Eine regelrechte Augenweide

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Die Fotografin Loredana Nemes stellt in der Galerie Springer Berlin aus

Ausgabe Nr. 2820

Loredana Nemes: Graubaum und Himmelmeer, 2019.

Anlässlich des EMOP Berlin — European Month of Photography präsentiert die Galerie Springer Berlin die erste Einzelausstellung von Loredana Nemes mit dem Titel ,,Trees, Seas, and the Bee’s Knees“. Die Auswahl der gezeigten Serien umfasst die neueste Werkreihe ,,Graubaum und Himmelmeer“, die von 2019 bis 2023 entstand, die Serie ,,Immergrün“ aus dem Jahr 2020, den 2012 erarbeiteten Zyklus ,,Blütezeit“ und Werke aus ,,Gier“, 2014 bis 2017.

In der Fasanenstraße 13 in Berlin-Charlottenburg ist die Galerie Springer Berlin von Heide und Robert Springer zu finden. Bereits seit den 1960er Jahren zeigte der stadtbekannte Galerist Rudolf Springer in diesen Räumen bildende Kunst von Malern mit Namen und Klang. Der Sohn Robert Springer und seine Frau Heide spezialisierten sich und zeigen in diesen ehrwürdigen Räumen fotografische Kunst.

Schräg gegenüber der Synagoge des liberalen Judentums baute der Architekt Richard Sehring 1889/90 das „Künstlerhaus“ St. Lukas, ein Haus für künstlerisches Zusammenleben mit Wohnungen und Ateliers. Eine architektonische Einmaligkeit damals in der Stadt Charlottenburg mit ausgeklügelten Details am Äußeren und im Inneren des Gebäudes, direkt an der S-Bahn. Einen Katzensprung weiter in der Kantstraße ist das luxuriöse und exklusive Theater des Westens vom gleichen Architekten zu bewundern.

Zurück in die Fasanenstraße gehe ich, um in der Galerie Springer Berlin eine Fotoausstellung zu sehen. Seit März 2023 sind hier Schwarzweißfotos von Loredana Nemes ausgestellt. Ich lese ,,Trees, Seas, and the Bee’s Knees“ auf der Einladung. ,,Immergrün“ und ,,Graubaum“ sind Titel, ,,Himmelmeer“ kommt hinzu.

Großformatige Fotos in bewährtem Schwarz-Weiß empfangen den Besucher. Bäume, in unterschiedlichen Jahreszeiten aufgenommen, meist ohne Blätter, durchsichtig, Schatten der Baumstämme fallen auf den Schnee. Die Lichtquelle, die Sonne, bleibt verborgen, erhellt hier und dort ein wenig die fotografische Szene. Der Hintergrund bleibt im leichten Dunst. Eine ungemeine Ruhe empfinde ich beim Betrachten, eine regelrechte Augenweide sind die Fotos. Lyrische Zeilen, Gedankenschnipsel von Loredana Nemes gehören dazu.

,,Die Blütezeit“, ,,Max und Corinne“ – die Portraits sind im weiteren Durchlaufen der Galerie zu sehen und irgendwo verspricht der Obstbaum Blütezeit mit seinen weißen wunderbar dichten Blüten, dass der Frühling im Südwesten angekommen ist. Die Vögel auf dem Wasser sollte man beobachten, eine fotografische Meisterleistung.

Hochästhetisch sind die Fotos von Loredana Nemes und von feinster fotografischer Qualität, Fotografie der Spitzenklasse.

Neugierig bin ich geworden und schlage direkt die sehr übersichtliche Homepage der Künstlerin auf, die in Hermannstadt Rumänien geboren ist. Mit vierzehn Jahren flüchtete sie nach Deutschland, ins Mutterland ihrer deutschen Sprache. Ich betrachte Fotos, lese sehr schöne prosaische Texte von Loredana. Sehe Menschen, die scheinbar der Vergangenheit angehören, sehe das Leben am Rande der Karpaten, nach der Öffnung der Grenzen, erkenne noch immer das einfache vergangene Leben im ehemaligen sozialistischen Staat. Auch Kindheitserinnerungen aus der Zeit im Siebenbürgischen werden erzählt und die dazu entstandenen Fotos zu sehen. Eine Hommage an die Orte, an die Landschaft, an das Gewesene. Die Erinnerung daran wird die Fotografin, die Künstlerin, ihr Leben lang begleiten. Das Portrait von Elizabeta aus dem Jahr 2002 ist berühmt geworden. Als Umschlagfoto ziert es ein Buch vom Verlag Wagenbach „Wohnblockblues mit Hirtenflöte. Rumänien neu erzählen“ von 2018, das auf der Buchmesse in Leipzig im Jahr 2018 vorgestellt wurde.

Ich lasse den Betrachter alleine, schlage vor, Sie besuchen die Galerie Springer Berlin in der Fasanenstraße oder tauchen ein in die Homepage von Loredana Nemes. https://loredananemes.de

Christel WOLLMANN-FIEDLER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst.