„Alles Helden, oder was?“

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Streiflichter von der 26. Internationalen Tagung der Kronstädter Germanistik

Ausgabe Nr. 2812

Dr. Sunhild Galter (links) und Dr. Delia Cotârlea.                          Foto: Privat

Unter dem Motto „Alles Helden, oder was? Paradigmen, Perspektiven, Traditionen und Tendenzen in Kultur, Kunst, Literatur und Sprache“ fand vom 23. bis 25. März des Jahres in Kronstadt die nunmehr 26. Internationale Tagung der Kronstädter Germanistik statt. Jahr für Jahr erwarten treue Teilnehmer der Tagung voller Neugier das Motto, denn die langjährige Organisatorin der Tagungsreihe, Dr. Carmen Elisabeth Puchianu, ließ sich immer wieder Überraschendes einfallen. Aber auch Dr. Delia Cotârlea, die die diesjährige Tagung größtenteils gestaltet hat, hat ein gutes Händchen bei der Themenwahl bewiesen. In dem von kriegerischen Auseinandersetzungen und deren Folgen gebeutelten Europa also etwas über Helden. Mit Fragezeichen, wohlgemerkt.

Die verschiedenen Tagungsorte, obwohl mehrfach genauestens angegeben, verwirrten dennoch einige der Teilnehmenden, aber bei schönstem Sonnenschein fanden sich schließlich doch alle am Freitag, den 24. März, morgens um 9 Uhr im Multikulturellen Zentrum der Transilvania-Universität ein, wo es eine feierliche Eröffnung in Anwesenheit des Dekans gab, musikalisch begleitet von Elena und Paul Cristian.

Ebenda fanden dann auch die ersten beiden Vortragseinheiten statt. Dieses Mal haben die Organisatorinnen die altbewährte Formel „Gleich zu gleich gesellt sich gern“ durchbrochen und Beiträge aus verschiedenen Forschungsbereichen in jeweils einem Modul zusammengeschlossen.

Das hat Vor- und Nachteile, war aber auf jeden Fall kurzweilig. So ging es in der ersten Gruppe um ,,männliche Helden und weibliche Opfer“ in zwei Dramen aus dem 18. Jahrhundert, um ,,Heldenzüge in germanischen Ruf- und Familiennamen“, darum, wie Helden gemacht werden, anhand einer Gedichtanalyse und um die ,,Verwendung des Schlagwortes Held/erou im Deutschen und Rumänischen“.

Nach einer wohlverdienten Kaffeepause mit Stärkungen vom Feinsten ging es mit einer kurzweiligen Präsentation zu Kleo Straub, der Heldin einer Netflix-Serie, weiter, gefolgt von der Untersuchung zur Frage, ob Helden Außenseiter sein dürfen, anhand eines Romans von Heinrich Böll und dessen Verfilmung, abgerundet durch die Analyse zahlreicher „Tatort“-Krimis im Hinblick auf darin vorkommende rumänische (Anti-)Helden.

Nach dem Mittagessen ging es gleich weiter, allerdings diesmal in der „Sergiu Chiriacescu“-Aula der Transilvania-Universität. Eine krankheitshalber abwesende Teilnehmerin eröffnete per Online-Übertragung den Nachmittagsreigen der Vorträge, indem sie über ,,Siebenbürgisch-deutsche Künstler im I. Weltkrieg“ sprach.

Der darauf folgende, mit zahlreichen Daten unterlegte Vortrag über ‚,Narrative zur Erschließung der Siebenbürgischen Karpaten um 1900″ weckte viel Interesse und auch die Betrachtung der im Debütroman von Iris Wolff (,,Halber Stein“) dargestellten Natur aus philosophischer Perspektive bildete eine neue Herangehensweise.

Es folgten einige weniger heldenzentrierte Beiträge, z. B. zur türkischen Küche in Rumänien, methodologische Vorüberlegungen zu einer digitalen Karte ,,räumlicher Repräsentationen in der deutschsprachigen Literatur aus Südosteuropa“, oder zu ‚,deutschen und rumänischen Anredeformen in der Kommunikation zwischen Tierärzten, Tierhalter und Haustier“.

Mit der Theaterperformance ,,Entsorgt! Theater des Ichs“ von Dr. Carmen Elisabeth Puchianu des Ensembles Kabarett Kaktus – Elena Cristian, Paul Cristian und Carmen Elisabeth Puchianu  – und einem anschließenden Umtrunk konnte der Tag entspannt ausklingen.

Am Samstagvormittag ging es mit den letzten zwei Sektionen der Tagung weiter. Literarisches (,,Thomas-Bernhard-Rezeption im deutschsprachigen Raum in Rumänien“), Landeskundliches (,,Plurale Erinnerungskulturen bei den Sathmarer Schwaben zwischen Heroismus und Opfertum“) und Sprachwissenschaftliches (,,(Un-)Markierter Sprachgebrauch“) prägten die erste davon.

In der zweiten Sektion kamen insgesamt sieben Promotionsstudentinnen zu Wort, deren Vorträge eine große thematische Bandbreite abdeckten. Die Tatsache, dass sie an den Germanistikabteilungen von Großwardein bis Konstanza promovieren, zeigt, dass es überall mit jungen, ehrgeizigen Nachwuchskräften weitergeht.

Im Anschluss an die Tagung fand die Jahresmitgliederversammlung der Gesellschaft der Germanisten in Rumänien unter Leitung der geschäftsführenden Vorsitzenden Carmen E. Puchianu statt. Diejenigen, die nicht schon vor Ort oder zur Sitzung angereist waren, schalteten sich online dazu, so dass die Veranstaltung rechtmäßig ablaufen konnte.

Zwei lange, aber überaus volle und interessante Tage mit neuen Begegnungen, guten Vorträgen, guten Gesprächen gingen mit dem Gruß zu Ende „Bis nächstes Mal!“.

Sunhild GALTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bildung.