Dem dreyeinigen Gott zu Ehren

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Tobsdorfer Orgel nach eingehender Restaurierung in Mediasch eingeweiht

Ausgabe Nr. 2838

Orgelbauer Árpád Magyar von der Honigberger Orgelbauwerkstatt (rechts, stehend) stellte gemeinsam mit Musikwart Jürg Leutert (links, auf der Spielbank) die wiedereingeweihte Tobsdorfer Orgel vor.   Foto: Beatrice UNGAR

Wer erraten konnte, wie oft der Kuckuck in dem Werk ,,Capriccio sopra il cucu“ von Johann Caspar Kerll (1627-1693) ruft, eigentlich, wie oft die Orgel diesen allbekannten Ruf anstimmt oder ,,anschlägt“, könne einen Preis gewinnen, versprach die Musikerin Ursula Philippi und setzte sich an den Spieltisch der am Samstag wiedereingeweihten Tobsdorfer Orgel in der evangelischen Margarethenkirche in Mediasch. Es sei die dritte Orgeleinweihung in dem von der in der Evangelischen Kirche A. B. Rumänien ausgerufenen ,,Jahr der Kirchenmusik“, stellte Bischof Reinhart Guib in seiner Predigt im Festgottesdienst fest.

Nach den Orgeln in den evangelischen Kirchen in Bistritz und in Großau wurde die Orgel aus der Tobsdorfer evangelischen Kirche in der evangelischen Margarethenkirche wieder eingeweiht. Pfarrer Wolfgang Arvay sagte in seinem einführenden Wort: ,,Presbyterium, Pfarrer, ein Chor, viele Gemeindeglieder sind wir hier zusammen mit der Leitung des Kirchenbezirkes Mediasch und wir feiern wieder, dass etwas aus Tobsdorf hier bei uns gelandet ist. Ein Schmuckstück, die Orgel, steht hier noch ganz still in dem Seitenschiff und wir warten ungeduldig darauf, dass sie ihre Stimme erklingen lässt. Es sind nicht 100 Jahre vergangen wie beim Dornröschen, doch auch fünfzehn Jahre sind viel für eine Orgel, wenn sie nicht mehr regelmäßig gespielt wird. Doch das soll sich nun ändern und wir sind sehr froh: Die Königin der Instrumente ist nun erwacht. Wir begrüßen hier Tobsdorfer, Gäste aus Hermannstadt, viele Musiker, Gäste aus der Schweiz, Leute, die großzügig gespendet haben, letztendlich auch die Orgelbauer, in deren Obhut die Orgel eineinhalb Jahre war.“

Bischof Reinhart Guib bei seiner Predigt im Festgottesdienst. Links im Chorraum zu sehen ist das ebenfalls aus Tobsdorf stammende Gestühl.

Die Einweihungshandlung vollzogen Bischof Reinhart Guib, Dechantstellvertreter Pfarrer Ulf Ziegler und Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner und danach ließen der Mediascher Familienchor und ein kleines Instrumentalen semble unter der wie immer dynamischen und resoluten Leitung der Mediascher Stadtkantorin Edith Toth die Motette „Vias tuas, Domine“ des Hermannstädter Komponisten Philipp Caudella erklingen. Dabei erklang auch die Tobsdorfer Orgel erneut, gespielt von der Organistin Liv Müller.

Pfarrer Gerhard Servatius-Depner stellte seinerseits die Geschichte der ,,Übersiedlung“ und Restaurierung ,,der wunderschönen Barockorgel aus Tobsdorf, von Meister Georg Wachsmann im Jahr 1731 gebaut, in Birthälm und in Tobsdorf erklungen“ nach Mediasch in die Margarethenkirche vor, wo sie ihren Platz im Seitenschiff erhielt, wo vor 24 Jahren der Tobsdorfer Altar aufgestellt worden war.

Der Mediascher Familienchor führte mit einem Ad hoc Orchester und Unterstützung von Sängerinnen und Sängern aus Hermannstadt unter der Leitung von Stadtkantorin Edith Toth die Motette „Vias tuas, Domine“ des Hermannstädter Komponisten Philipp Caudella gleich zweimal auf.

Hier Auszüge aus seinem Rückblick: ,,In Tobsdorf selbst hat man nach 1990 selten Gottesdienste gefeiert. Die letzte Gottesdienstbesucherin Regina Klein haben wir bis fast zu ihrem Tod regelmäßig nach Hetzeldorf gebracht. Tobsdorfer Freunde luden manchmal ein, dann wurde die Orgel selbstverständlich gespielt. Im Jahr 2011 wurde auch ein größeres Tobsdorfer Treffen in Tobsdorf gefeiert. Langjährige Bewohner (Mieter) des ehemaligen Pfarrhauses haben musikkundig auch die Orgel gespielt, sogar regelmäßig, damit der Marder fernbleibe. Einige Male habe ich Motorradgottesdienste in Tobsdorf (mit)gefeiert, in denen auch die Orgel wieder erklang.

Vor mehr als 20 Jahren wurde schon ein Anlauf genommen, um die einzigartige, aber gefährdete Orgel aus Tobsdorf in der Mediascher Margarethenkirche zu sichern. Geplant war, sie auf die Schneiderempore aufzustellen. Damals waren unter anderen Orgelbauer Hermann Binder aus Hermannstadt, Orgelbauer Daniel Rüegg und seine Frau Katrin Müller aus Rifferswil/Schweiz, Organist David Homolya aus Budapest/Ungarn, dazu die Mediascher Organistin Edith Toth und weitere Personen in diesen Prozess eingebunden.

Der konkrete Umzug wurde aus verschiedenen Gründen viele Jahre verschoben bzw. das Projekt schlief fast ein. Der Tobsdorfer Altar wurde schon 1999, später das Taufbecken und zuletzt 2018 das in Hildesheim herrlich restaurierte Chorgestühl nach Mediasch umgesiedelt. Von den Mobilien der Tobsdorfer Kirche blieb nur noch die Orgel zurück, dazu auch der barocke Kanzeldeckel und Kirchenbänke.

Die in den letzten Jahren vor allem im Sommer stark ansteigende Luftfeuchtigkeit in den meisten alten Kirchen Siebenbürgens und der Hunger des Holzwurmes, dessen Appetit dadurch ungemein angeregt wird, taten das ihre, den Zustand der Orgel in Tobsdorf weiter zu verschlechtern. Im Juni 2020 erhielt der Musikwart der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, Jürg Leutert, von Friedhelm Huser aus Meißenheim die Einladung, an einer Sitzung zur Beratung über die Zukunft der Tobsdorfer Orgel teilzunehmen. Friedhelm und seine Frau Ada geb. Schneider, eine gebürtige Tobsdorferin, sind seit vielen Jahren maßgeblich daran beteiligt, kirchliche, aber auch diakonische Einrichtungen in Siebenbürgen zu unterstützen. Familie Huser besitzt ein Haus gleich neben der Kirche in Tobsdorf. Bei der Besprechung war auch Organist Frank Spengler aus Meißenheim anwesend, der bis zu einem gewissen Grad die Triebkraft des Projekts war. Er meinte, die Orgel müsse unbedingt und sehr rasch gerettet werden. Orgelbauer Hermann Binder, der das Projekt schon im ersten Anlauf begleitet hat, Pfarrer Gerhard Servatius-Depner und Organistin Edith Toth aus Mediasch wurden von der Sitzung erstmal unterrichtet.

Die gebürtige Tobsdorfer Organistin Ada Huser – hier beim Interview mit Alex Mihăilescu, Chefredakteur der Deutschen Sendung im Rumänischen Fernsehen – freute sich ganz besonders über die erfolgreiche Restaurierung der Orgel an der sie 1983 bis 1994 regelmäßig im Gottesdienst und nicht nur gespielt hat.

Alle Beteiligten waren sich einig, dass eine rasch vorgenommene Sicherung des Instrumentes das Beste sei: Abbau, Reinigung, Bestandsaufnahme, Behandlung gegen den Holzwurm, Wiederaufbau (in unspielbarem Zustand) auf der Schneiderempore der Mediascher Margarethenkirche. Die Kosten in Höhe von rund 5400 Euro wurden aus gesammelten Spenden beglichen.

Der Beschluss von 2004 war immer noch gültig, so stand dem Vorhaben nichts mehr im Wege. Einige Vorgespräche in Mediasch mit den verantwortlichen Pfarrern und mit der Kantorin gaben weiter Hoffnung, dass diese neue Initiative der Start zu einem erfreulichen, wenngleich sicher kostspieligen, arbeitsintensiven und langen Projekt sein könnte. Der Kontakt mit der Heimatortsgemeinschaft Tobsdorf in Deutschland verlief auch positiv. Musikwart Jürg Leutert nahm sofort Kontakt auf mit der Firma Construcţii Orgi şi Tâmplărie (COT) aus Honigberg (Hărman), die sich kurzfristig bereit erklärte, die Arbeiten durchzuführen. In 420 Arbeitsstunden mit sieben Fachkräften wurde in der Zeit vom 28. September bis 3. Oktober 2020 der Umzug der Orgel aus Tobsdorf nach Mediasch durchgeführt. Das Evangelische Bezirkskonsistorium Mediasch stellte sein größtes Fahrzeug samt Fahrer zur Verfügung, um die größeren Teile der Orgel umzuziehen. Wegen der Pandemie war es leider trotz konkreten Plänen niemandem vom Vorstand der HOG möglich, dabei zu sein. Friedhelm und Ada Huser, die zufällig zeitgleich die Reise aus Deutschland auf sich nahmen, waren an den ersten Tagen während des Abbaus vor Ort mit dabei und kümmerten sich rührend um das Wohl der hart arbeitenden Orgelbauer.

Ein kleiner Chor gebildet aus Kantorinnen und Kantoren, Organistinnen und Organisten , dirigiert von Cosmina Barna brachte im Festgottesdienst die Motette ,,Herr unser Herrscher“ von J. S. Bach zu Gehör.
Foto: Beatrice UNGAR

Die letzten Untersuchungen für das Angebot zur Restaurierung wurden am 20. Oktober 2020 vorgenommen: Árpád Magyar von der Honigberger Orgelbauwerkstatt nahm zusammen mit dem Farbrestaurator Radu Petrescu die Farbfassung des Gehäuses in Augenschein. Proben zeigten, dass große Teile der bemalten Oberfläche schon ein- bis mehrmals übermalt worden sind. Es wird sich lohnen, auf den mutmaßlichen Urzustand zurückzugehen, um wieder einen einheitlichen Eindruck der Orgel zu vermitteln. Glücklicherweise ist die Übermalung im ehemaligen Spieltischbereich leicht zu entfernen. Also wurde die originale Disposition der zehn Register wieder bekannt. Außerdem konnte noch festgestellt werden, dass im blau übermalten Medaillon über dem Spieltisch noch ein Text verborgen ist, was heute wieder sichtbar gemacht wurde.

Nun galt es, den nicht unerheblichen Betrag von rund 70.000 Euro für die Restaurierung so bald wie möglich aufzubringen. So wurde ein großer Spendenaufruf für die Rettung der Orgel gestartet. Etliche Institutionen aber auch viele Privatpersonen haben für die Tobsdorfer Orgel gespendet. Es gleicht einem Wunder, dass das Geld innerhalb eines Jahres zusammengekommen ist! Skeptiker, die es immer gab und geben wird, hatten dem Vorhaben wenig Chancen gegeben. Ein Interview, das Journalist Mircea Hodârnau mit Pfarrer Gerhard Servatius-Depner im Februar 2021 geführt hat, hat über das Vorhaben detailiert informiert. Es sollte aber auch Kunst- und Musikliebhaber aus Mediasch für dieses Projekt begeistern, leider mit keinem Ergebnis.

Es mussten auch einige Gespräche geführt werden wegen des neuen Standorts der Orgel. In der östlichen Ecke des nördlichen Seitenschiffs, wo die Orgel nun steht, stand ja schon der Tobsdorfer Altar, der vor wenigen Wochen auf die westliche Seite des nördlichen Seitenschiffs, Richtung Trompetenturm, versetzt wurde. Auch zahlreiche weitere Fragen kamen im Laufe der Vorbereitung auf, die gelöst werden mussten. Musikwart Jürg Leutert war ein sehr eifriger Koordinator des Gesamtprozesses. Die Honigberger Firma hat die Orgel letztes Jahr in Mediasch abgebaut und nach Honigberg gebracht. Am 2. Oktober 2023 – pünktlich nach einem Jahr – wurde sie wieder in die Margarethenkirche gebracht und bis 13. Oktober aufgestellt.

Hochprofessionell, mit viel Geduld und Liebe zum Detail ist dieses wertvolle Instrument restauriert worden. Wir freuen uns sehr, dass engagierte Menschen und großzügige Institutionen für dieses wichtige Projekt der Rettung der Tobsdorfer Orgel gefunden wurden. Mit einem großen Einsatz von vielen Beteiligten wurden Schritte möglich, die Durchführung zu schaffen.

Die Tobsdorfer Orgel hat es verdient, in diesem zweiten Anlauf an ihrem dritten Standort (1731-1794 in Birthälm, 1794-2020 in Tobsdorf, ab 2023 in Mediasch) eine gute Heimat zu finden. Möge sie noch viele weitere Jahre – wie der alte Johann Sebastian Bach sagte – ‚zum Lobe Gottes und Gemüths-Ergetzung‘ gesehen und gehört werden.“

Auf dem Medaillon links vom Spieltisch auf dem Prospekt steht ,,Dem dreyeinigen Gott zu Ehren“. Diesem Motto entsprach auch das Konzert am frühen Nachmittag, in dessen Rahmen Orgelbauer Hermann Binder und Restaurator Árpád Magyar aus Honigberg über die Geschichte der Orgel referierten. Es erklang Musik, insgesamt neun Organisten brachten das historische Instrument in der Kirche zum Klingen: Cosmina Barna, Brita Falch Leutert, Karina Fernandez Samodaiev, Ada Huser, Jürg Leutert, Liv Müller, Ursula Philippi, Edith Toth und Klaus Dieter Untch.

Beatrice UNGAR

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.