Eine außergewöhnliche Veranstaltung für immaterielles UNESCO-Kulturerbe
Ausgabe Nr. 2853
Man(n) ist fasziniert! Frau sieht sie und ist überwältigt! Und im Kopf drehte sich vor Ort alles um die eine Frage: Wie soll man bei dieser Fülle an kleinen Schönheiten eine Entscheidung treffen? Aber alles der Reihe nach: Das Rumänische Kulturinstitut in Wien hatte am 18. Februar zu einer außergewöhnlichen Veranstaltung eingeladen, dem Târg de Mărțișor la Viena – einem Märzchen-Markt mitten in Wien!
Diverse Freunde und Bekannte haben mich nur ungläubig angesehen, als ich Ihnen berichtete, wo ich vergangenen Sonntag meinen Vormittag verbracht hatte. Märzchen? Was ist das? Möglicherweise eine neuartige Speise? Bricht jetzt ein Hype um das unbekannte Produkt Märzchen aus, da sich Priscilla Presley – der Promigast des Wiener Opernballs 2024 – unter anderem als Pescetarierin (laut Wörterbuch ist Pescetarismus eine Ernährungsweise, bei der der Verzehr von Fleisch, nicht jedoch der von Fisch, gemieden wird) geoutet hat? Wo bekommt man diese Märzchen?
Die Lösung des Rätsels war einfach und zauberte ein strahlendes Lächeln in die Gesichter meiner Zuhörer. „Das hab ich noch nie gehört! Ein wunderbarer, herzerwärmender Brauch! So ein Märzchen hätte ich auch gerne!“
Die Rumänisch-Orthodoxe Kirchengemeinde in Wien fungierte als Partner, stellte eine Lokalität in der Nähe des Wiener Praters zur Verfügung und ermöglichte so den Märzchen-Künstlerinnen, ihre von Hand gefertigten Kreationen auszustellen und zu verkaufen. Für die zahlreichen Besucher bot sich ein fröhliches Bild: rot-weiße Schnüre soweit das Auge reichte, veredelt mit zarten Glas- und Keramikkreationen, ausgestattet mit Anstecknadeln, um damit Bluse, Kleid oder Blazer zu schmücken. Auf Anhieb habe ich mich aber auch in ein rot-weißes gehäkeltes Armband verliebt, das mir versehen mit den besten Wünschen von einer der Künstlerinnen locker um mein Handgelenk gebunden wurde. Ich habe dabei erfahren, dass in früheren Zeiten die Männer von den Frauen mit rot-weißen Märzchen-Schafwollfäden beschenkt wurden, die sich das starke Geschlecht um das Handgelenk banden. Doch der Brauch hat sich geändert und so schenken heutzutage die Herren den Damen diese bezaubernden Glücksbringer, die ja den Frühling einläuten. Angeblich sollte die Beschenkte ihr Märzchen so lange tragen, bis sie einen blühenden Baum sieht. Dann darf sie das Märzchen diesem Baum schenken und sich dabei etwas wünschen – der Wunsch könnte somit in Erfüllung gehen!
Entzückt von der Vielfalt der originellen Modelle und der Liebenswürdigkeit der einzelnen Künstlerinnen, die mich in die Geheimnisse der Herstellung einweihten erwarb ich etliche Märzchen, mit denen ich sehr bald besonders liebe Mitmenschen hier in Wien überraschen werde.
Ingrid WEISS