Interview mit der Fachberaterin Sabine Maya Schlattner
Ausgabe Nr. 2840

Sabine Maya Schlattner.
Foto: Beatrice UNGAR
Sabine Maya Schlattner ist seit April 2022 Fachberaterin/Koordinatorin für Deutsch in Süd- und Ostrumänien und der Republik Moldova. Die 1967 in Hermannstadt geborene Deutsch- und Englischlehrerin gewährte Dr. Mihaela Dinescu, Mitglied im Vorstand des Deutschlehrerverbands Rumänien, ein Interview über ihren Werdegang und ihre derzeitigen Aktivitäten.
Könnten Sie sich kurz vorstellen?
Mein Weg zur Fachberaterin der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) in Bukarest hat mich sozusagen über meine frühere Tätigkeit als Fachschaftsberaterin (FSB) in Krakau/Polen geführt. Doch zu den Anfängen: Geboren bin ich in Hermannstadt, aufgewachsen in Freck, Hermannstadt und Rothberg; ich besuchte die Brukenthalschule in Hermannstadt und studierte Philologie (Germanistik und Anglistik) in Bukarest. Ausgewandert nach Deutschland bin ich 1990, drei Tage nach Ablegung meiner Diplomprüfung. Bis 2005 übernahm ich verschiedene Tätigkeiten im Theater-, Film- und PR-Bereich. 2005 erfolgte meine Verbeamtung an einem Münchner Gymnasium. Von 2011 bis 2019 war ich als FSB in Krakau. Dass ich diese Stelle innehatte, hat für mich zweierlei bewirkt bzw. bringt mir folgende Vorteile: Zum einen hat mir die Tätigkeit sehr „getaugt“, wie die Wiener sagen, zum anderen weiß man dann als Fachberaterin (FB), was eigentlich die Fachschaftsberatungen aus dem eigenen Bereich tun bzw. lassen sollten. Ich habe das Handwerk in Krakau von der Pieke auf gelernt von einer sehr erfahrenen Kollegin, und das hilft mir in meiner jetzigen Tätigkeit sehr.
Wie haben Sie sich in Bukarest wieder eingelebt und wie erleben Sie Rumänien heutzutage?
Ich hatte in Bukarest Ende der achtziger Jahre studiert und hasste die Stadt. Im Winter war es kalt, der Gasdruck wurde gedrosselt, im Sommer war es heiß und wir zogen uns zurück in den Keller des alten Hauses, in dem ich wohnte, um zu lernen – nur gefiel der Keller auch einer Meute von Ratten. Bukarest war nicht meine erste Wahl, aber in den traditionellen Zentren wie Klausenburg oder auch Hermannstadt hatte man die Germanistik abgeschafft (zumindest als Hauptfach). Somit mochte ich auch das Studium nicht, es war keine Herausforderung für mich, weil die Professorinnen und Professoren teilweise schlechter Deutsch sprachen als die Studierenden.
Heute ist die Situation eine ganz andere, ich habe eine Aufgabe, die mich ausfüllt und eben herausfordert, sie ist vielfältig und bringt mich mit sehr unterschiedlichen Menschen und Institutionen zusammen. Klar – Bukarest ist immer noch hektisch, hektischer als damals, aber man findet seine Oase. Und natürlich hat sich das Land enorm weiterentwickelt – hier wäre gerade im schulischen Bereich die moderne Ausstattung vieler rumänischer Schulen zu nennen. Oder das flächendeckende Internet, ohne das unsere Onlinekonferenzen beispielsweise nicht reibungslos stattfinden könnten.
Welche Erfahrungen haben Sie im letzten Jahr in Rumänien besonders geprägt?
Die Erfahrungen sind eher an die Tätigkeit als Fachberaterin als an das Land gebunden. In meinem ersten Jahr hier gab es etliche unbesetzte Stellen an den DSD-Schulen, so dass beispielsweise erst einmal der reibungslose Ablauf der Prüfungen zum Deutschen Sprachdiplom (DSD) der Kultusministerkonferenz (KMK) geregelt werden musste. Aber dank meines flexiblen und qualifizierten Teams aus vermittelten Lehrkräften und den Ortslehrkräften (OLK) konnten wir auch die insgesamt 160 Prüfungen an einer einzigen Schule beispielsweise sehr gut bewältigen – an dieser Stelle auch noch einmal herzlichen Dank allen Beteiligten.
Was neu für mich war, zumindest in dem Ausmaße, sind die Etablierung und der Stellenwert von Nachhilfeunterricht, gerade auch für das DSD, was nicht gerade der Philosophie der ZfA entspricht. Denn wir bieten ein schulisches, kostenloses Programm an, integriert in den Unterricht, das für die Lernenden ohne Nachhilfe zu bewerkstelligen sein sollte. Dieser Aspekt ist somit in meinen Fokus gerückt (worden).
Aber zusammenfassend sind es fast durchweg positive Erfahrungen, die ich machen darf: Die Zusammenarbeit mit dem rumänischen Bildungsministerium, mit der Deutschen Botschaft in Bukarest, mit dem Goethe-Institut (GI) und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) verläuft reibungslos und oft über kurze, wenig bürokratische Wege. Das GI und der DAAD sind genauso wie die ZfA, der Pädagogische Austauschdienst und das Sekretariat der Kultusministerkonferenz Partner der PASCH-Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“. Diese ist eine weltumspannende Initative des Auswärtigen Amts in Kooperation mit den oben genannten Partnern für alle aus Deutschland geförderten Schulen.
Die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) ist seit vielen Jahren verantwortlich für die Durchführung der DSD I- und DSD II-Prüfungen in Rumänien und unterstützt verschiedene andere Projekte und Tätigkeiten. Wie sehen Sie die Zukunft dieser Arbeit?
Wir betreuen ein großes DSD-Programm in Rumänien – auf der ZfA-Fachberatertagung in Berlin im Juni 2023 durfte ich zusammen mit anderen Fachberaterinnen und Fachberatern, Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA) und einem Mitglied des Bundestages das DSD-Programm in Rumänien vorstellen. Im Moment gehören dazu 67 Schulen landesweit, an denen 2023 insgesamt 2844 DSD I- und DSD II-Prüfungen abgelegt wurden, und die von zwei ZfA-Fachberaterinnen betreut werden. Die zweite Fachberaterin, Annette Richter-Judt hat ihren Sitz in Hermannstadt. Die Zukunft unserer gemeinsamen Arbeit wird weiterhin vorrangig in der pädagogischen Beratung der Schulen bestehen sowie administrativer Aufgaben. Zu meinem Bezirk gehört auch die Republik Moldova mit drei weiteren Schulen. Im Bereich pädagogischer Betreuung bieten wir z. B. Fortbildungen an wie „DSD GOLD” (Globales Online Lernen Deutsch). Im Moment läuft ein DSD II-GOLD-Kurs mit 40 Teilnehmenden aus dem ganzen Land, im September fand in Șumuleu Ciuc das jährliche Einführungsseminar für vermittelte Lehrkräfte und OLKs statt mit 68 Teilnehmenden. Es gibt Projekte für Schülerinnen und Schüler wie den Lesewettbewerb „Seitenweise“ und den Debattierwettbewerb „Jugend Debattiert Europa“, an dem 2023 16 Schulen teilnahmen. Bei „Jugend debattiert Europa“ gibt es eine bewährte Kooperation mit Bulgarien. Ich plane ein Projekt „Die beste DSD-Klasse“ – das hatten wir in Krakau schon etabliert – es tut sich also einiges.
Was die Prüfungsergebnisse angeht – diese sind in beiden Stufen auf einem recht hohen Niveau – gab es allerdings in diesem Jahr beim DSD I rund 70 Nichtantritte von über 500 Anmeldungen zur schriftlichen Prüfung (Schriftliche Kommunikation). Hier sehe ich Optimierungsmöglichkeiten: Von schulischer Seite könnten die Wichtigkeit und die Vorteile dieser Prüfungen noch stärker unterstrichen und hervorgehoben werden. Das ist meine Bitte an all die Lehrkräfte, die im DSD unterrichten, dieses den Schülerinnen und Schülern ans Herz zu legen. Abgesehen davon, dass die Prüfungen für die Schülerinnen und Schüler kostenlos sind, gibt es auch im Anschluss das „Studien- und Berufsticket DSD”. Dieses ist ein Programm der ZfA für Schülerinnen und Schüler, die im Ausland das DSD-Diplom der KMK erwerben und in Deutschland studieren möchten. Das Deutsche Sprachdiplom auf den Stufen B1, B2 oder C1 stellt bereits das Ticket zu einem reibungslosen und gebührenfreien Übergang von der Schule zu deutschen Hochschulen bzw. zu deutschen Studienkollegs dar. Um diesen Weg zu erleichtern, kooperiert die ZfA mit zahlreichen deutschen Universitäten, (dualen) Hochschulen und gebührenfreien staatlich-öffentlichen Studienkollegs. Ein weiterer Vorteil der deutschen Sprachdiplomprüfung ist der, dass die Jugendlichen in der Vorbereitung auf diese Prüfung Fertigkeiten erwerben wie Präsentationen erstellen, für die sie recherchieren, exzerpieren und die sie argumentativ aufbauen müssen. Des Weiteren lernen sie Inhalte zusammenfassen, Grafiken analysieren, erörtern. Das alles sind essentielle Wegbereiter für ein Studium.
Doch zurück zu denen, die die Schülerinnen und Schüler darauf vorbereiten – die Lehrkräfte: Eines ist gewiss – ohne die Arbeit der OLK und der vermittelten Lehrkräfte durch die ZfA ist das Programm nicht umzusetzen und zu halten – und die OLK wiederum sind diejenigen, die als konstante Größe motivieren, vorbereiten, beraten, prüfen und hinter dem Programm stehen. Auch hierfür allen ein großes Dankeschön!
Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Deutschlehrerverband (DVR) und wie könnte man in Zukunft diese neudenken?
Ich bin ja erst seit einem guten Jahr hier und war letztes Jahr zum ersten Mal bei der Tagung des Deutschlehrerverbands, auf der es mir sehr gut gefallen hat. Ich wurde mit offenen Armen aufgenommen und das Angebot der Workshops hat mich beeindruckt. Ich denke, von Seiten des Deutschlehrerverbands kann man nur noch wenig optimieren. Ich werde anregen, dass auch unsere vermittelten Lehrkräfte sich zukünftig auf den Tagungen einbringen, Workshops leiten und sich dadurch auch gut vernetzen können. Ich denke, das ist für beide Seiten von Vorteil. Nicht neu denken – aber aktualisieren könnte man vielleicht den Online-Auftritt des Verbandes.
Welche Projekte hat die ZfA, bzw. das Fachberaterbüro, für diesen Herbst vorgesehen?
Manche der geplanten Projekte habe ich bereits oben erwähnt wie das gemeinsame Einführungsseminar mit OLKs in Sumuleu. Ebenfalls im September findet das internationale Finale von „Jugend debattiert Europa“ in Berlin statt. Eine Gruppe von 20 Lehrerinnen fährt mit meiner Kollegin Annette Richter-Judt im Oktober nach Wiesneck in Baden Württemberg zu einer einwöchigen Studienfahrt. Auch werden wir weiterhin die Kooperation mit Bulgarien ausbauen – neben „Jugend debattiert Europa“ möchten wir Planspiele zusammen organisieren. Bei einem Planspiel begeben sich die Schülerinnen und Schüler in eine fiktive Konfliktsituation und übernehmen dabei die Rollen diverser Handelnden. Während mehrerer Spielrunden machen sich die Teilnehmenden inhaltlich mit dem Szenario vertraut, führen Verhandlungen und fällen konkrete Entscheidungen. Dabei werden sprachliche Kompetenzen und Fachwissen erweitert sowie Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit gestärkt. Ein weiteres Projekt, das noch in den Kinderschuhen steckt, entwickeln wir mit ZfA-Fachberatungen in Brasilien, Bulgarien, Paraguay, Texas und Ungarn. Dabei geht es um einen Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler zum 50-jährigen Jubiläum des Deutschen Sprachdiploms im Juni 2024. Noch ist das eine Ideenwerkstatt – eine Videokonferenz dazu gab es Anfang September 2023. Das Projekt „Die beste DSD-Klasse“ soll im Frühjahr 2024 an den Start gehen. Im Vorfeld zu dem Endwettbewerb reichen Schulen zu einem Thema Projekte ein, dann entscheidet eine unabhängige Jury (in Krakau waren es Studierende) und die besten zwei Klassen treten zu einem Quiz an, bei dem sie Fragen zu Deutschland beantworten sollen. Wer schneller reagiert, also den Knopf drückt, sammelt Punkte. Für das DSD II werden es Fragen rund um die Sternchenthemen sein, für das DSD I wird allgemeines Deutschlandwissen abgefragt. Letzte vorläufig geplante Veranstaltung ist eine einwöchige Studienreise von einer Gruppe von Lehrkäften, die in Rumänien und Bulgarien „Jugend debattiert“ unterrichten, nach Wiesneck (Baden Württemberg) im Juni 2024.
Danke für das Gespräch.