„Libertate“ – der Spielfilm von Tudor Giurgiu über die Revolution in Hermannstadt
Ausgabe Nr. 2841
„Li-ber-ta-te! Li-ber-ta-te!“ (Freiheit! Freiheit!) riefen die Menschen, die an den Dezembertagen der Revolution 1989 auf die Straße gingen. Doch an jenen Tagen herrschte auch Chaos auf den Straßen in den Großstädten Rumäniens. Schüsse fielen, Menschen wurden verletzt und starben. Wer die Schüsse abfeuerte ist heute immer noch teilweise unklar. Auch in Hermannstadt wurde geschossen und genau über die Revolution in Hermannstadt und eine bizarre Begebenheit handelt der neueste Film von Tudor Giurgiu „Libertate“, der derzeit in den Kinos läuft.
Der Film erzählt die den alteingesessenen Hermannstädterinnen und Hermannstädtern bekannte Geschichte, wie in den Tagen nach dem 21. Dezember 1989 die Einsatzkräfte in Hermannstadt (Miliz, Securitate, Armee) aber auch Zivilisten gefangen genommen und in das Schwimmbad der Militäreinheit UM 1512 gebracht wurden, dessen Schwimmbecken zu diesem Zweck geleert wurde. Hier verbrachten diese Personen, die zu Recht oder zu Unrecht beschuldigt wurden, Revolutionäre erschossen zu haben, 30-40 schreckliche Tage.
Zur Besetzung des Films gehören Ionuț Caras, Cătălin Herlo und Anca Hanu, Schauspieler des Rumänischen Nationaltheaters „Lucian Blaga“ aus Klausenburg, sowie bekannte Schauspieler wie Andi Vasluianu, Alexandru Papadopol, Mirela Oprișor, Marius Manole, Iulian Postelnicu und Alex Calangiu. Auch einige Schauspieler des Hermannstädter Radu Stanca-Nationaltheaters, wie Cendana Trifan, Ali Deac, Adrian Matioc, Viorel Rață und Florin Coșuleț haben kleine Rollen im Film. Gedreht wurde der Film in Hermannstadt, Brăila und Bukarest.
Etwa die erste halbe Stunde des Films wird in der Menschenmenge gezeigt, aus der man die einzelnen Figuren nicht wirklich unterscheiden kann. Man kann dem Geschehen nicht folgen. Manchmal sind die Personen auch akustisch schwer zu verstehen.
Dann werden die Oberhäupter aus Militär und Miliz gezeigt, die sich in Büros um Telefone (einige davon sind rot) drängten. Aus den Telefonen kamen verwirrende Befehle. Die Revolution in Hermannstadt wird wie ein verrücktes Durcheinander dargestellt. Ein Durcheinander und ein Chaos von widersprüchlichen Befehlen. Die Armee und das Volk scheinen einen gemeinsamen Feind zu haben: die Securitate, die auch Terroristen beschert hat. Und der Feind ist „gefangen” im Schwimmbad der Militäreinheit UM 1512 in Hermannstadt. Ins Schwimmbad geraten aber auch viele Unschuldige, die im Chaos als Terroristen abgestempelt werden. Heraus kommt, wer die besten Beziehungen hat. Der letzte von 500 „Gefangenen” wird im Februar 1990 freigelassen.
Bei der Hermannstädter Premiere am 28. September 2023 im Kinosaal im „Ion Besoiu“-Kulturzentrum gab es ein Gespräch mit Regisseur Tudor Giurgiu und einigen Schauspielern aus dem Film. Im Saal waren auch einige Personen, die 1989 im Schwimmbad gefangen waren und für die der Film alte Wunden aufgerissen hat. Giurgiu hatte zur Dokumentation mehrere Hermannstädter Zeitzeugen interviewt und ihre Geschichten im Film aufleben lassen.
Was wirklich im Dezember 1989 geschah? Das ist eine Frage, die nur teilweise, unklar, verschleiert oder unvollständig beantwortet worden ist. Denn auch die Fakten waren nicht schwarz-weiß. Und der Film „Libertate“ fängt genau diese Ungewissheit der Ereignisse der Revolution ein. Es ist ein Film des Leidens, des Scheiterns, eine Mischung aus Schuldigen und Unschuldigen, aus Fragen und wenigen Antworten, aus Licht und Dunkelheit, aus Menschlichkeit und Groteske.
„Libertate” ist vor allem für die Hermannstädter sehenswert und läuft derzeit im CineGold-Kino.
Cynthia PINTER