Die Storchzählung 2023 im Kreis Hermannstadt / Von Andreas ZECK und Friedrich PHILIPPI
Ausgabe Nr. 2826
Die Ergebnisse der diesjährigen Storchzählung im Kreis Hermannstadt sind hervorragend. Das wichtigste Ergebnis ist dabei nicht die Anzahl der Nester (294 , also 56 mehr als im Vorjahr) oder die Anzahl der gezählten Jungstörche (848, also 202 mehr als im Vorjahr) sondern die Anzahl der großgezogenen Jungstörche bezogen auf erfolgreich brütende Paare. Und die ist in diesem Jahr 3,39 Jungstörche pro erfolgreich brütendem Paar. Das ist eines der besten Ergebnisse der seit 1988 laufenden Zählung und bedeutet, dass der Nachwuchs der Störche auch für die nächsten Jahre gesichert ist.
Die Storchzähler um Friedrich Philippi konnten in diesem Jahr in 18 Ortschaften neue zusätzliche Nester finden, Martinsdorf, Hamlesch und Mag kamen dazu. Fast 83 Prozent der Horste befinden sich inzwischen auf elektrischen Masten, aber von den 243 Masthorsten haben nur 43 eine Nisthilfe (Untersatz), davon 25 in Großau. Da besteht großer Nachholbedarf von Seiten des Stromversorgungs-Unternehmens. Neben dem Rekord in Großau mit 55 erfolgreichen Brutpaaren und 186 Jungstörchen gab es dann noch die meisten Nester und Jungstörche in Orlat (20/44), Mergeln (10/26), Leschkirch (9/31) und Porumbacu des Jos (8/15). In Hermannstadt sind alle vier Horste auf alten Fabriksschloten. Von diesen haben drei Paare auch erfolgreich gebrütet. Das Paar auf dem Schlot der Manutanța kam erst um den 1. Mai an, hat wohl auch unter den störenden Möwen zu leiden gehabt und daher keine Jungen großgezogen. Dazu kommt noch Neppendorf, wo in diesem Jahr 5 Jungstörche heranwuchsen.
Lesen Sie auf Seite 4 das bebilderte Tagebuch der diesjährigen Storchzählung.
Das Etwas auf dem Flughafen: „Als mein Opa mich und meine Mutter vom Flughafen abholte, auf dem wir soeben gelandet waren, war es bereits 2 Uhr nachts und trotzdem fiel meinem Großvater der Vogel auf, der über den Flugplatz rief. Mithilfe der App „Bird-Net“ konnten wir den Vogel mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmen. Es war laut der App ein Nestling der Waldohreule. Was für eine schöne Begrüßung!“
So begann am 24. Juni unsere diesjährige Storchzählung. Und schon am gleichen Tag machten wir uns mit Andreas und seiner Mutter Anne auf, um die Störche im unteren Harbachtal bis Fofeldea zu zählen.
Der Horst mit sechs Jungstörchen in Rothberg:
„Am Samstag wollten ich und mein Opa die Störche im unteren Harbachtal zählen. Nachdem wir in Thalheim gezählt hatten, waren wir in Rothberg und standen mit dem Spektiv vor der alten Schule. Es war klar: 4 Junge waren auf jeden Fall im Horst. Doch dann: plötzlich stand einer der Jungen auf und gab die Sicht auf zwei weitere Junge frei, die wir davor nicht gesehen hatten. Also endlich einmal ein Horst mit 6 Jungstörchen!“
Währenddessen waren unsere Freunde aus Brandenburg Anselm und Matthias Ewert samt Freund Sven auf der Anfahrt und zählten, einmal im Kreisgebiet von Hermannstadt angekommen, gleich auch die Störche im Gebiet von Reußmarkt bis einschließlich Săcel und die umliegenden Ortschaften. Am Abend dieses ersten Tages erwartete uns, so wie auch in den kommenden Tagen, meine Frau Ilse mit einem guten Abendessen!
Für den Sonntag hatten wir uns in Absprache mit Dr. Miruna Gritu nach dem Gottesdienstbesuch in der Stadtpfarrkirche in Hermannstadt die Storchzählung in Großau und Umgebung vorgenommen. Frau Gritu, die Betreuerin der Storchenpflegestation, begrüßte uns mit der erfreulichen Meldung, dass es in diesem Jahr in Großau 62 Horste gäbe, also 15 mehr als im Vorjahr. Daher teilten wir uns die Arbeit: Während sie zu Fuß oder per Auto sich von einem Storchennest zum anderen bewegte, zählten wir vom Kirchturm aus per Spektiv die Jungenzahl jedes Nestes, unter dem sie sich gerade aufhielt. Per Telefon waren wir ständig in Verbindung und füllten so die vorgefertigte Liste der Nester gemeinsam aus. Das Ergebnis war ein Rekord für Großau mit 55 erfolgreichen Brutpaaren und zusammen 186 Jungstörchen!
Gewitter in Grossau:
„Es war bereits Sonntag und am Tag davor waren die langjährigen Helfer aus Brandenburg eingetroffen. An diesem Tag stand die große Zählung in Großau an. Nachdem wir unter für meinen Opa großen Strapazen auf den Großauer Kirchturm gestiegen waren und dort fast 2 Stunden gezählt hatten, stiegen wir langsam wieder herunter. Unten angekommen tröpfelte es bereits leicht und wir entschieden uns, im Pfarrhaus zu einer Tasse Kaffee und ein paar Kirschen einzukehren und erste Bilanzen zu ziehen. Kurz nachdem wir uns im Pfarrhaus hingesetzt hatten, fing es draußen an stark zu regnen. Dieser Regen breitete sich in kurzer Zeit zu einem ausgewachsenen Sommergewitter aus und wir waren gezwungen im Pfarrhaus auszuharren. Erst gegen Vier ließ der Regen nach und wir konnten nach Hause fahren. Trotz des Regens war es eine gemütliche und amüsante Zeit im Pfarrhaus.“
Aber am späten Nachmittag machten wir uns doch noch einmal auf, um auch in den Ortschaften Orlat, Gura Râului, Poplaca und Rășinari die Störche zu zählen, bis uns die Dunkelheit zur Heimfahrt zwang.
Auch in den folgenden Tagen verlief die Zählung in je einer bestimmten Gegend des Kreises nach Plan und zum Teil mit sehr interessierter Begleitung.
Am Montag zählten wir die Störche im Oberen Harbachtal von Retersdorf bis Leschkirch und allen anderen Dörfern rechts und links der Hauptstraße. Ab Leschkirch begleitete uns bis Kirchberg Wolfgang Köber und sein Sohn Max (5. Klasse) mit seiner Drohne. Das war uns nicht nur zeitlich eine große Hilfe!
Drohne im Einsatz:
„Montags waren wir im Oberen Harbachtal. Diese Tour war eine der längsten Touren, die wir zu zählen hatten. Doch diesmal hatten wir Unterstützung von Max Köber und seinem Vater und deren Drohne, mithilfe deren wir einen besseren Einblick in die Horste hatten. Wenn die Drohne eingesetzt werden sollte, mussten wir nur die Dachluke öffnen, die Drohne auf das Dach setzen und einen Knopf auf der Armatur einer Konsole betätigen und schon flog sie in die Luft. Mithilfe einer Kamera in der Drohne konnten wir sehen, wie viele Jungen in dem Horst waren. Meist sah die Drohne ein Junges mehr als wir mit unseren Feldstechern.“
Ab dem Mittagessen in Agnetheln begleiteten uns dann auch Konsulin Ursula Kerstin Jahn und ihr Gatte sehr interessiert bei unserer Arbeit. Mit Anselm Ewert, der in Brandenburg im Umweltamt tätig ist, konnten eventuelle zukünftige Projekte zur Absicherung der Mittelspannungs-Freileitungen, insbesondere solcher mit Stützisolatoren, besprochen werden!
Während Anselm und Matthias am Dienstag die Zählung in der Mediascher Gegend übernahmen, nutzten wir mit Andreas noch den Vormittag, um in den Orten der Hermannstädter Senke von Schellenberg bis Talmesch die Jungstörche zu zählen. Andreas (5. Klasse) hatte nur zwei Schultage frei bekommen und musste am Nachmittag wieder abfliegen.
Der Storch und der Fisch:
„Es war schon der letzte Tag meines Aufenthalts in Hermannstadt und heute wollten wir uns noch in Richtung Talmesch aufmachen. Nachdem wir den letzten Horst in Talmesch gezählt hatten und nun über die Zibinsbrücke wieder in Richtung Hermannstadt fuhren, sahen wir an der Stelle, wo ein Bächlein in den Zibin mündet, einen Storch, der nach einem Fisch jagte. Im flachen Uferbereich ging er zuerst flügelschlagend einige Schritte vorwärts und schnappte sich dann einen der aufgescheuchten Fische. Er schmiss ihn einmal hoch und noch einmal. Nachdem er den Fisch drei Mal hochgeworfen hatte, lag die übriggebliebene Hälfte endlich in der richtigen Richtung in seinem Schnabel und er flog zu seinen Jungen im nahen Nest.“
Am Mittwoch galt unsere Aufmerksamkeit den Störchen der Fogarascher Senke. Ein Besuch bei Karl Hann in Kerz und dessen Trovanten-Sammlung brachte eine angenehme Abwechslung. Am Donnerstag begleitete uns bei einem Teil der Zählung im Gebiet zwischen Salzburg und Törnen sehr interessiert eine Reporterin der Deutschen Welle. Wie auch in anderen Jahren besuchten wir bei dieser Gelegenheit auf der Rückfahrt auch Kurator Georg Gottschling (84) in Gießhübel.
Der Donnerstag als letzter Tag der Storchzählung brachte dann doch noch eine Überraschung. Wir wussten schon vorher, dass einer der Störche des Nestes mit vier Jungen auf dem Schornstein in der Unterstadt beringt ist. Durch Claudia Kozocsa, die uns regelmäßig von diesem Nest berichtet und auch Bilder zuschickt (siehe HZ vom 16. Juni 2023), hatten wir Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz. Von dort aus konnten Anselm und Matthias trotz etwas zu großer Entfernung die Zahlen von dem weißen Ring per Spektiv ablesen. Eine Nachfrage beim Vogelschutzverein Milvus aus Neumarkt ergab dann nach einigen Stunden, dass dieser Storch vor zwei Jahren im Dorfe Gruișor/Kisgörgény südlich von Neumarkt/Tg. Mureș als Nestling beringt wurde. Dass er (oder sie?) nun schon als Zweijähriger hier bei uns mitten in Hermannstadt 85 km von seinem Geburtsort gleich vier Jungen großziehen konnte, ist wohl auch etwas Besonderes.
Am folgenden Tag fuhren unsere Helfer aus Brandenburg, die nun schon 24mal dabei waren, wieder ab und die noch übrig gebliebenen Ortschaften habe ich dann allein gezählt oder mir per Telefon von zuverlässlichen Helfern Auskunft erbeten. Leider kann ich mich auf solche Meldungen nicht immer verlassen. So wurde mir auf Anfrage aus Zoodt von einem Jungstorch berichtet und als ich dann hinfuhr, zählte ich vier!
Friedrich PHILIPPI
Andreas ZECK