Noch immer keine Blues-Stimmung

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Das 33. Sachsentreffen in Keisd / Von Ruxandra STĂNESCU und Cynthia PINTER

Ausgabe Nr. 2836

Wenn beim Tanzen die Röcke fliegen, dann ist das Sachsentreffen in vollem Gange. So geschehen beim 33. Sachsentreffen, das am vergangenen Wochenende in Keisd/Saschiz stattfand. Die gute Laune der auftretenden Tanzgruppen war ansteckend und manch ein Besucher tanzte zu Polka und Walzer mit.             Foto: Cynthia PINTER

Drei Tage wurde beim 33. Sachsentreffen in Keisd/Saschiz unter dem Motto „Mensch und Natur. Kulturlandschaft Siebenbürgen“ am vergangenen Wochenende gefeiert. Im Rahmen der Veranstaltung wurde die Honterusmedaille an Dr. Paul Niedermaier verliehen. Organisatoren waren das Siebenbürgenforum, das Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Mieresch und die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien.

Fröhlich trafen einige Gäste bereits am Freitag, dem 29. September in der gepflegten Gemeinde nahe Schäßburg ein. In der 1493 erbauten evangelischen Kirche im Zentrum der Ortschaft wurde das Sachsentreffen eröffnet. Dabei wurden lokale Projekte und Initiativen zum Erhalt der Kirchenburgen vorgestellt und im Anschluss das Tanzbein im neuen Gemeindesaal geschwungen.

Die Keisder Kirchenburg mit ihrem imposanten Nordturm ist von der Landstraße gut zu sehen.
Foto: Cynthia PINTER

Der Haupttag der Veranstaltung war der Samstag, da fanden die meisten Veranstaltungen statt. Bereits um 9 Uhr wurden die Stände auf dem Marktplatz aufgestellt, so dass sich die Besucher bei Kaffee und Kuchen begrüßen konnten. Während im Gemeinderaum in der Kirchenburg das Kinderprogramm losging, versammelten sich die Gäste in der evangelischen Kirche, zum Festgottesdienst.

Empfangen in der Kirche wurden die Gäste vom Posaunenchor Schäßburg, unter der Leitung von Theo Halmen. Bischof Reinhart Guib begrüßte die Anwesenden und anschließend sang die Gemeinde zusammen, zur Orgelbegleitung von Hans Bruno Roth. Der Eingangsspruch kam von Pfarrer Johannes Halmen, der Schäßburger Stadtpfarrer Dr. Hans Bruno Fröhlich predigte zum Psalm 42. Passend zum Motto des Tages „Mensch und Natur“ besuchte ein freundlicher Kater die Kirche. Nachdem er von den Gästen ein paar Streicheleinheiten sammelte, kam er zum Pfarrer Fröhlich, um ihn persönlich zu begrüßen. Applaus gab es bei der Danksagung des Kurators Johann Schaaser, der die Gäste ,,in der schönsten Ortschaft der Welt“ begrüßte. Mit dem Abschlusslied „Still No Blues“ (Noch immer kein Blues/keine Traurigkeit) bestätigte der Posaunenchor Schäßburg, dass die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft – wenn auch kleiner – weiterhin zusammen feiern und ihre Traditionen aufrecht erhalten kann.

Draußen vor der Kirche spielten die Musiker des Posaunenchors aus Schäßburg weiter, während sich alte Bekannte begrüßten und von vergangenen Zeiten erzählten, stolz ihre Trachten zeigten oder Gruppenfotos vor der spätgotischen Saalkirche machten.

Der Aufmarsch der Tanzgruppen auf dem Platz vor der Kirchenburg war ein Höhepunkt des diesjährigen Treffens.
Foto: Cynthia PINTER

Einer der Höhepunkte eines jeden Sachsentreffens ist der Aufmarsch der Trachtengruppen, der diesmal – ähnlich wie in Birthälm – auf dem Platz vor der Kirchenburg stattfand. Mit den kleinen Tänzerinnen und Tänzern der Tanzgruppe des Mediascher Forums an der Spitze ging der Marsch los und alle Handys und Kameras richteten sich auf die bunten Trachtenträger. Die Blasmusik Bistritz und die Jugendblaskapelle aus Kronstadt begleiteten die Polonaise aller Tanzgruppen, die wunderschön anzusehen war. Als spezielle Überraschung bereitete Andrea Rost, die Leiterin der Schäßburger Tanzgruppe eine „Keisder Tanzfolge“ vor, die sie aus den erhalten gebliebenen sächsischen Volkstänzen aus Keisd zusammengestellt hatte und beim jährlich stattfindenden Tanzgruppentreffen mit allen Gruppen einstudiert hatte. Nun wurde diese Tanzfolge vor dem begeisterten Publikum gezeigt.

Auf der kleinen Bühne begann das Kulturprogramm, durch das Johanna Kezdi und Kevin Wagner führten. Den Anfang machten die Kleinsten: Die Mediascher Kindertanzgruppe unter der Leitung von Andra Luca und Rareș Schuster tanzten den „Rosenwalzer“ und eine Polka. Es folgten die Schäßburger Tanzgruppe (Leiter: Andrea Rost und Kevin Wagner), die „Jungsächsisch“ und „Da Aufgedrahte“ zum Besten gaben und die Hermannstädter Tanzgruppe des Jugendforums (Leitung: Sebastian Arion), die mit acht Paaren keinen Platz auf der Bühne hatten und die „Kleinscheuerner Polka“ und die „Sudetendeutsche Tanzfolge“ auf dem Platz vor der Bühne aufführen mussten. Vor der Kulisse des imposanten Nordturms, der als einziger Teil der Befestigungsanlage noch bewundert werden kann, musizierten die Bläser der Kronstädter Jugendblaskapelle, unter der Leitung von Matthias Roos. Die „Ode an die Freude“ und „Ein bisschen Frieden“ sang die junge Künstlerin Alessia Schüler aus Sächsisch Regen, gefolgt von dem Auftritt der Tanzgruppe „Goldregen“ (Leitung: Balla Denes) ebenfalls aus Sächsisch Regen, sowie die Kindertanzgruppe „Kleiner Goldregen“. Die Tanzgruppen aus Mühlbach (Leitung: Anamaria Dahinten), Bistritz (Leitung Izabella Popescu), Kronstadt (Leitung: Dagmar Kloos) und die Lehrertanzgruppe schwangen zu Polkas und Walzer das Tanzbein und manche Gäste tanzten am Rand ebenfalls mit. Schöne Blasmusik ertönte auch aus den Instrumenten der Bläser aus Bistritz (Leitung: Thomas Hartig).

Während auf dem Marktplatz weiterhin getanzt und gefeiert wurde, aber auch Kleinigkeiten aus der Gegend bei den Ständen gekauft wurden, ging es in der evangelischen Kirche mit der Festveranstaltung weiter.

In der ursprünglich dem Heiligen Stephan gewidmeten Kirche fand zum Auftakt des Sachsentreffens der Festgottesdienst statt.
Foto: Ruxandra STĂNESCU

Begrüßt wurden die Gäste vom Vorsitzenden des Siebenbürgenforums, Martin Bottesch. Dieser erwähnte die Anfangszeiten vor 33 Jahren – einem Drittel Jahrhundert – „als wir andere Sorgen hatten“. Trotzdem ist „das Sachsentreffen weiterhin erwünscht“. Auch das Thema „Mensch und Natur“ ist, so der Vorsitzende „anders als die bisherigen“ und stellte die beiden Festredner Dr. Rudolf Poledna und Dietmar Gross vor. Martin Bottesch begrüßte im Anschluss die Teilnehmer an der Festveranstaltung. Auch der Keisder Bürgermeister Ovidiu Șoaită richtete ein Grußwort an seine Gäste und hieß sie „zu Hause, in Siebenbürgen“ willkommen. Er sprach über die Gründung der Ortschaft, die den Siebenbürgen Sachsen zu verdanken ist. Im Vorfeld dieser Rede hatte der Bürgermeister erklärt, dass die Ortschaft sich über gute Zeiten erfreue, besonders dank des UNESCO-Weltkulturerbetitels für die Kirchenburg, die viele Touristen anziehe. Dabei erwähnte er auch, dass in der ganzen Gemeinde keine Häuser zu verkaufen seien und dass ihre jetzigen Preise bei 30.000-40.000 Euro liegen, wobei 2004, als er das Amt zum ersten Mal übernommen hatte, immer mehr als 10 Häuser zum Verkauf standen und die Preise bei 5.000-6.000 Euro lagen. Das ist ein guter Beweis, dass die „Ortschaft aufblüht“.

Durch das weitere Programm führte Christiane Neubert, die im Vorstand des Siebenbürgenforums für den Kulturbereich zuständig ist.

Dr. Paul-Jürgen Porr, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien richtete das Wort an die Gäste und erklärte seine Freude, dass das Treffen jährlich stattfindet. „Wir haben weiterhin noch viel unberührte Natur in Siebenbürgen, auf die wir sorgen müssen“, erklärte der Vorsitzende und wünschte allen eine schöne Veranstaltung. Die österreichische Botschafterin Mag. Adelheid Folie sprach auch über das Motto des Sachsentreffens und darüber, dass die Orte in Siebenbürgen mit ihren Kirchenburgen eine lebhafte Kulturlandschaft bilden, die eine „große Anziehungskraft auf Menschen“ hat.

Der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț bei seinem Grußwort im Rahmen der Festveranstaltung in der evangelischen Kirche.
Foto: Cynthia PINTER

Der Abgeordnete Ovidiu Ganț erklärte, dass die Entscheidung, nach Keisd zu kommen und auf andere politische „Großinszenierungen“ zu verzichten, richtig gewesen ist. Dabei bedankte er sich auch bei dem Bürgermeister und den Vertretern der Gemeinde für die Unterstützung der deutschen Minderheit und wünschte allen ein „schönes Sachsentreffen“.

Grußworte überbrachten auch Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbands der Siebenbürger Sachsen aus Deutschland, Ilse Welther, Vorsitzende des Verbands der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften aus Deutschland und Manfred Schuller, Bundesobmann des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Österreich und Patrick Kraus, der Vorsitzende der HOG Keisd in Deutschland.

Thomas Șindilariu, Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen in der Rumänischen Regierung erklärte, dass das Motto perfekt ausgewählt wurde, denn die „Kulturlandschaft ist das Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur. Restauriertes architektonisches Weltkulturerbe vor abgeholztem Wald ist nichts. Intakte Natur ohne sanftem Tourismus ist auch nichts.“ Es ist für alle eine Ehre, „Gast und Zeuge dieses 33. Sachsentreffens zu sein“.

Zu jeder Festveranstaltung gehört ein Festvortrag oder auch zwei, wie in diesem Jahr. Der Soziologe Dr. Rudolf Poledna von der Babeș Bolyai Universität aus Klausenburg hielt als erster einen Vortrag zum Motto des Sachsentreffens „Mensch und Natur“ und Dietmar Gross bebilderte seinen Vortrag mit aussagekräftigen Landschaftsfotografien aus Siebenbürgen.

Die Honterusmedaille wurde von dem Vorsitzenden des Siebenbürgenforums Martin Bottesch (links) und Bischof Reinhart Guib an den Akademiker und Städtehistoriker Dr. Paul Niedermaier (rechts) überreicht. Die Laudatio hielt der Historiker Dr. Harald Roth.   Foto: Cynthia PINTER

Der Höhepunkt des Sachsentreffens war auch heuer die Verleihung der Honterusmedaille, die diesmal an den Akademiker und Städtehistoriker Prof. Dr. Paul Niedermaier ging. Die Laudatio hielt der Historiker Dr. Harald Roth, der sich als erstes die Frage stellte: „Als was oder als wen feiern wir ihn? Als herausragenden Wissenschaftler, der auf ein jahrzehntelanges Forscherleben blickt und grundlegende Werke geschaffen hat? Als einen glaubensfesten Mann der Kirche, der ebenfalls über Jahrzehnte hin in wichtigen Funktionen ihre Geschicke mitgestaltet hat? Oder als geradliniges Mitglied der Gemeinschaft, das sich stets auch in gesellschaftlichen und politischen Fragen der Verantwortung gestellt hat? Sicher feiern wir ihn für all das zusammen, für seine außergewöhnlichen Leistungen im Hauptberuf genauso wie für das erfolgreiche Engagement im Ehrenamt und für sein uneigennütziges gesellschaftliches Wirken. All dieses knapp zusammenzufassen ist angesichts der übergroßen Fülle eine gewisse Herausforderung.“ Eine Herausforderung, die Dr. Harald Roth meisterte und dessen gesamte Laudatio in einer nächsten HZ-Ausgabe zu lesen sein wird. Die Honterus-Medaille, die vom Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen und der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien verliehen wird, wurde von Martin Bottesch und Bischof Reinhart Guib an Paul Niedermaier vergeben und letzterer nahm sie dankend an.

Mit der Theatervorstellung „Esi woor et…“ von Hilde Juchum und der siebenbürgisch-sächsischen Theatergruppe Ingolstadt und dem Besuch der Fluchtburg auf dem Berg endete beim gemütlichen Beisammensein der zweite Tag des Sachsentreffens. Am Sonntag standen noch der Gottesdienst und eine Wanderung mit Picknick auf dem Programm.

Das gut gelungene Sachsentreffen in Keisd soll als Vorgeschmack auf das Große Sachsentreffen in Hermannstadt gelten, das vom 2.-4. August 2024 stattfinden wird und zu dem sich schon Gäste von Nah und Fern angemeldet haben, u.a. auch aus den Vereinigten Staaten und Kanada. Das Motto des Großen Sachsentreffens lautet „Heimat ohne Grenzen“ und geplant sind Kulturveranstaltungen aller Art in Hermannstadt und Umgebung. An dem großen Festwochenende 2024 wird mit der Teilnahme von über 10.000 Besucherinnen und Besuchern gerechnet.

Ruxandra STĂNESCU

Cynthia PINTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.