Austausch und Begegnung als Basis

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Tagung zu 30 Jahren ,,Hoffnung für Osteuropa“ im Tagungshaus der EAS

Ausgabe Nr. 2839

Gruppenbild mit den Teilnehmenden.                                  Foto: Sándor PATAKI

30 Jahre ist es jetzt her, dass „Hoffnung für Europa” von Diakonie und Evangelischer Kirche in Deutschland in Zusammenarbeit mit den Evangelischen Hilfswerken der Ostkirchen gegründet wurde. Unter dem Motto „Vom Hilfswerk zur Social Innovation?” standen jetzt in der Evangelischen Akademie Siebenbürgen (EAS) Begegnungen und Reflektionen der langjährigen Zusammenarbeit von deutschen und rumänischen kirchlichen und diakonischen Institutionen im Zentrum. Vom 11. bis 12. Oktober trafen sich rund 40 Expertinnen und Experten im Tagungshaus der EAS in Hermannstadt.

Eingerahmt war die Tagung von Projektbesuchen in Klausenburg sowie in Hermannstadt und Umgebung. So gab es beeindruckende Begegnungen mit alten Menschen und Flüchtlingen und Treffen mit der Kirchenleitung. Deutlich wurde, dass Hoffnung für Osteuropa” gerade in Zeiten zunehmender Krisen und Kriegen in Europa und Nahost sowie einem wachsenden Rechtsruck in den meisten europäischen Gesellschaften wichtiger denn je ist. Allerdings wird es zunehmend um die kreative Lösung sozialer Probleme gemeinsam mit vielen Partnern der Kirchen und ihrer Diakonie gehen und weniger um die in früheren Jahren im Vordergrund stehende rasche Problemlösung in Form von Hilfstransporten.

Zu spüren war bei den Teilnehmern aus beiden Ländern ein großes Interesse und ein vertrauensvolles Miteinander auf Augenhöhe. Eine Herausforderung wird für die Projektverantwortlichen auf beiden Seiten sein, zukünftig neue Rollen zu finden, denn nach wie vor sind Lebensverhältnisse ungleich gestaltet, Projekte rumänischer Partner sowohl auf die gemeinsame Suche nach neuen Wegen als auch weiterhin auf finanzielle und fachliche Unterstützung angewiesen. Die Teilnehmer äußerten übereinstimmend die Überzeugung, dass dies nur auf Basis von intensivem Austausch und Begegnung geht, man sich einander suchen und miteinander leben muss.

Zu Beginn machte Bischof Reinhart Guib von der Evangelischen Kirche in Rumänien A.B. deutlich: Wir haben erlebt, dass Gott uns hilft. Not wurde gelindert und Menschen würdiges Leben ermöglicht”. So konnte man schwere Zeiten überstehen. Sie haben Hoffnung in unser Herz gebracht und uns Hilfe zur Selbsthilfe gelehrt”, sagte er mit Blick auf die Verantwortlichen der deutschen kirchlich-diakonischen Hilfsorganisation.

Thomas Kraft und Pétur Thorsteinsson, Sprecher von Hoffnung für Osteuropa” auf Bundesebene, äußerten als Wunsch für die Zukunft, dass es darum gehe, auf dem Weg zu einem sozialen Europa Gemeinsamkeiten zu finden und Brücken zu bauen zwischen Ost und West, zwischen Süd und Nord. Hier sei es wichtig, sich gegenseitig wahrzunehmen, sich zu begegnen und gemeinsam unterwegs zu sein und gemeinsam zu lernen.

Der Historiker Dr. Rudolf Gräf wies mit Blick auf die Geschichte Rumäniens und die Versorgung von Menschen in sozialen Notlagen darauf hin, wie wichtig es ist, Vertrauen in eine gute Zukunft zu haben. Man hat gesehen, wenn die Hoffnung nicht existiert, werden Menschen unwürdig behandelt”. Die nach der Diktatur wiedergewonnene Freiheit gelte es jetzt zu nutzen und sich der damit verbundenen Pflichten und Anstrengungen eines jeden zu erinnern. Und er sei sicher, dass die rumänische Gesellschaft konsequent einen europäischen Weg geht und zu den vereinbarten Bündnissen steht.

Henry von Bose, württembergischer evangelischer Pfarrer im Ruhestand und erster Geschäftsführer von Hoffnung für Osteuropa”, bezeichnete den gemeinsamen europäischen Weg vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheiten so: Anders Sein ist auch ein Kennzeichen des Lebens, weil es darum geht, die Würde des Anderen zu bewahren, auf ihn zu achten und so soziale Ausgrenzung zu bekämpfen”. Und das gehe eben nur miteinander und sei auch keine Einbahnstraße.

Pfarrer Gerhard Wagner berichtete aus Perspektive der Diakonie Karlsburg/Alba Iiulia. Als wir Diakonia als Verein gegründet haben, wussten wir nicht einmal, wie arm wir sind”, so der Theologe. Doch die deutschen Sozialpartner hätten zu ihrem Wort gestanden und seien immer wieder gekommen. „Sie öffneten uns die Augen für Missstände, wir haben ja mit denen gelebt und sind oft unmenschlich mit den Betreuten umgegangen. Sie zeigten Lösungen und brachten Geld, Methoden und Wissen”.

Auch Friedrich Gunesch, Hauptanwalt der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, lobte die gute Verbindung über alle Jahre mit Hoffnung für Osteuropa”: Wir setzen jetzt auf Innovation in der Projektarbeit und mehr Vernetzung mit lokalen Partnern. Diakonie und Kirche können die Zukunft nur gemeinsam gestalten.”

Am Nachmittag des ersten Tages stellten Projektverantwortliche aus Rumänien und ihre deutschen Partner neben praktischen Erfahrungen auch Visionen und Herausforderungen dar. Diese wurden in moderierten Gesprächsrunden vor dem Hintergrund der aktuellen Sozialhilfe in Rumänien gemeinsam reflektiert.

Am zweiten Tag ging es im Spiegel der reflektierten Erfahrungen in Workshops darum, wie Begegnungen in Zukunft aussehen können und welche Rollen die jeweiligen Partner dabei spielen. Man fragte sich, was Innovation für die zukünftige Zusammenarbeit heißen kann und wie bewährte Beteiligungsformen auch in der rumänischen Projektarbeit angewandt und wirksam werden können. Auch hier wurde deutlich, dass die Arbeit von Hoffnung für Osteuropa” ein wichtiger Baustein europäischer Völkerverständigung und Verbindung ist und jetzt die nachwachsenden Generationen eingebunden werden müssen, damit die Zusammenarbeit auch in dieser Hinsicht Zukunft hat.

Wolfram KEPPLER

Diakonie Württemberg

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.