Ausgabe Nr. 2829
Ende des 17. Jahrhunderts kam Siebenbürgen unter die Herrschaft der Habsburger. Es wurde aber nicht sofort in ihr Imperium integriert. Zuerst brauchte man das Land als Winterquartier und Proviantlieferant für die an der Zurückdrängung der Osmanen beteiligten Truppen. Der in Ungarn ausgebrochene Aufstand der sog. Kurutzen (1703-1711) hat auch in Siebenbürgen v.a. die Unzufriedenen, die Marginalisierten, die isolierten und schlecht bezahlten Söldner, sowie die Flüchtlinge aus Ungarn angesprochen. Die Sachsen und der Hochadel blieben Habsburg treu.
Bis etwa 1770 hat Wien im Land nichts investiert, dafür aber eine straffe Bürokratie aufgebaut, mit dem einzigen Ziel, das Militär zu versorgen. Siebenbürgen wurde also zur regelrechten Pufferzone zum Osmanischen Reich. Im Zeichen des Merkantilismus wurde in den letzten drei Jahrzehnten in die Textilindustrie investiert, ebenfalls um Uniformen anzufertigen. Kaiser Joseph II. versuchte 1780-1790 den siebenbürgischen Partikularismus, d.h. die Mischung von mittelalterlichen Privilegien und Gewohnheitsrecht abzuschaffen, was zur allgemeinen Unzufriedenheit führte, denn die Sachsen und der Adel mussten auf ihre Privilegien verzichten, die Szekler in ihrem offiziellen Schriftverkehr das Deutsche verwenden. Groß war die Erleichterung, als der naive Kaiser auf dem Sterbebett seine Reformen widerrief. Während die Sachsen die Wiedergewinnung ihrer alten rechte als ein willkommenes Boost zur Selbstverherrlichung und letztlich Selbsttäuschung feierten, nahmen der Adel und die Szekler den Widerruf als Warnung auf und begannen im Sinne des aufkommenden napoleonischen Nationalismus zusammenzuarbeiten. Die Rumänen, die ihre natio valahica nicht genehmigt bekommen haben, identifizierten sich immer mehr mit den antiken Völkern Siebenbürgens.
An der Wende zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert war Michelsberg ein armes Dorf. Es hatte wenig Ackerland, wenig Wein und wenig Wachs. Damals wohnten hier 130 Steuerzahler, von denen nur zwei wirklich wohlhabend waren. Der reichste Mann in Michelsberg hieß Georg Greger, mit einem Bargeldvorrat von 845 Gulden. Davon hätte er sich 70,4 Wiesen mit Obstbäumen kaufen können, denn eine kostete um die Zeit 12 Gulden. Greger besaß sechs Pferde, die meisten Michelsberger je drei. Die Bewohner lebten v.a. nach ihren Obstgärten.
Am 27. August 1705 kam es zu einem traurigen Zwischenfall im Zusammenhang mit dem Kurutzenaufstand. Kaiserliche Soldaten kamen aus Heltau. Ihnen gingen der Dorfrichter und mehrere Michelsberger entgegen, um sie zu begrüßen. Der kaiserliche Rittmeister hielt sie aber für Aufständische und griff sie an. Der Richter wurde verletzt. Im selben Jahr wurde Michelsberg von einer anderen kaiserlichen Einheit geplündert und in Brand gesetzt. Fünf Bewohner kamen dabei ums Leben. Während der Kurutzenzeit hielten sich die Leute meistens auf der Burg auf.
1709 stiftet Georg Greger eine neue Orgel der Kirche, das Positiv dazu wird 1724 bestellt.
1721 wird wiederum festgestellt, dass die Michelsberger zu wenig Land haben. Dafür besitzen sie schöne Obstgärten. Sie leben von Wein- und Obstbau, sowie vom Holztransport. Die Kirschen von Michelsberg sind schon im ganzen Stuhl bekannt. Es gibt 125 Wirte auf 103 Höfe, 22 Familien besaßen also kein eigenes Haus. Im Dorf gab es in diesem Jahr: 257 Pferde, also etwa zwei pro Familie. Kühe gab es nur 205. Die Zahl der Kälber war 135, die der Bienenstöcke 147. Die Michelsberger pachten Grund von Hermannstadt und Neppendorf, wahrscheinlich die Felder, die 1921 Reschinar übertragen worden sind. Im Silberbach fangen sie viele Forellen. Wir befinden uns nach der großen Pestepidemie von 1718-1720, die Bevölkerung ist nur leicht zurückgegangen, die Pest muss hier also weniger gewütet haben. Das Dorf ist aber ärmer als zum Ausgang des vorigen Jahrhunderts.
1723 müssen die Michelsberger fürs Militär Straßen bauen. 1741 entsteht ein beliebtes Wahrzeichen Michelsbergs, der Halbe Stein. Der Hermannstädter Magistrat hat ihn halbieren lassen, um Mühlsteine daraus zu gewinnen. Die Qualität des Steines ist aber nicht entsprechend und der Steinbruch wird aufgegeben.
1743 gibt sich die „Vornachbarschaft“ Artikel. Eine hölzerne Turmuhr wird 1760 aufgestellt.
Die baufällige Kirche wird abgetragen, der Turm bleibt stehen. Die heutige Kirche wird 1764 gebaut. Die Gemeinde ist aber zu arm für den Bau, so nimmt sie 1000 Gulden Kredit von Carl von Sachsenfels, dem Talmescher Stuhlsrichter und Kastellan des Rothen Turmes, auf. Die Schuld wird bis 1767 beglichen. Die Innenausstattung von 1680 und 1736 wird wiederverwendet. Wohl im Zusammenhang mit dem Kredit von Sachsenfels, bittet die Gemeinde die Nationsuniversität 1765 um Steuernachlass. 1770 wird das jetzige Pfarrhaus gebaut.
Die alte Mühle wird 1721 erwähnt, eine neue, hinter der Burg für den Pfarrer und Prediger 1775 errichtet. Etwas später wird die „obere Mühle“ am Mühlkanal gebaut. 1778 wird die Kirche auf dem Berg nach längerer Zeit wieder mit einem Dach versehen. Der alte Friedhof neben der Kirche wurde voll, so legt man 1785 einen neuen am Westende des Dorfes an.
1786 hat Samuel von Brukenthal, der Gubernator Siebenbürgens seine vornehmen Gäste in Heltau bewirtet. Nach dem Essen sind sie nach Michelsberg gekommen, um die schöne Landschaft zu genießen. Das ist der Anfang von Michelsberg als Luftkurort, der Tourismus beginnt. Brukenthal wollte noch etwas hier sehen, bzw. sich etwas anhören. Ein Michelsberger hatte sich selbst ein orgelartiges Instrument gebaut und darauf gespielt. Der Anfang der Konzertreihen in Michelsberg!
1787 wird festgestellt, dass in der Bergkirche Truhen und Fruchtkästen aufbewahrt wurden. Die Nordapsis diente früher als Sakristei, darin entdeckte man Waffen und eine alte Truhe mit Monstranzen und einem Bild der hl. Dreieinigkeit. In diesem Jahr gibt sich die Bruderschaft Artikel.
Laurentius Weidenfelder jun., der berühmteste Pfarrer Michelsberg diente hier zwischen 1739 und 1755. Er war Historiker, Abschreiber von Urkunden, Paläontologe und Sammler von Antiquitäten. 1693 geboren, sein Vater war ebenfalls Pfarrer von Michelsberg, studierte er in Jena, Wittenberg, Leyden und Utrecht. Nach seiner Rückkehr wurde er Prediger in Mühlbach, 1724 Schulleiter. Hier forschte er zur Stadtgeschichte. Er wurde Pfarrer von Donnersmarkt, wo er nach römischen Funden grub. Zwischen 1734 und 1739 war er Pfarrer von Großprobstdorf. Eine seiner Handschriften betitelte er „Noctes Michaelis Montane“. Wenn er nachts nicht schlafen konnte, schrieb er zur Geschichte der Römer in Dakien.
Im 18. Jahrhundert ist also die Zeit der Modernisierung in Michelsberg: neue Orgel, neue Kirche, neues Pfarrhaus. Straßen werden gebaut und der Baron Brukenthal entdeckt die Michelsberger Sommerfrische.
András BÁNDI