Kinder sind unsere Zukunft

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Interview mit der Bukarester Grundschullehrerin Sorana Oltean

Ausgabe Nr. 2798

Sorana Oltean.

Sorana Oltean ist seit dem Schulabschluss des Pädagogischen Lyzeums in Hermannstadt im Lehramt tätig und seit 20 Jahren Lehrerin am Goethe-Kolleg in Bukarest. Sie hat das Laternenfest an der Schule eingeführt und leitet seit mehreren Jahren die deutsche Volkstanzgruppe. Ein Gespräch über ihren Beruf und ihre Tätigkeit an der Schule führte HZ-Redakteurin Cynthia P i n t e r:

Stellen Sie sich bitte vor.

Mein Name ist Sorana Oltean, ich bin 40 Jahre alt und komme aus Elisabethstadt. Ich habe die deutsche Abteilung des Pädagogischen Lyzeums in Hermannstadt abgeschlossen und unterrichte nun schon seit 20 Jahren am Goethe Kolleg in Bukarest.

Was hat Sie dazu bewogen, den Beruf der Grundschullehrerin wahrzunehmen? War das Pädagogische Lyzeum in Hermannstadt ausschlaggebend für Ihre berufliche Laufbahn?

Ich habe meinen Beruf immer auch als Berufung empfunden. Das war also keine schwere Entscheidung. Ich mag Kinder und habe schon immer den Drang verspürt, mein Wissen an sie weiterzugeben. Kinder sind schließlich unsere Zukunft. Wenn sie mit den richtigen Werten aufwachsen und Kultur Teil ihrer Erziehung ist, müsste unsere Welt besser werden, denke ich.

Das Pädagogische Lyzeum in Hermannstadt hatte sicherlich eine ausschlaggebende Rolle in meiner Zukunftsorientierung. Hier wurde mir bestätigt, dass dieser Beruf der Richtige für mich ist. Alles was mir hier für meinen Weg mitgegeben worden ist und alles was ich gelernt habe, hat mir sehr geholfen und ich habe es auch eingesetzt.

Das Wichtigste, was ich dort gelernt habe, ist den Kindern nicht nur Mathematik und Deutsch beizubringen, sondern gleichermaßen im Unterricht ihre Kreativität und Neugierde zu stimulieren, indem sie sich mit Kultur und Geschichte auseinandersetzen müssen und Antworten auf die eigenen Fragen selbst aufdecken können. Meiner Meinung nach wäre, allgemein im Unterricht, eine Verschiebung der Akzente in diesem Sinne sehr zu begrüßen.

Wie viele Generationen haben Sie durch die Grundschule begleitet? Welche Klasse betreuen Sie jetzt und wie viele Kinder sind in Ihrer Klasse?

Dies ist jetzt die fünfte Generation, die ich betreue. Ich habe dieses Jahr die Vorschulklasse übernommen, mit 24 Kindern. Das ist optimal, denn ich hatte immer mehr als 30 Schüler pro Jahrgang.

Sie sind nun seit mehr als 20 Jahren im Lehramt in Bukarest tätig. Wie groß ist die Nachfrage eine deutsche Schule zu besuchen? Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für die rumänischen Eltern, ihre Kinder in eine deutsche Schule zu schicken?

In Bukarest gibt es eine einzige deutsche staatliche Schule, daher also auch eine entsprechend große Nachfrage. Die Eltern, die ihre Kinder bei uns einschulen, sind der Meinung, Deutsch ist eine Sprache der Zukunft, die ihren Kindern bessere Chancen für ihr zukünftiges berufliches Leben verleiht. Die deutsche Sprache ermöglicht auch ein Studium im deutschsprachigen Ausland.

In Ihrer Klasse sind hauptsächlich rumänische Kinder. Wie wichtig ist für Sie, dass die Kinder nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch die Kultur und Traditionen der deutschen Minderheit in Rumänien kennenlernen?

Eine neue Sprache zu erlernen bedeutet auch, sich mit der Kultur, der Lebensweise, den Einstellungen und der Denkweise des entsprechenden Sprachraums auseinanderzusetzen. Eine Sprache muss in ihrer kulturellen Vielfalt betrachtet werden, also auch durch Kunst, Literatur, Musik und Traditionen.

Glücklicherweise komme ich aus einer Gegend, in der Multikulturalität meinen Alltag geprägt hat. Die Verflechtung deutscher, ungarischer und rumänischer Traditionen hat – denke ich – viel zu meinem heutigen Selbst beigetragen und ermöglicht es mir heute, dieses Wissen, sowie einige der Bräuche und Traditionen der siebenbürgischen Kultur, uns insbesondere diejenigen der deutschen Minderheit, den Kindern in Bukarest nahezulegen.

Die Volkstanzgruppe des Goethe-Kollegs bei einem Auftritt in Corbeanca 2016.  Fotos: Privat

Sie sind die Gründerin der Volkstanzgruppe am Goethe-Kolleg. Seit wann gibt es diese Tanzgruppe und wo gab es bisher Auftritte?

Die Volkstanzgruppe habe ich bereits 2015 gegründet und wir hatten schon recht viele Auftritte. 2015 waren wir sogar auf Tournee: in Mediasch, an der Hermann Oberth Schule, in Schäßburg, an der Joseph Haltrich Schule, in Kronstadt, an der Jules Verne Schule, und in Hermannstadt, im Spiegelsaal des Deutschen Forums.

Wir tanzen seither jährlich in Bukarest, z. B. beim Europatag, beim Internationalen Tag der Muttersprache oder bei Veranstaltungen der Hellenischen Union. Wir sind aber auch in Hermannstadt (beim Maifest), in Sathmar (beim Tanzgruppentreffen, organisiert von ADJ), oder in Jassy (beim 11. Treffen der Altreichdeutschen) aufgetreten.

Sie haben 2007 zum ersten Mal am Goethe-Kolleg das Laternenfest organisiert. Wie kam das Martinsfest in Bukarest bei den Kindern an und wie hat es sich bis heute entwickelt?

Das Laternenfest ist ein besinnliches Fest: die Lichter der Laternen, die in der Nacht leuchten und die Herzen der Menschen erwärmen, das Singen der Kinder, die gute Tat Martins und das Teilen, ohne Gegenleistung zu erwarten… Mein Wunsch war, dass auch die Schüler des Deutschen Goethe Kollegs dieses Fest erleben, und seine Bedeutung nachvollziehen können. Ich glaube, das ist mir gelungen.

Es gibt ungefähr 600 Grundschüler bei uns, mit den jeweiligen Eltern, die sich am Laternenfest beteiligen. Der Schulhof wird mit hängenden, bunten Laternen geschmückt, der Schulchor bereitet das Martinssingen vor (ein Soundsystem ist jährlich auch vorhanden) und die Eltern organisieren kleine Imbissstände. Für den Laternenumzug basteln die Schüler in den Kunststunden ihre Laternen, und in den Musikstunden lernen sie Laternenlieder singen. Nach dem Laternenumzug werden die Kinder, die Eltern und die Lehrer beim Konzert der Chor- und Instrumentalgruppe und beim Imbiss im Schulhof erwartet. Im November 2015 ist es mir gelungen, die Legende des Sankt Martin im Schulhof darzustellen, mit Schauspieler, Reiter und Pferd, von einem Reithof. Das war sehr schwer zu organisieren, da das DGK im Stadtzentrum liegt und, wegen der engen Straßen rundherum, schwer erreichbar ist, besonders wenn ein Pferd und Schutzwände in den Schulhof transportiert werden müssen.

Martinsfest 2015.

Wieso sind Ihrer Meinung nach außerschulische Aktivitäten wichtig für die Kinder?

Schulkinder sollten ihrem Kopf mal eine Pause gönnen, und sich auch auf andere Dinge konzentrieren, als nur auf den Schulalltag. Diese wohlverdiente Pause tut gut und gibt ihnen neue Energie.

Immer wenn Kinder in Teams arbeiten, lernen sie, wie man zusammenhält und gemeinsam Aufgaben bewältigt, bzw. gemeinsam Ziele erreicht. So werden die sozialen Kompetenzen der Kinder gefördert.

In der Klasse haben sich bereits feste Cliquen gebildet und die meisten Kinder haben einen festen Freundeskreis. Durch außerschulische Aktivitäten gibt es die großartige Möglichkeit, auch neue Leute kennenzulernen und vielleicht einen neuen Freund oder eine neue Freundin zu finden.

Der wichtigste Grund kommt zum Schluss: außerschulische Aktivitäten machen einfach Spaß! Damit etwas Spaß macht, ist es natürlich wichtig, dass eine Aktivität gefunden wird, für die schon Interesse oder eine Begabung existieren. Dann ist das Kind stärker motiviert und die Gefahr einer Frustration geringer.

Arbeiten Sie mit den anderen Lehrerinnen zusammen beim Organisieren der Feste und Feiern der Kinder?

Zusammenarbeit ist wichtig beim Organisieren von Festen und Feiern, man kann nicht alles allein machen. Außerdem muss alles in einem offiziellen Rahmen stattfinden; dementsprechend ist auch der Beistand der Schulleitung wichtig. Es gibt natürlich auch Kolleginnen, die immer an meiner Seite waren und die mich ermutigt und mir geholfen haben. Das war und ist sehr wichtig. Jede zusätzliche Hilfe ist bei solchen Veranstaltungen wichtig. Ich möchte an dieser Stelle auch unbedingt die Unterstützung seitens des Deutschen Forums erwähnen, sowie auch die Beiträge der Deutschen Sendung des Rumänischen Fernsehens TVR.

Inwieweit haben Eltern ein Mitspracherecht, wenn es um die Gestaltung des Schulalltags geht? Es gibt ja Mütter, die sich engagieren und mitentscheiden wollen.

Die Eltern haben nur bedingt ein Mitspracherecht, und zwar mittels des Elternverbandes, der sich in regelmäßigen Abständen mit der Schulleitung austauscht, und somit bei schulischen Angelegenheiten mitsprechen kann.

Darüber hinaus gibt es viele Eltern, die sich gerne engagieren und die Lehrer/innen in ihrem Schulalltag oder bei außerschulischen Aktivitäten tatkräftig unterstützen.

Was würden Sie anderen Menschen raten, die Ihren Beruf ergreifen wollen?

Man sollte sich für diesen Beruf nur dann entscheiden, wenn man Kinder besonders mag, und wenn man bereit ist, sich täglich neu zu erfinden. Sehr viel Geduld und Ausdauer muss man natürlich auch mitbringen. Wer noch dazu die Welt mit Kinderaugen sehen kann, hat genügend Fantasie und Humor, um den Alltag viel entspannter angehen zu können!

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Schule.