Männerkritik in Pink

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,,Barbie“ hat schon eine Milliarde US-Dollars eingespielt

Ausgabe Nr. 2828


Filmszene mit Ryan Gosling (Ken) und Margot Robbie (Barbie).
Fotos: Warner Bros. Pictures

Der Film beginnt mit einem perfekten Tag in Barbieland – der makellosen Welt, in der Frauen regieren und Männer als nutzlose Nebendarsteller um Barbies Aufmerksamkeit kämpfen. Wie zu erwarten, hält die Idylle nicht lange und Barbie (Margot Robbie) muss mit Ken (Ryan Gosling) in die echte Welt reisen, um die Ordnung in Barbieland wiederherzustellen. Hier treffen sie auf Vorstandschefs, systemkritische Jugendliche und eine überforderte Mutter, liefern sich Verfolgungsjagden und fahren Inline-Skates im Kampf gegen das Böse.

Genau aus diesen Zutaten backt „Barbie“ eine feministische Gesellschaftskritik, die auf den ersten Blick einleuchtet: Frauen haben in der echten, unseren Welt mit viel zu vielen Vorurteilen, doppelten Standards und systematischer Benachteiligung zu kämpfen. Das Männerbild des Films zeigt hingegen das andere Extrem, es geht um Männlichkeitssymbole wie Cowboy-Klamotten, um Machotum und frauen-undurchlässige Firmenstrukturen. Als Ken zum Beispiel einen Geschäftsmann fragt, wieso das Patriarchat nicht funktioniere, antwortet dieser in etwa „Oh es funktioniert, wir verstecken es mittlerweile nur besser“.

In dem Sinne ist der Vorwurf der Eindimensionalität durchaus angebracht, der Film spricht in Absoluten: Männer sind egoistisch und schlicht blöd, Frauen sind die eigentlichen Helden, aber scheitern am Patriarchat. Auch wenn man auf mehr Tiefgang hoffen mag, passt dieser flache Feminismus aber gut in den Film. Die ganze Geschichte wirkt nämlich so, als spiele ein junges Mädchen mit ihren Puppen. Da gibt es nicht unbedingt eine tiefgründige Moral, keine erstaunenden Charakterentwicklungen und ebene eher gestellt wirkende Dialoge – wie sich eine Fünfjährige eine Geschichte halt vorstellen würde.

Tanzszene mit Margot Robbie (Barbie).

Wobei man doch einräumen muss, dass der Film gewisse Themen ganz gut übermittelt. Drehbuchautorin Greta Gerwig karikiert toxische Männlichkeit und ruft Männer zur Selbstakzeptanz und Emanzipation von äußerer Anerkennung auf. Und Barbie, als extreme Feministin, lernt, dass Männer nicht völlig nutzlos sind. Hier hat der Film leider viel Potential verschenkt, schließlich ist diese Minimalbotschaft über Männer auch eher eine Binsenweisheit.

Letztendlich bleibt ,,Barbie“, wie auch schon Filme wie ,,Lego Movie“ und ,,Der Super Mario Bros. Film“ ein Film über Spielzeug, und Barbie-Hersteller Mattel wird sich sicher über eine Verkaufswelle freuen. Obwohl Mattel selbst im Blockbuster nicht von Sarkasmus verschont wird, bleibt einem doch das nagende Gefühl der Doppelmoral des Unternehmens im Hinterkopf. Schließlich steht kein Unternehmen so wie Mattel für unrealistische Körperbilder – selbst für den Film wurde keine vollschlanke Barbie eingeführt – und in Sachen Diversität hinkt der Hersteller auch noch hinterher. Der Film steht also eher für die kapitalistische Variante von Feminismus: Hauptsache es verkauft sich.

Trotz alldem macht der Film Spaß. Die Musiknummern sind mitreißend, die einzelnen Songs selbst erobern momentan die Charts. Das Setdesign ist wunderschön – so schön, dass kurzzeitig weltweite Lieferengpässe der pinken Farbe auftraten, weil so viel für das Bühnenbild gebraucht wurden. Die Witze sind kindisch, aber lustig und eher von Slapstick-Humor dominiert. Die Starbesetzung überzeugt auf ganzer Linie – neben Margot Robbie und Ryan Gosling glänzen Comedy-Legende Will Ferrell und Serien-Stars Emma Mackey und Ncuti Gwata. Wenn man also von der schwachen Handlung und der mittelmäßigen Botschaft des Filmes absehen kann, verbringt man hier durchaus einen unterhaltsamen Familienabend.

Lorenz ZECK

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Film.