Der Kirchenpräsident der Landeskirche Anhalts zu Besuch in Siebenbürgen
Ausgabe Nr. 2828

Bischof Reinhart Guib (rechts) zeigt seinem Amtskollegen, Kirchenpräsident Joachim Liebig die Galerie der ehemaligen Bischöfe. Foto: der Verfasser
Wie groß muss eine Kirche sein, um ihre Aufgaben bewältigen und vor allem die Botschaft von Jesus Christus überzeugend verbreiten zu können? Diese Frage wird in Deutschland, wo es unter dem Dach der Evangelischen Kirche in Deutschland einige Gliedkirchen mit über einer Million Mitglieder gibt, lauter gestellt als in Siebenbürgen. Denn auch wenn die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien offiziell „nur“ 11.000 Mitglieder vereint, ist sie als Institution doch nicht angefragt. Die Evangelische Landeskirche Anhalts, die auf dem Gebiet des historischen Herzogtums Anhalt im heutigen Sachsen-Anhalt verortet ist, wird mit ihren rund 26.000 Mitgliedern hingegen manchmal beargwöhnt. Wie kann eine Kirche so klein sein?
Das hat ebenso wie in Siebenbürgen historische Gründe. Beide Kirchen vereint jedenfalls die Existenz in der Minderheit. In Rumänien konstituiert sich diese im Gegenüber zu anderen Konfessionen. In Anhalt hingegen gehören nur rund 15 Prozent der Menschen überhaupt einer Kirche an. Die Arbeiterbewegung ab den 1920er Jahren, die NS-Diktatur und vor allem das DDR-Regime haben ihre Spuren hinterlassen. Doch die Kirchen in Anhalt und Siebenbürgen verbindet noch mehr, zum Beispiel die Freundschaft ihrer leitenden Geistlichen, die sich seit vielen Jahren aus der evangelischen Gremienarbeit kennen. So war Ende Juli der Kirchenpräsident der Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, auf Einladung von Landesbischof Reinhart Guib zu Gast in Siebenbürgen, gemeinsam mit seinem Pressesprecher und Autor dieser Zeilen, der in Kronstadt als Siebenbürger Sachse geboren wurde und nach der Auswanderung ein Studienjahr in Hermannstadt und Klausenburg verbracht hat.

Johannes Killyen, Tiberiu Baruch und Joachim Liebig vor dem Haupteingang der Synagoge in Hermannstadt (v. l. n. r.). Foto: Beatrice UNGAR
Auf dem Programm standen in Hermannstadt u. a. das Begegnungs- und Kulturzentrum Friedrich Teutsch mit Leiterin Dr. Gerhild Rudolf und die Synagoge mit dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Tiberiu Baruch. In der näheren Umgebung wurden Burg und Elimheim in Michelsberg besichtigt und die frisch renovierte Heltauer Kirche mit Hauptanwalt Friedrich Gunesch, Pfarrer Zorán Kézdi und Dr. Stefan Tobler, Leiter des Instituts für Ökumenische Forschung.
Weitere Stationen einer intensiven partnerschaftlichen Besuchsreise waren Mediasch, Schäßburg, Meschen, Birthälm und Tartlau, hier mit einem Besuch beim ehemaligen Hermannstädter Kantorenehepaar Philippi. Am 30. Juli hielt Kirchenpräsident Liebig im Sonntagsgottesdienst in der Schwarzen Kirche in Kronstadt die Predigt. Die liturgische Leitung hatte Stadtpfarrer Christian Plajer, an der Buchholz-Orgel spielte Kantor Steffen Schlandt – der auch ein Konzert des Kronstädter Jugendbachchores in der Tartlauer Kirche leitete.
In Erinnerung bleiben von dem Besuch neben einzigartigen Kirchen und Kirchenburgen die wunderbare Gastfreundschaft, spannende Begegnungen und die höchst engagierte Arbeit der Haupt- und Ehrenamtlichen. Beraten wurde auch über einen weiteren Austausch zwischen den beiden Kirchen. „Wir können voneinander lernen und profitieren“, sagte Kirchenpräsident Joachim Liebig und war sich mit seinem Amtskollegen Reinhart Guib einig, dass keine großen Strukturen nötig sind, um das Evangelium zum Leuchten zu bringen. Besonders beeindruckt zeigte sich Liebig von dem Projekt der jugendlichen Kirchenführerinnen und Kirchenführer in mehreren Gemeinden. „Grundsätzlich imponiert mir die Zuversicht und Beharrlichkeit, mit der hier kirchliche Arbeit geleistet wird. Sie begreift Kleinheit nicht als Defizit, sondern richtet den Blick auf das, was möglich ist, und auf die Menschen – nicht nur Gemeindeglieder – die erreicht werden können.“
Johannes KILLYEN