Buchvorstellung in der Aula der Brukenthalschule
Ausgabe Nr. 2821

Brigitte Hermann (stehend mit Mikrofon) dankte zum Abschluss den beiden Musikschülerinnen Andrea Luca und Lavinia Haiduc für die musikalische Umrahmung der Buchpräsentation. Foto: Beatrice UNGAR
„Poesie ist Phantasie, wer das nicht weiß, versteht sie nie!“ Unter diesem Motto begrüßte die Autorin und Übersetzerin Brigitte Hermann (Kräch) die Gäste bei dem Lyrik-Nachmittag in der Aula des Samuel-von-Brukenthal-Gymnasiums am 7. Juni d. J.
Es sei ein Ort, der für ihren Werdegang eine große Bedeutung hat, sagte Brigitte Hermann und fügte hinzu: ,,Nun, nach so vielen Jahren, umfängt mich die vertraute Atmosphäre von neuem, mich, deren Leben inzwischen so viele Veränderungen erfahren hat. Nach dem Sprachstudium in Hermannstadt und einer kurzen Lehrertätigkeit, der die Ausreise folgte, veränderte ich mich beruflich, hörte aber nie auf, meinem Hobby, Gedichte zu schreiben, nachzugehen.“ 2022 veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband „Untiefenfrei“ , wie alle ihre literarischen Werke, unter ihrem Mädchennamen Hermann.
Auf Walter Johrends in rumänischer Sprache verfassten Gedichte sei sie erst später aufmerksam geworden: ,,Ich las sie und sie faszinierten mich durch das in ihnen erschlossene poetische Universum, seine Souveränität auf vielen Wissensgebieten, doch vor allem durch das sprachlich gelungene Pendeln zwischen Leichtigkeit und Tiefgründigkeit. Daraus zeigte sich mir ein hoher Anspruch an die Übertragung seiner Gedichte ins Deutsche, dem ich seine literarischen Glanzstücke zuführen und dem ich in meiner Auswahl in der Anthologie ,Vernetzte Passwörter‘ gerecht werden wollte“. Nach seiner Tätigkeit als Englischlehrer und Schuldirektor in Hermannstadt, hat sich Walter Johrend der Poesie verschrieben, verfasste über 30 Gedichtbände, außer seinem letzten deutschsprachigen Band „Hüllen Fallen“ (2022), alle in rumänischer Sprache.

Walter Johrend: Vernetzte Passwörter. Gedichte. Deutsche Fassung von Brigitte Hermann. Armanis Verlag, Hermannstadt 2023, 180 S., ISBN 978-606-069-099-3.
In seinen Gedichten ,,werden die Wörter zu Worten, zu anregenden Wortspielen, die sich in immer neuen Zusammenhängen treffen, vernetzen“, führte Brigitte Hermann (Kräch) aus.
Die Hauptperson der Buchpräsentation, Walter Johrend, konnte leider nicht anwesend sein, doch er hatte eine Audio-Datei mit von ihm persönlich vorgetragenen Gedichten geschickt und so konnte man ihn zumindest hören.
Die Auswahl der Gedichte ist im Inhaltsverzeichnis des Bandes auf die Originale zurückzuführen, die nach ihrer Erscheinung, chronologisch ausgewählt sind, beginnend mit dem vielversprechenden „Das Mittelalter nach dem Regen“…
Hierbei werden Visionen von Vergangenheit mit der Gegenwart verflochten, der Ton bewegt sich zwischen „Himmelhoch jauchzend….“, – Lebenslust, Liebe von erotisch bis unerfüllt platonisch durchdringt seine Zeilen, Feuer, Leidenschaft, Sehnsucht in allen sprachlichen Bildern, bis hin zur Wehmut. Hier ein Beispiel: „LIEBE: Dem Mohn zupfst du purpurne Blüten,/und reichst sie den Winden als Spende,/dein Busen scheint alt wie die Mythen,/dein Kuss ist so kalt wie das Ende.“
Besonders „Quarantäne“ bringe die Poesie in den Alltag, durch Corona, ein aktuelles Thema, ,,eine von allen direkt und indirekt Betroffenen unterschiedlich erlebte Zeit, mit der Gemeinsamkeit ihrer Verlangsamung, sozialen Veränderung, Ungewissheit, die sie über uns alle gebracht hat. Doch von den Poeten wird sie als eine vom Schicksal geschenkte Möglichkeit wahrgenommen, noch einmal in sich selbst zu gehen, Bedeutungen in einfachen Dingen in der nahen Umgebung zu erkennen und sich auszudenken. Hierbei schwankt der Ton der Gedichte zwischen Lust und zwanghaft vitalem Erleben bis zu sarkastisch passiver Resignation, jedoch ist er – nicht zuletzt – beherrscht von der Kraft und dem Sieg der verführerischen Muse: der nie versiegenden Quelle der ARS POETICA.“
Beatrice UNGAR