einfach, weil wir Frauen sind!

Dr. Dörr: „Angesichts der theologischen Klärungen weltweit und den Entwicklungen in den historischen protestantischen Kirchen in Rumänien hat die Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien vor dreißig Jahren beschlossen, Frauen zum ordinierten Amt zuzulassen.

Wir feiern 30 Jahre Ordination der Frauen in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien und markieren eine wichtige Errungenschaft in der Geschichte der Anerkennung von Frauen im kirchlichen Dienst.

Warum tun wir das?

Das Jubiläum ist ein guter Anlass, innezuhalten und die Anfänge in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien zu erinnern. Dabei schauen wir besonders auf die Erfahrungen von Frauen im ordinierten Amt und und schließen auch ihre Vorgängerinnen ein, jene Frauen, die sich für den Dienst als Pfarrerinnen berufen fühlten, aber nicht in diesen Dienst treten durften.

Das Jubiläum der Frauenordination erinnert die Kirche daran, dass Frauen eine wichtige Rolle im kirchlichen Leben spielen und dass ihre Beiträge und Leistungen geschätzt und gefeiert werden sollten.

Es ist durchaus ein willkommener Anlass, diesen Weg als Kirche zu bekräftigen, indem Frauen gleichwie Männer zu kirchlichem Dienst ermutigt werden. Ein solches Jubiläum zu feiern, stärkt Mädchen und Frauen. Es ermutigt sie, ihre Gaben und Fähigkeiten in Kirche und Gesellschaft einzubringen. Wenn sie möglicherweise eine Berufung für den kirchlichen Dienst verspüren, zeigt es ihnen, dass sie in der Lage sein werden, Hindernisse zu überwinden und ihren Platz in der Kirche zu finden, und dass ihr Geschlecht kein Grund sein wird, das nicht zu tun.

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Allgemein, Gesellschaft, Im Jahreslauf.