Er kümmerte sich lieber um seine Hühner

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Schülerinnen und Schüler führten Dürrenmatts ,,Romulus der Große“ auf

Ausgabe Nr. 2802

Schlussszene bei ,,Romulus der Große“: Die Germanen haben es bis in Romulus (vorne links) Schlafzimmer geschaftt. Der germanische Anführer Odoaker (vorne rechts) wird König von Italien.                                                                                                                                  Foto: Hannah WEIDEN

Zur Aufführung von „Romulus der Große“ von Friedrich Dürrenmatt hatte das Deutsche Kulturzentrum Hermannstadt am Mittwoch der Vorwoche, dem 18. Januar, eingeladen. Das Theaterstück wurde im kleinen Saal des Gong-Theaters von Schülerinnen und Schülern des Samuel von Brukental-Gymnasiums und des Pädagogischen Nationalkollegs Andrei Șaguna inszeniert.

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte Ana-Maria Daneș, Leiterin des Deutschen Kulturzentrums in Hermannstadt, die Anwesenden im kleinen Saal des Gong-Theaters. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher, darunter viele Jugendliche, waren erschienen. In den vergangenen Wochen seien aus den rund 25 Jugendlichen richtige Theater-Profis geworden, berichtet Daneș stolz.  Professionelle Unterstützung bekamen die Schülerinnen und Schüler dabei von Ingrid Bonța und Liana Dumitru vom Coquette Theater in Bukarest. Das Projekt wurde vom Institut für Auslandsbeziehungen gefördert und finanziert.

Dürrenmatts Komödie wurde 1949 in Basel uraufgeführt. Sie befasst sich mit dem Untergang Roms und spielt am 15. und 16. März 476 in der Villa des letzten römischen Kaisers Romulus in Kampanien. In Dürrenmatts Version der Geschichte schert sich Romulus nur noch wenig um Politik. Er lässt es sich lieber auf seinem Landsitz gutgehen: trinkt Wein und lässt sich das Essen schmecken. Seine einzige Leidenschaft: die Hühnerzucht. Die Eier seiner geliebten Hühner lässt sich Romulus von seinen Bediensteten zum Frühstück servieren. In der Inszenierung der Schülerinnen und Schüler wird Romulus von drei Personen verkörpert: Alexandra Bălan, Matei Mărginean und Ştefan Cruceru.

Gleichzeitig sind die Germanen im Anmarsch. Doch Romulus rührt keinen Finger. Seine Frau Julia (Ioana-Alexa Rotar, Oana Oneţ und Mirjam Margarethe Zey),  der geflohene Kaiser von Ostrom, Zeno (Ioana Sofia Modrescu und Oana Oneţ) sowie die verbliebenen Minister flehen Romulus an, Truppen zu mobilisieren, um das römische Reich vor den Germanen zu retten. Romulus weigert sich und kümmert sich lieber um seine Hühner. Unterdessen taucht der Fabrikant Cäsar Rupf – wunderbar humorvoll verkörpert von Mihai Alexandru Vidrighin – auf, der anbietet, eine hohe Summe zur Verfügung zu stellen, um den Germanenführer Odoaker (Ştefan Vasile) zu bestechen. Seine Bedingung: Er will die Tochter des Kaisers, Prinzessin Rea (Tania Karina Presacan und Patricia Hader), heiraten. Romulus weigert sich, seine Tochter dem Staat zu opfern. Er hält Rom für verloren.

Wenig später kehrt Prinzessin Reas Verlobter Ämilian (Alexis Tecioiu und Luca Bogdan Crişan) aus dreijähriger germanischer Kriegsgefangenschaft zurück. Ämilian erfährt, dass Cäsar Rupf in der Lage ist, das Römische Reich zu retten. Er verlangt von seiner Verlobten, die geforderte Gegenleistung zu erbringen und Rupf statt ihn zu heiraten. Alle Anwesenden stimmen ihm zu – am Ende sogar Rea selbst. Nur Romulus stimmt nicht zu. Er findet, dass die Liebe zu einer Person wichtiger ist als die zum eigenen Vaterland.

Als Romulus abends ins Bett gehen möchte, suchen nacheinander mehrere Personen das Gespräch mit ihm in seinem Schlafzimmer. Zuerst besucht ihn seine Frau Julia. Sie will sich von ihm verabschieden und noch in der Nacht mit einem Floß nach Sizilien aufbrechen. Dort will sie den Widerstand gegen die Germanen fortsetzen. Romulus findet das sinnlos. Er glaubt, Rom wäre eh verloren. Wenig später bittet Prinzessin Rea ihren Vater, dem Deal mit Cäsar Rupf zuzustimmen, hat aber keine Chance. Er nimmt stattdessen liebevoll Abschied von seiner Tochter und erklärt ihr, dass er vermutlich bald von den Germanen getötet werde. Kurze Zeit später klettert Ämilian heimlich durch ein Fenster in das Schlafzimmer des Kaisers. Die beiden Männer stoßen auf die Gerechtigkeit an. Romulus steht auf und tritt dabei einem der Minister auf die Finger, der sich unter dem Tisch versteckt hatte. Nach und nach kommen aus mehreren Verstecken die übrigen Minister, Kaiser Zeno und seine Kämmerer, Soldaten und sogar Romulus Koch hervor. Sie alle tragen schwarze Mäntel und sind bewaffnet. Sie wollen Romulus zur Rechenschaft ziehen.

Dieser zieht sein Kaisergewand an und erklärt erneut, dass Rom keine andere Wahl habe, als sich selbst zu opfern. Seine Verschwörer heben die Waffen und wollen Romulus umbringen. In diesem Augenblick erfahren die Anwesenden, dass die Germanen kommen. In Panik rennen alle davon. Romulus legt sich lieber schlafen.

Am Morgen erfährt der Kaiser, dass seine Verschwörer und seine Familie bei der Überfahrt nach Sizilien gestorben sind. Wenig später kommen die Germanen. Der germanische Anführer Odoaker betritt das Schlafzimmer und kommt mit Romulus ins Gespräch. Sie reden unter anderem über die Hühnerzucht und über germanisches Bier. Statt Romulus zu töten, will sich Odoaker den Römern unterwerfen. Er lehnt den Krieg ab und möchte Frieden. Romulus fleht den Germanen hingegen an, ihn zu töten. Odoaker beschließt stattdessen, Romulus zu pensionieren. Er selbst will König von Italien werden. Die germanischen Truppen kommen herein und ehren den Kaiser. Odoaker weist Romulus eine Villa zu und setzt eine Pension von 6000 Goldmünzen fest.

Für ihre Darstellung bekamen die Schülerinnen und Schüler jede Menge Applaus und Standing Ovation. Besonders die charakterstarken Rollen des Romulus und des Cäsar Rupf kamen gut beim Publikum an. Der Applaus galt aber nicht nur den Schülerinnen und Schülern auf der Bühne. Auch im Hintergrund waren einige von ihnen tätig und kümmerten sich etwa um Kostüm, Licht und Ton. Auch für Ingrid Bonța und Liana Dumitru vom Coquette Theater in Bukarest gab es viel Applaus – und einige Blumensträuße.

Hannah WEIDEN

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.