Laudatio auf den Journalisten Dieter Drotleff
Ausgabe Nr. 2815
Der Kronstädter Journalist Dieter Drotleff nahm im Anschluss an die Vertreterversammlung des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) am 21. April d. J. die Goldene Ehrennadel des DFDR entgegen. Die Journalistin Hannelore Baier hielt die Laudatio, die Sie im Folgenden lesen können:
So wie die nationalsozialistische, so gehört auch die kommunistische Periode zur Geschichte der deutschen Minderheit in Rumänien. Wenn nicht pauschal alle Rumäniendeutschen als Nazis abgestempelt werden dürfen und sollen, so muss auch im Fall jener individuell geurteilt werden, die in der Zeit des kommunistischen Regimes exponierte Posten innegehabt haben und dafür Kompromisse eingegangen sind. Ab den 1960er Jahren gab es unter den Rumäniendeutschen keine überzeugten Kommunisten mehr. Dank „gesunder sozialer Herkunft“ und oftmals gegen ihren Willen in Ämter gelangt, weil die 2%-Repräsentanz der deutschen Minderheit gesichert werden musste, setzten diese sich stets zugunsten der Gemeinschaft ein. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, versuchten alle, das für das Fortbestehen dieser Gemeinschaft Beste aus der Situation herauszuholen. Und sie blieben ihr auch nach der politischen Wende treu, als die Mehrzahl der Mitglieder das Land verließen.
Eine solche Person ist der heute geehrte Dieter Drotleff. 1941 in Zărneşti geboren, besuchte er dort die rumänische Schule und absolvierte die Lyzeumsklassen an der Honterusschule. Den Hochschulabschluss in Geschichte legte er im zweiten Bildungsweg ab, nachdem er zunächst die postlyzeale Ausbildung zum Eisenbahnertechniker absolviert hatte. Als solcher hat er zunächst auch gearbeitet, bevor er von Eduard Eisenburger gefördert zur Karpatenrundschau wechselte und seit 1977 für das Ressort Heimatkunde zuständig war. Als Eisenburger 1989 in Krankenrente trat, wurde Drotleff Chefredakteur der Wochenzeitung und führte deren Geschicke durch die schwierigen Nach-Wende-Zeiten bis zu seiner Verrentung im Jahr 2007. Beiträge verfasste und verfasst er jedoch weiterhin als Mitarbeiter auf Vertragsbasis, kooperiert aber auch mit anderen Print- und Hörfunkmedien.
Drotleff‘s minderheitenpolitisches Engagement begann ebenfalls in der kommunistischen Zeit. Von 1985-1997 war er der Leiter der deutschen Vortragsreihe der Volksuni in Kronstadt, von 1985 bis zur Wende der Vorsitzende des Kreisrates Kronstadt der Werktätigen deutscher Nationalität. 1990 übernahm er das Amt des Vorsitzenden des Deutschen Forums im Kreis Kronstadt, Amt, das er bis 1994 innehatte. In dieser Zeit war er auch stellvertretender Vorsitzender des Siebenbürgenforums und Mitglied im Vorstand des DFDR. Im Forum wirkte er auch danach weiterhin mit und vertrat dieses sowie die deutsche Minderheit zunächst in zwei Legislaturperioden von 2004-2012 im Status eines ständigen Gastes (ohne Stimmrecht) im Kronstädter Kreisrat und sodann von 2012-2016 als gewähltes Kreisratsmitglied.
Was das kulturpolitische Engagement angeht, so zeichnete Drotleff nicht nur unzählige Beiträge zu historischen und volkskundlichen Themen, sondern gab auch mehrere Bücher heraus. 1983 erschien der erste und 2002 der zweite Band mit Porträts bedeutender Persönlichkeiten oder Gründungen aus der Geschichte der deutschen Minderheit unter dem Titel „Taten und Gestalten“. 1988 veröffentlichte er unter dem Titel „Zeugnisse der Geschichte“ Gespräche mit Historikern. 2020 wurde die von ihm unter dem Titel „Im Spiegel der Zeit“ zusammengefassten pressegeschichtlichen Rückblicke aus der Volkszeitung und der Karpatenrundschaupubliziert und ein Jahr später seinen bisher letzten Band „Gedanken zu Gegenwart und Geschichte” mit nach der Wende geführten Interviews mit bedeutenden Persönlichkeiten. 2015 wurde er mit dem Apollonia-Hirscher-Preis der Kronstädter Gemeinschaft ausgezeichnet.