Osterbotschaft von Pfarrerin Angelika BEER
Ausgabe Nr. 2812
Alles sollte fertig und vorbereitet sein. Vor Ostern breitet sich ein ähnliches Gefühl aus wie vor Weihnachten. Habe ich an alles gedacht, haben wir etwas vergessen? Braucht es noch etwas, damit das Fest ein schönes wird? Einkaufen, Eier färben, backen, kochen, dekorieren und was sonst noch alles ansteht.
Dieses Jahr, in dem die Karwoche mit Schneeregen angefangen hat, musste ich erst einmal die Osterglocken vor dem Haus abschneiden und hinein ins Warme bringen, damit sie nicht erfrieren.
Vorbereitet sein. Nicht nur für das Osterfest, für das Bunte und das Frohe. Auch für den Karfreitag vorbereitet sein und für den Karsamstag. Und dann auch für Ostern. Hineingehen in diese Tiefen und Abgründe, hineingehen in die Freude, in die Leichtigkeit und in die Schönheit.
Sind Sie bereit?
Der Apostel Paulus war nicht wirklich vorbereitet, er war noch nicht fertig, als ihm der Auferstandene erschienen ist. Im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth schreibt er: „Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden.“ (1. Korinther 15, 8) Ich war noch nicht soweit, sagt Paulus und war es auch nicht wert, „weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen.“ (1. Korinther 15, 9b.10) Gottes Gnade, Gottes Zugewandtsein, Gottes Nähe, Gottes Fülle. Charis, das griechische Wort für „Gnade“ steckt in „Eucharistie“ drin – so wird in der katholischen Tradition das Abendmahl genannt: wörtlich „die gute Gnade/Zugewandtheit/Nähe“. Gottes Gnade ist uns nah im Abendmahl, das in vielen Gemeinden in diesen Tagen gefeiert wird: an Gründonnerstag, an Karfreitag oder schon zu Palmsonntag bei einer Konfirmation.
Es war zu früh, ich hätte noch Zeit gebraucht, ich hätte mich noch entwickeln müssen, es war zur Unzeit. Und es war doch das volle Leben, mit Abgründen und mit einem tiefen Vertrauen, das danach wuchs. Auf einer seiner Reisen, vor Damaskus, fiel Paulus zu Boden, als plötzlich ein Licht um ihn war und er hörte die Stimme Jesu, die ihn mit seinem hebräischen Namen ansprach: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ Paulus fragte: „Herr, wer bist du?“ und hörte als Antwort: „Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du zu tun hast.“ (Apostelgeschichte 9, 4–6). Darauf war er nicht vorbereitet. Saulus, der danach Paulus genannt wurde. Derselbe Name für ein und dieselbe Person, aber eben statt der hebräischen Form Saulus nun die griechische Variante seines Namens: Paulus.
Er war nicht vorbereitet und es veränderte ihn doch nachhaltig: „Gottes Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen. Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ Neben und in allem Vorbereiten für Ostern ist dies der Punkt: Gottes Gnade, die sich uns zuwendet. Im Abendmahl, in der Karwoche mit all ihren Stillen Tagen, im Kreuz von Karfreitag, in der Grabesruhe von Karsamstag, am Ostermorgen, an allen Ostertagen. Gott selbst kommt uns entgegen und bereitet uns vor auf das Leben. Auf ein Leben in Fülle.