Interview mit der Autorin Karin Bruder
Ausgabe Nr. 2813
Die Schriftstellerin Karin Bruder hat am Dienstag, dem 11. April, im Erasmus-Büchercafé in Hermannstadt ihr neuestes Buch „Weiße Jahre – Roman einer verlorenen Zeit” vorgestellt. Eingeführt wurde sie von Jens Kielhorn, dem Inhaber des Cafés: „Bestimmt nicht, vielleicht aber doch, rein zufällig geboren in Kronstadt in Rumänien. Mit zehn Jahren von den Eltern in den Westen verschleppt. Freiwillig Abitur und Studium der Landespflege absolviert und in diesem Beruf fünf Jahre lang gearbeitet. Parallel und zwischendrin geheiratet und zwei Kinder geboren. Erst danach sesshaft geworden, in Waldbronn, nahe Karlsruhe. Endlich Zeit zum Schreiben.” Über ihr Werk sprach die Autorin mit der HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u.
Wie lange schreiben Sie schon?
Ich schreibe seit sehr vielen Jahren und veröffentliche seit bald 35. „Weiße Jahre – Roman einer verlorenen Zeit” ist mein neuntes Buch. Ich habe mit einem Jugendbuch angefangen, schreibe aber auch Kinderromane und habe jetzt einen Erwachsenenroman geschrieben.
Worum geht es im neuen Buch?
„Weiße Jahre – Roman einer verlorenen Zeit” hat zum Thema ein rumänisches Dorf neben Czernowitz, dessen gesamte Bewohner als Strafmaßnahme 20 Jahre nach Sibirien deportiert werden. Schuld in dem Fall ist eigentlich nicht Russland, beziehungsweise die russische Regierung, sondern Hitler, der den Krieg angefangen hat und dadurch hat sich alles verschoben. Russland hat die Chance gesehen, die Bukowina und Bessarabien zu besetzen.
Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen und wie schwer oder leicht war es, dieses Buch zu verfassen?
Ja, es ist ein schweres Thema und deswegen war es auch schwer zu schreiben. Es ist ein geschichtlich angelegtes Thema, aber alle meine Bücher sind entweder sehr politisch oder geschichtlich, selbst die Kinderbücher. Deshalb muss ich sauber recherchieren, darf ich mir nicht viele Patzer erlauben, lege aber trotzdem keine Hand ins Feuer, weil es Literatur ist. Ich schreibe tatsächlich Unterhaltungsliteratur, möchte aber nicht nur „Friede, Freude, Eierkuchen” besingen, sondern schon eine gewisse Realität hineinbringen.
Denken Sie, dass es den Lesern nicht schwer fallen wird, sich mit dem Thema Deportation auseinanderzusetzen?
Tatsächlich könnte man sich fragen, warum soll ich mich noch mal belasten mit Deportation, wenn ich auch was Heiteres lesen könnte. Aber ich glaube, wenn man in das Buch eintaucht, dann vergisst man zum Teil die Schwere.
Ist es wichtig auch für Ihre jungen Leser, dass sie Aspekte aus der Vergangenheit kennenlernen?
Ich schreibe nicht mit diesem pädagogischen Anspruch, aber ich glaube, er ist trotzdem drin. Selbst wenn ich nicht mit erhobenen Zeigefinger lostippe, so kann ich das nicht ganz vermeiden. Ich habe vorhin erwähnt, dass ich am Schluss der Lesungen die Schüler darauf hinweise, dass auch jetzt von allen möglichen Regierungsseiten und Nichtregierungsseiten Ärgernisse zu befürchten sind, was Demokratie angeht, was verfälschten Journalismus angeht…
Woran arbeiten Sie gerade?
Durch Corona habe ich angefangen, meine Briefe zu sortieren, weil ich als Studentin jeden Tag Briefe geschrieben und erhalten habe. Unter anderem habe ich meine Reise nach Zentralamerika verarbeitet, die ich nach dem Abitur gemacht habe. Das Buch ist jetzt beim Lektorat.
Haben Sie schon ein neues Buch in Arbeit?
Im Moment recherchiere ich hier in Rumänien ein bisschen über die Landwirtschaft. Die Sprache, die jetzt tatsächlich noch so authentisch ist, die meine Großmutter gesprochen hat und meine Eltern sprechen, der bin ich auf den Spuren. Das ist ein ganz anderer Sound.
Wie ist es, als Schriftstellerin zu arbeiten, zu leben?
Ich denke, dass ich die Zeit des Schriftstellerdaseins zum größten Teil hinter mir habe. Ich bin jetzt 62 Jahre alt und habe ab diesem Jahr meine Rente von der Universität Karlsruhe und ich werde mich auch vom Schreiben peu à peu zurückziehen. Obwohl man das natürlich bis zum Umfallen machen kann, spüre ich für mich eine gewisse Ermüdung. Es ist viel gesagt worden und vor allem die Lesereisen sind sehr anstrengend. Von daher mache ich noch die schönen Sachen, ich nehme sie mit wie Brotkrumen am Wegesrand. Aber ich werde mich weder mit dem Schreiben noch mit den Lesereisen tummeln. Meine Leidenschaft ist jetzt mein großer Garten.
Herzlichen Dank.