Ein lachendes Säuseln von Wohlgefühl

Teile diesen Artikel

Lehrende und Lernende vom Samuel-von-Brukenthalgymnasium im Heiligenhof

Ausgabe Nr. 2837

Es ist Spätsommer in Bad Kissingen. Daria und ich sitzen auf einer weißen Bank in einem hübsch angelegten Park. So wie alle anderen Bänke, ist unsere auf eine Bühne ausgerichtet. Eine kleine Bühne mit einem kleinen Orchester. Sie spielen Musik aus verschiedenen Kulturen und sagen den ein oder anderen Witz dazu. Es kommt eine ältere Dame zu uns. Sie lächelt und fragt, ob neben mir noch Platz sei. Ich nicke, sie setzt sich. Sie trägt grüne Hosen mit einem grünen Hemd. Dazu einen weißen Hut und rote Lippen.

Keck überschlägt sie die Beine und schaut mal zu den Musikern mal zu uns. Irgendwann lehnt sie sich zu mir und fragt, wie ich heiße. „Paula“ antworte ich ihr. Ob ich denn von hier, aus Bad Kissingen komme. „Nein“, sage ich „ich bin mit einem Schulausflug hier.“ Sie hebt die Augenbrauen und ich erkläre: „Naja, wir sind eine Gruppe von 26 Schülern und drei Lehrern aus Hermannstadt, angereist, um bei einem Seminar beim Heiligenhof teilzunehmen“. „Ah, der Heiligenhof“, sagt sie und nickt „worum geht’s denn da bei eurem Seminar?“ „Zusammen mit Schülern aus Deutschland simulieren wir den Rat der EU. Wir vertreten alle ein Land und diskutieren dann zu verschiedenen Themen.“ „Aiaiai“, die Dame zieht die Augenbrauen hoch und lächelt.

Die Musiker spielen eine Polka und ich denke daran, dass ich ihr noch von unserem Besuch bei der Wartburg erzählen könnte. Von den schön bemalten Wänden, von der Lutherstube und ihrem Tintenfleck. Ich könnte ihr auch von unserem Besuch in Weimar erzählen, von unseren neuen Freunden Goethe und Schiller (siehe Gruppenbild). Ich könnte ihr auch von unserem Besuch in Buchenwald erzählen und von unserer Bestürzung über die Gräueltaten. Ich könnte ihr von der Busfahrt zurück erzählen, durch die schönen Wälder. Es erklingt ein Walzer. Ihre Fußspitzen wippen im Takt der Musik mit. Sie dreht sich erneut zu mir um und fragt „Könnt ihr Jugendliche von heute eigentlich noch tanzen? Also richtig, Walzer und so.“ Daria und ich lachen „Kommt drauf an mit wem. Und Sie?“ Fast empört sagt sie „Aber hallo!“ Wir lachen nun alle drei.

Das Konzert geht zu Ende, es wird geklatscht, wir stehen auf. Wir winken der Dame in Grün noch einmal zu und machen uns auf den Weg Richtung Heiligenhof, welcher ein wenig außerhalb des Städtchens liegt. Aus Bad Kissingen dauert das etwa eine halbe Stunde zu Fuß. Wir schlendern durch die Innenstadt und schauen an den hübsch renovierten Fassaden hoch. Das Städtchen hat etwas Majestätisches an sich, man merkt, dass es ein Kurort für die war, die es sich leisten konnten. Beim Heiligenhof angekommen, beeilen wir uns mit dem Essen, wir wollen noch in die Therme gehen. Bald darauf schlendern wir über die benachbarte Wiese. Vor uns ein rosa Sonnenuntergang, in der Gruppe ein lachendes Säuseln von Wohlgefühl. Mit der Aussicht auf die warmen Bäder denke ich an die Dame in Grün. Wie schön muss es sein, wie sie hier zu wohnen und jeden Abend im Sonnenuntergang noch eine Runde baden zu gehen.

Paula DÖRR

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Allgemein.