Fulminante Forschungsvorträge

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Tagung zum Auftakt von ,,ASTRA multikulturell“

Ausgabe Nr. 2825

Gruppenbild mit Kulturanthropologen und Museumswissenschaftlern aus ganz Rumänien vor dem Multikulturellen Pavillon am Haupteingang des ASTRA-Freilichtmuseums.                                             
Foto: Beatrice UNGAR

Zur Eröffnung der Projektwoche „ASTRA multikulturell“, die vergangene Woche im Hermannstädter ASTRA-Freilichtmuseum im Jungen Wald stattgefunden hat, gab es eine Session wissenschaftlicher Vorträge zu ethnografischen Themen unter dem Titel ,,Kulturerbe. Werte. Nationale und internationale Perspektiven“. Namhafte Kulturanthropologen und Museumswissenschaftler Rumäniens stellten ihre jüngsten Forschungsarbeiten vor.

Theoretische Aspekte und konkrete Mitteilungen aus der Feldforschung ergänzten sich beispielhaft. Erwähnenswert ist auch die gute Rhetorik: Alle Vortragenden des ersten Abends (12. Juli) sprachen frei und hielten die Redezeiten ein. Nach den einleitenden Worten der Museumsleitung, der stellvertretenden Generaldirektorin Dr. Mirela Crețu und zwei kurzen Grußworten folgten vier spannende Präsentationen. Prof. Dr. Ioan Opriș von der Valahia-Universität aus Târgoviște hielt allen Museumsmachern einen Spiegel vor, als er nach der Glaubwürdigkeit der Museen fragte. Das rumänische Wortspiel „Credibil / incredibil“ (wobei „incredibil“ nicht nur „unglaubwürdig“, sondern auch „unglaublich“, also „unglaublich toll“ heißen kann) gab Anlass zu zahlreichen Überlegungen. Prof. Dr. Gabriela Nedelcu-Păsărin aus Craiova untersuchte kommunikationswissenschaftliche Aspekte im Dreieck Museumsmacher – Exponat – Besucher, und das mit „oltenischer“ Verve.

Dr. Ligia Fulga, langjährige Leiterin des Kronstädter Volkskundemuseums, gab anhand seltener Archivbilder Einblick in das erst kürzlich erforschte Schicksal siebenbürgischer rumänischer Schafhirten auf der Krim (!) in den 1920-er Jahren und sprach auch über ihre neue Stiftung, die „Ligia-Fulga-Stiftung“ zur Vermittlung ethnografischen Wissens.

Karla Roșca (Koord.): Ceramica rituală. Ceramica utilitară/Ritualkeramik. Gebrauchskeramik. Beiträge zum 51. Internationalen Keramiksymposium des Arbeitskreises für Keramikforschung, Hermannstadt, 2018. Editura ASTRA Museum, Hermannstadt 2023, 260 S., ISBN 978-606-733-330-5. Der Sammelband liegt beim ASTRA-Museum bzw. beim Hermannstädter Forum kostenlos vor.

Den Abschluss des ersten Abends machte die Präsentation der Feldforschung von Dr. Camelia Burghele vom Geschichts- und Kunstmuseum Zalău: „Dress code tradițional“. Aus unzähligen Interviews in der Bergregion des Kreises Sălaj mit Dorfbewohnerinnen aller Altersgruppen entnahm sie wertvolles Wissen über die symbolische Bedeutung der Trachtenstücke, vor allem des Frauenhemdes „spăcelul“, wobei das eigenhändig gefertigte Brauthemd auch ganz bewusst als Totenhemd getragen wird.

Am folgenden Tag waren rund dreißig Vorträge in parallelen Abteilungen vorgesehen, darunter auch Vorträge über die Volkskunst und Kulturgeschichte unterschiedlicher Ethnien in Rumänien. Dr. Simona Malearov vom ASTRA-Museum sprach über die Bedeutung der Nachbarschaftsladen als Gemeinschaftssymbol der Siebenbürger Sachsen und Dr. Raluca Frîncu vom Brukenthalmuseum präsentierte kunstvollen sächsischen Hermannstädter Hausrat aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

Buchvorstellungen schlossen die Tagung ab. So präsentierte Dr. Karla Roșca den aus Mitteln des Departements für interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Rumänischen Regierung durch das DFDR und das DFDH gedruckten Sammelband ,,Ritualkeramik“ des 51. Internationalen Keramiksymposiums des Arbeitskreises für Keramikforschung, das 2018 in Hermannstadt stattgefunden hat.

Gerhild RUDOLF

Veröffentlicht in Wissenschaft, Aktuelle Ausgabe.