,,Die Brücke zum ewigen Ziel”

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Geistliches Wort zum Karfreitag / von Pfarrer Klaus Martin UNTCH

Ausgabe Nr. 2858

Haupttafel des Alten Altars in der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche von 1519/1545, Symon pictor zugeschrieben.
Foto: https://hermannstadt.evang.ro/kultur/stadtpfarrkirche/

„Nun aber, am Ende der Zeiten, ist er ein für alle Mal erschienen, um durch sein eigenes Opfer die Sünde aufzuheben. Und wie den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht: so ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen; zum zweiten Mal erscheint er nicht der Sünde wegen, sondern zur Rettung derer, die ihn erwarten.” (Hebräer 9, 26b-28)

 

 

Der Verfasser des Hebräerbriefes benutzt einen überraschenden Vergleich, um die besondere Bedeutung des Todes Jesu für uns zu unterstreichen: er verweist auf die Einmaligkeit eines Menschenlebens! Und er meint das im doppelten Sinne des Wortes: Wir können unser Leben nur ein Mal leben. Der Tod ist unsere klare Grenze! Aber gerade das macht unser Leben unvergleichlich einmalig.

Ein – malig… Einmalig ist unsere Geburt, auch wenn wir sie nicht bewusst erlebt haben. Einmalig ist unsere Taufe, doch haben wir wahrscheinlich auch daran keine eigenen Erinnerungen. Konfirmation ist da schon ein bisschen anders; Heirat ist – leider – für immer weniger Menschen ein einmaliges Ereignis, aber bleibt doch etwas Besonderes. Was geschieht noch Einmaliges in unserem Leben? Begegnungen mit besonderen Menschen, Reisen, aber auch Unfälle, Krankheiten… zuletzt gewiß der Tod. Besondere Gefühle für einmaliges Geschehen… Doch werden bei einmaligen Ereignissen die Möglichkeiten und Grenzen unseres Lebens besonders spürbar. Nicht zuletzt auch der Tod, der unabweisbare Endpunkt des Lebens, berührt unsere Seele.

Dreimal steht in unserem Bibelwort das Wort einmal”, bzw. ein für alle Mal”. Einmal ist Christus erschienen, einmal müssen alle Menschen sterben, einmal ist Christus geopfert worden.

In diesem einmal” liegt die besondere Aussage des Hebräerbriefes. Ein für allemal ist etwas geschehen, das unser Leben auf eine andere Grundlage gestellt hat. Dieses einmalige Ereignis ist das Kommen Jesu Christi und darin besonders sein Tod als Opfer für uns.

Einmalig” ist Gottes Geduld und auch der Preis, den er für uns Menschen gezahlt hat. Niemand muss seinen Wert durch die eigene Arbeit und große Erfolge nachweisen.

Wir können diesen Zuspruch, wir können das Einmal” auf unser eigenes Leben übertragen. Es durchbricht die Routine und Eintönigkeit, es durchbricht auch den Frust und die Depressionen unseres Alltages, es durchbricht auch das Letzte und Einmalige in unserem Leben, den Tod.

Dem Menschen ist ein Ziel gegeben und die Brücke ist gebaut, auf der er dieses Ziel erreichen kann: Jesu Tod am Kreuz ist diese Brücke zum ewigen Ziel, über die jeder von uns gehen sollte.

Es ist menschlich und durchaus nachvollziehbar, dass der Gedanke an den Tod, die Erinnerung daran, dass unser Leben eine Grenze hat, Angst macht. Es bleibt unausweichlich und unabwendbar; keiner kann uns diesen Schritt abnehmen und jeder scheint darin allein zu sein. Allein? Nein, denn gerade hier wird uns die Brücke gebaut.

Nun aber”! Heißt es in unserem Bibelwort. Eine deutliche Zäsur! Gottes Zäsur mitten in den Zeiten. Jesus Christus tritt zwischen uns und unsere Schuld. Er trägt den Konflikt in sich selber aus. In Christus opfert Gott sich selbst. Er lässt sich die Sünden der Welt aufladen. Gott opfert nicht etwas, sondern sich selbst. Es bedarf nun ewig keines Opfers mehr, die Sünde ist durch ihn weggetragen und ausgetilgt. In der Welt der Rechtssprechung kaum vorstellbar, aber im Glauben unsere Grundlage: Über uns wird Gericht gehalten werden, aber auf uns wartet der Freispruch, Einmal” muss ich sterben, aber einmal” ist auch Christus für mich gekommen. Einmal” ist er den Tod, den ich sterben werde, schon gestorben. Es gibt kein Leiden und keine Finsternis, die er nicht schon durchlitten hätte. Diese Gewissheit hilft gegen die Angst. Dieses Vertrauen vertreibt den Schrecken, den das letzte Einmal” unseres Lebens auslösen kann. Heute, an Karfreitag – der übrigens im Englischen Good Friday”, der gute Freitag” heißt – können wir das einmal Geschehene nicht wiederholen und wir können auch das Einmal” unseres Todes nicht vorwegnehmen. Wir erinnern uns aber daran, was Gott einmal für uns getan hat und lassen uns damit stärken für die vielen An-, Heraus- und Überforderungen unseres Alltages.

Karfreitag bedeutet daher: Es gibt noch eine Zukunft jenseits des Todes. Es gibt noch ein Morgen jenseits der tödlichen Routine des Alltages. Sein einmaliges Kommen für uns und sein einmaliges Opfer sind die entscheidenden Taten Gottes in unserem Leben. Sie sind es, weil sie nicht das Letzte sind, was Gott an uns tut. Sein letztes Wort für uns heißt nicht Tod, sondern LEBEN !

Amen.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.