Ein wacher Geist

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Der erste HZ-Chefredakteur Ewalt Zweyer ist tot

Ausgabe Nr. 2842


Ewalt Zweyer (mit HZ) und seine Tochter Ute Hellmuth-Zweyer bei der Feier zum 55. Gründungsjubiläum der HZ im Spiegelsaal des DFDH am 25. Februar 2023.                                                                                   Foto: Laura MICU

Ein wacher Geist bis zuletzt, interessiert am Weltgeschehen und überhaupt, so habe ich Ewalt Zweyer erlebt. Zuletzt war er Mitte Oktober d. J. mit seiner Tochter Ute per Bahn in Hermannstadt angereist, um bei dem Astrafilm-Festival dabei zu sein. Am 7. November d. J. hat sein Herz aufgehört zu schlagen. 24 Stunden davor habe er die aktuelle Ausgabe der HZ vom 3. November, die ihm seine Tocher Ute aus Hermannstadt nach Zorneding bei München gebracht hatte, gelesen.

Beim 50. und beim 55. Gründungsjubiläum der HZ in Hermannstadt war Ewalt Zweyer ebenfalls dabei und bot jeweils einen Einblick in die Anfänge dieses Wochenblatts, dessen Geschicke er vom 1. März 1968 bis zum 15. November 1974 als Chefredakteur geleitet hat. Seiner Umsicht und seinem Pragmatismus und seiner Menschenkenntnis zu verdanken ist auch die Tatsache, dass es einem kleinen Team gelang, innerhalb von sage und schreibe neun Tagen die erste Ausgabe der HZ herauszugeben. Der damals 36-Jährige war dazu aus Bukarest abberufen worden, wo er 1949 mit 17 eineinhalb Jahren die erste deutsche Tageszeitung in Rumänien nach dem Zweiten Weltkrieg, den Neuen Weg mitgegründet hatte.

Die Kopfleiste der ersten Ausgabe der Hermannstädter Zeitung vom 25. Februar 1968 trägt rechts oben die Unterschrift des verantwortlichen Redakteurs, Ewalt Zweyer, der vom 1. März 1968 bis zum 15. November 1974 Chefredakteur gewesen ist.

Am 16. Februar 1932 als Sohn des Hermannstädter Buchhändlers und Musikers Friedrich Zweyer in Bukarest geboren, entstammte Ewalt Zweyer mütterlicherseits der Kronstädter Verlegerfamilie Zeidner und der Bukarester Künstlerfamilie Storck. Er studierte zuerst Agronomie (Fernstudium ab 1950), dann Germanistik und Anglistik (1965–1970) an der Universität Bukarest. Seine Diplomarbeit behandelte 1970 die völkerverbindende Funktion Adolf Meschendörfers Zeitschrift Die Karpathen. Nach einem Jahr in der Forstwirtschaft begann Zweyer im Dezember 1949 seine Tätigkeit als Lokalreporter bei der Tageszeitung Neuer Weg. 1950 übernahm er die neu ins Leben gerufene Abteilung „Landwirtschaft“. 1968 erfolgte seine Berufung zum Chefredakteur der neu gegründeten Hermannstädter Zeitung (ab November 1971 in „Die Woche“ umbenannt). Als Ersatzmitglied im Kreiskomitee Hermannstadt der Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP) und Mitglied der Zentralen Revisionskommission nahm er am 3. Juli 1968 an der Beratung beim Zentralkomitee (ZK) der RKP mit Wissenschaftlern und Kulturschaffenden aus den Reihen der deutschen Nationalität teil, in deren Folge der Rat der Werktätigen deutscher Nationalität entstand. Nach seiner 1974 erfolgten Entlassung kehrte Zweyer als Chefreporter zur Zeitung Neuer Weg zurück und war in dieser Funktion bis Oktober 1990 tätig. Im Dezember 1990 übersiedelte er nach Deutschland. Ab April 1991 arbeitete er als Heimatforscher für den Verband der Siebenbürger Sachsen. Zwischen 1996 und 2008 war er als „besonderer Vertreter“ für die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung München tätig und betreute zahlreiche Buch- und Filmproduktionen, darunter rund 100 Heimatbücher. Auch war er Pressereferent und Schriftführer der Kreisgruppe München des Verbands der Siebenbürger Sachsen und verfasste zahlreiche Beiträge für die Siebenbürgische Zeitung.

Möge er in Frieden ruhen!

Beatrice UNGAR

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Allgemein, Persönlichkeiten.