Ist das noch Kunst?

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KI-generierte Fotografien im Hermannstädter Rathaus

Ausgabe Nr. 2820

Cristian Simina: Materna Bonds

Um die Frage „Ist das noch Kunst?“ kommt man nur schwer herum, wenn man sich Werke ansieht, die mithilfe einer künstlichen Intelligenz (KI) generiert wurden. Cristian Simina, dessen KI-generierten Kunstwerke in der Zeit vom 6.-12. Juni im Hermannstädter Rathaus am Großen Ring ausgestellt waren, hat die denkbar einfachste Antwort auf diese Frage: „Die Definition von Kunst und Schönheit liegt im Auge des Betrachters“.

In der Ausstellung „AI-Wonderland“ waren je 7 Exponate der Hermannstädter Traian Oprean und Cristian Simina zu sehen. Jedes dieser Bilder wurde ausschließlich durch künstlich-intelligente Algorithmen erstellt. Alles was es dazu braucht, ist eine Idee und ein modernes Bildbearbeitungsprogramm wie z. B. Adobe Photoshop. In der neuesten Version des populären Programmes kann man Bildinhalte durch das Eingeben einfacher Befehle generieren. Es besteht außerdem die Möglichkeit, bereits vorhandene Bildinhalte zu entfernen oder auszutauschen. Man kann also auf Knopfdruck schlechtes durch gutes Wetter ersetzen oder störende Touristen von Urlaubsfotos entfernen.

Traian Oprean: Supremacy Syndicate

Die unbegrenzten Möglichkeiten künstlicher Intelligenz hat sich Simina unter anderem bei seinen Bildern „Materna Bonds“ und „Familial Hieroglyphs“ zu Nutzen gemacht, auf welchen Portraits zu sehen sind. Der Künstler erklärt, dass es sich dabei jeweils um die Verschmelzung seines Gesichts mit den Gesichtern seiner Eltern handle. Für die Generierung eines solchen Bildes seien ungefähr 500 verschiedene Anläufe nötig. Die eingegebenen Befehle müssen dabei jedes Mal leicht abgeändert werden, damit sich das Bild an die Vorstellungen des Künstlers anpasst. Das Generieren aller ausgestellten Werke habe etwa vier bis fünf Monate in Anspruch genommen.

„Ich verstehe mich nicht wirklich als Künstler“, sagt Simina mit einem Schmunzeln nach der Eröffnung der Ausstellung. Für seine Haupttätigkeiten als Fotograf und Grafikdesigner sei die KI-basierte Bildbearbeitung aber ein erheblicher Fortschritt. Die Algorithmen ersparen stundenlange Recherche und technisch anspruchsvolle Bearbeitungstechniken. Man könne dadurch mehr ausprobieren und die verrücktesten Ideen umsetzen.

Cristian Simina ist sich sicher: „Künstliche Intelligenz wird nicht dafür sorgen, dass kreative Künstler aussterben. Zumindest nicht, solange wir die KI noch kontrollieren können“, fügt er hinzu. Vielmehr werden künstliche Intelligenzen den Künstlern einen Raum zur Inspiration und zum Ausprobieren bieten und die Kunstszene damit weiterentwickeln.

Samuel HÖRMANN

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst.