Ein wahres Informationsjuwel

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Ausgabe Nr. 2855

Wanderausstellung zu Samuel von Brukenthal kurzfristig in Wien

An dem Maria-Theresien-Denkmal auf dem Maria-Theresien-Platz in Wien, zwischen Kunsthistorischem und Naturhistorischem Museum, arbeitete Kaspar von Zumbusch 13 Jahre (Modell 1874, Vollendung 1887, enthüllt am 13. Mai 1888, dem Geburtstag der Herrscherin). Auf der historischen Wissensplattform der Stadt Wien „Wien Geschichte Wiki“ ist zu lesen: „In den Bogenfeldern 16 Hochreliefs verdienter Persönlichkeiten: Bartenstein, Starhemberg, Marcy, Lacy, Hadik, Nádasdy, Eckhel, Prayberg, Christoph Willibald Gluck, Haydn, Mozart, Grassalkovics, Brückenthal, Rieppen, Martini und Sonnenfels.” https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Maria-Theresien-Denkmal. Unser Bild: In dem Bogenfenster mit dem Thema Verwaltung ist Samuel von Brukenthal als zweiter von links dargestellt, ebenda zu sehen sind Anton Graf Grassalkowich (Ürmény 1694 – Gödöllő 1771), Paul Joseph von Riegger (Freiburg im Breisgau 1705 – Wien 1775), Joseph Freiherr von Sonnenfels (Nikolsburg/Mikulov 1732/33 – Wien 1817) und Karl Anton von Martini, Freiherr zu Wasserberg (Revò 1726 – Wien 1800). Foto: Ingrid WEISS

„Kein anderer siebenbürgisch-sächsischer Politiker oder Staatsmann sollte für sein Volk die Bedeutung erreichen, die jener des Gouverneurs Baron Samuel von Brukenthal nahegekommen wäre.“ Mit diesen gewichtigen Worten eröffnete am Abend des 19. Februar d. J. der Obmann des Vereins der Siebenbürger Sachsen in Wien und Kenner der Materie, Medizinalrat Dr. Thomas Ziegler die Wanderausstellung „Samuel von Brukenthal – ein früher Europäer“, die vom Deutschen Kulturforum östliches Europa, Potsdam (www.kulturforum.de) aus Anlass des 300. Geburtstags 2021 des Barons von Brukenthal mit Partnern gestaltet worden war. Als Ort der Veranstaltung fungierte das Haus der Heimat in Wien-Landstraße. Ziegler setzte mit einem Abriss der steilen Karriere Brukenthals fort.

Aus dem Jahre 2024 betrachtet ist es ein Phänomen, dass Brukenthal – zwar geboren als Sohn eines geadelten königlichen Stuhlrichters in Siebenbürgen – bereits Mitte des 18. Jahrhunderts die Möglichkeit hatte, sein Studium der Rechtswissenschaften, Geschichte, Philosophie und auch Theologie an der Friedrichs-Universität in Halle an der Saale – Mittelpunkt eines der Zentren deutscher Aufklärung – und später aufgrund des Zweiten Schlesischen Krieges Preußen gegen Österreich weiterführend in Jena zu absolvieren.

Als ein „von Wissenschaft und feiner Kultur glänzender junger Mann“ kehrte er 1745 nach Siebenbürgen zurück, fleißig, ehrgeizig, strebsam. Sein reiches Wissen, seine Gewissenhaftigkeit und letztlich auch seine patriotische Gesinnung ließen Brukenthal rasch die Karriereleiter emporsteigen. Knapp 30jährig bekleidete er 1751 das Amt eines Vizenotärs. Sein profundes Wissen der Rechtsverhältnisse und sein geschicktes Agieren als Administrator führten dazu, dass er zwei Jahre später die Gelegenheit erhielt, sich in Wien um eine wichtige Stelle in der Landesverwaltung zu bewerben, die die sächsische Nation beanspruchte.

Wie zu erwarten, war Brukenthal erfolgreich. Er vertrat die sächsische Nation bei Hofe so gut, dass er die damalige Herrscherin Maria Theresia tief beeindruckte. Sie beförderte ihn 1754 nicht nur zum hohen Gubernialbeamten, sondern er wurde sukzessiv auch ihr Berater in allen Fragen, die Siebenbürgen betrafen. Obwohl er in der Folge als Protestant nicht zum Hofkanzler ernannt werden konnte – er hatte die Leitung der Siebenbürgischen Hofkanzlei übernommen – bewahrte er unumstößlich seinen Leitgedanken „Fidem genusque servabo“ (sinngemäß übersetzt: Meinem – evangelischen – Glauben und meinem Volk bleibe ich treu).

Doch als Joseph II. seiner Mutter Maria-Theresia nachfolgte und der Kaiser oftmals umwälzende Reformen einleitete, wurde Brukenthal nach zehnjähriger Amtszeit 1787 vorzeitig pensioniert. Er hatte es gewagt, die nicht ineinandergreifenden Reformen seines obersten Dienstherrn offen zu kritisieren.

Wenn man heutzutage über Samuel von Brukenthal spricht, reminisziert man ihn beinahe ausschließlich als Förderer in Bildungs-, Kultur- und Wissenschaftsangelegenheiten.

Noch zu Lebzeiten öffnete er sein Palais am Hermannstädter Großen Ring, damit seine Sammlungen besichtigt und auch für Studienzwecke genutzt werden konnten. Aufgrund des unschätzbaren materiellen, aber auch immateriellen Wertes des Brukenthal-Erbes entstand in Hermannstadt des 19. Jahrhunderts das erste Museum im südöstlichen Europa. Bis heute gehört das Brukenthalmuseum zu den bedeutendsten Museen Rumäniens, das zu einem zentralen Ort des kollektiven Bewusstseins für alle Bürger unabhängig von ethnischer und/oder konfessioneller Herkunft geworden ist.

Als „waschechte Wienerin“ habe ich aufgrund des Besuches der Wanderausstellung sehr viele neue Details über den Vertrauten Maria Theresias erhalten. Dabei hat es mich ein wenig traurig gemacht, dass man dieses Informationsjuwel nicht auf breiterer Ebene – noch dazu im Jahr der Europawahl 2024 – den Menschen hier in Wien zugänglich gemacht hat. Ich bin überzeugt, dass man in Kooperation mit der Kulturabteilung der Stadt Wien bzw. dem Bundesministerium für Kunst und Kultur eine interessante Ausstellung mit Breitenwirksamkeit in einem der geschichtsträchtigen Wiener Museum auf die Beine hätte stellen können. Exponate und Leihgaben, die die Wanderausstellung komplettiert hätten, wären sicherlich seitens Hermannstadt zur Verfügung gestellt worden. Denn Samuel von Brukenthal ist auch ein Teil der österreichischen Geschichte, die zur Zeit Maria Theresias in Wien ihren Fokus fand. Tausende Touristen aus aller Herren Länder stehen tagtäglich vor dem monumentalen Denkmal der mächtigen Maria Theresia, das nebst der Monarchin auch die für sie wichtigsten Berater zeigt. Dass dieses Monument exakt zwischen den berühmtesten Museen Österreichs (Kunsthistorisches und Naturhistorisches Museum) mitten im Herzen Wiens steht zeugt von der immensen geschichtlichen und kulturellen Bedeutung der Dargestellten – ja, und einer davon ist Samuel von Brukenthal!

Und, schlussendlich wäre es sicherlich auch im Interesse der Freimaurer, sprich: der Großloge von Österreich gewesen, wenn ein derart berühmter „Bruder“ plakativ der Wiener bzw. österreichischen Bevölkerung vorgestellt worden wäre. Es hätte sich die einmalige Chance geboten, den „Frühen Europäer“ im Europawahljahr in Wien richtig kennenlernen zu dürfen!

Ingrid WEISS

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Geschichte, Gesellschaft, Kirche, Kultur, Persönlichkeiten.