Premiere des Balletts ,,One Way Ticket – Un bilet dus”
Ausgabe Nr. 2815
Am 22. April feierte „One Way Ticket – Un bilet dus” Premiere im Ion Besoiu Kulturzentrum in Hermannstadt. Mit einem musikalischen Mix aus rumänischer Folklore und elektronischer Musik von Adrian Enescu, tanzte das Hermannstädter Balletttheater eine Geschichte über die Strapazen einer westlichen Immigration als Osteuropäer. Die Message versteht man allerdings erst spät.
Am Ende der versuchten Eingliederung in die westliche Gesellschaft lässt man sein letztes Hemd – so das symbolische Ende von „One Way Ticket.” Unterlegt mit rumänischer Folklore und der elektronischen Musik von Adrian Enescu, wirkt „One Way Ticket” im Nachhall besonders bedeutungsschwanger. Doch der Schein trügt.
„One Way Ticket” klang vielversprechend: Ein zeitgenössisches Ballettstück, welches den großen Leidensweg von osteuropäischen Auswanderern in die westliche Welt, auf der Suche nach einem besseren Leben, vor Augen führen soll. Leider verfehlt „One Way Ticket” unter der Anleitung von Choreografin Sandra Mavhima gerade in der ersten Hälfte seine Symbolhaftigkeit. Wer das rumänische Beigabeblatt nicht genaustens studiert hat, wird in den ersten 30 Minuten wahrscheinlich nichts verstehen. Das frustriert – und auf einmal scheinen auch die rumänische Folklore und die Lieder von Adrian Enescu monoton und repetitiv zu klingen. Vorwürfe darf man hier allerdings weder der musikalischen Untermalung, noch den Ballett-Tanzenden machen. Auch ohne das Stück zu begreifen, schaut man hier gern zu. So ist der Anfang eher eine Präsentation von Choreografie und Körpern, als eine zusammenhängende Geschichte. Der Makel liegt eher im Aufbau des Stücks, als bei der Musik oder den Akteuren und Akteurinnen.
Was „One Way Ticket” allerdings in der zweiten Hälfte leistet, ist eine komplette Transformation von scheinbar wirr aneinandergereihten Szenen, hin zu einem Stück mit symbolischer Bedeutung. War am Anfang kein Protagonist ,,greifbar“, kristallisiert sich nach und nach Henrique Ferreira als Hauptcharakter heraus. Spätestens als eine Grenzstation suggeriert wird und die Personen nach links und rechts aussortiert werden, beginnt der Zuschauende zu begreifen, worum es hier eigentlich die ganze Zeit schon gehen soll: Der steinige Weg einer Person, die in ihrem Ursprungsland nicht mehr willkommen ist, aber im neuen Land ebenfalls keinen Halt findet. Als es sogar zu einem Mord kommt und Henrique Ferreira zur Arbeit am Fließband verdonnert wird, wird das Stück deutlicher. Kurz vor Ende begreift das Publikum zudem, dass Ferreira immer weiter ausgebeutet wird und am Ende dafür wortwörtlich sein letztes Hemd gibt. Doch zurück geht es für ihn nicht mehr, daher auch der Titel des Stücks: „One Way Ticket.”
Somit vollführt die Inszenierung eine 180 Grad-Drehung von einem netten Stück für zwischendurch, zu einem bedeutungsvollen und philosophischen Stück. Allerdings scheint man überrascht, wenn das Stück nach bereits einer Stunde endet. Gerade die erste Hälfte des Stücks ist es schlussendlich, die der Aufführung eher schadet, als dass sie dieser hilft. Trotzdem ist das Ballett „One Way Ticket” keinesfalls schlecht – wenn man weiß, worauf man sich einlässt.
Maja HENNEMANN