Volkstrauertag auf dem Hermannstädter Heldenfriedhof
Ausgabe Nr. 2796
Gemeinsam mit der ,,Nicolae Bălcescu“-Bodentruppenakademie Hermannstadt hat das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt auch in diesem Jahr zum Volkstrauertag eine Kranzniederlegung organisiert. Diese fand am Mittwoch auf dem Heldenfriedhof neben dem städtischen Hermannstädter Friedhof statt. Dabei wurde aller Opfer von Gewaltherrschaft und Tyrannei des letzten wie auch dieses Jahrhunderts gedacht. In diesem Jahr stand der Volkstrauertag im Zeichen der Erinnerung an die beiden Weltkriege aber auch im Angesicht des grausamen Krieges in der Ukraine. Kränze niedergelegt haben außer den beiden Organisatoren das Bürgermeisteramt, der Kreisrat und die Präfektur Hermannstadt sowie der Verein der Kriegsveteranen. Vertreter der rumänisch-orthodoxen, der griechisch-katholischen und der evangelischen Kirche A. B. hielten eine Andacht.
Lesen Sie im Folgenden die Ansprache von Konsulin Kerstin Ursula Jahn:
Anlässlich des Volkstrauertages, der in Deutschland am vergangenen Sonntag begangen wurde, sind auch wir heute hier zusammengekommen, um auf dem deutsch-rumänischen Ehrenfriedhof für die Gefallenen der Weltkriege und der Kriegs-Veteranen gemeinsam der Toten der Weltkriege zu gedenken.
Im Angesicht des unermesslichen Leids, das der erste Weltkrieg über die Menschen brachte, wurde 1922 in Deutschland der erste Volkstrauertag begangen. Der damalige Reichstagspräsident Paul Löbe rief anlässlich der offiziellen Feierstunde im deutschen Reichstag in Berlin eindringlich zur Abkehr vom Hass auf. Die gemeinsame Trauer um die Toten des ersten Weltkrieges entfaltete eine gesellschaftlich verbindende Wirkung.
Das war vor 100 Jahren.
Nur 17 Jahre später herrschte wieder Krieg in Europa. Auch dieser weitete sich aus zum Weltkrieg und er wurde noch grausamer, brachte noch unvorstellbarere Abgründe des Menschlichen hervor, als der vorherige. Allein um die 25 Millionen Soldaten wurden im zweiten Weltkrieg getötet, womöglich waren es noch viel mehr. Viele, wahrscheinlich die allermeisten von ihnen, töteten, bevor sie selbst starben.
Täter und Opfer in einer Person.
Vor 5 Tagen haben wir in Deutschland meinen Schwiegervater zu Grabe getragen. 1935 geboren, durchlebte er eine typische Kriegskindheit, ohne Vater, der als Soldat an unterschiedlichen Fronten eingesetzt wurde. Er erlebte, wie das Haus, in dessen Keller er und zahlreiche andere Menschen in Todesangst hockten, abbrannte. Er sah die ganze Straße seiner Kindheit in Flammen stehen, schwieg zusammen mit allen anderen Überlebenden über das Grauen des Schicksals derer, die aus dem verschütteten Nachbarkeller nicht gerettet werden konnten.
Es gibt wieder Kinder in Europa, die wie mein Schwiegervater vor 80 Jahren in Todesangst in Kellern hocken, während aus bemannten Flugzeugen und unbemannten Drohnen Bomben fallen. Die Bilder aus der Ukraine haben die Traumata, die mein Schwiegervater seit seiner Kriegskindheit mit sich herumtrug, wiederaufleben lassen. Sie haben ihn mutlos gemacht, haben ihm viel der noch vorhandenen Lebensenergie geraubt, ihn am Ende seines Lebens zum Weinen gebracht.
100 Jahre nach der ersten Feierstunde zum Gedenken der Kriegstoten im deutschen Reichstag, stehen wir heute hier auf diesem Friedhof zusammen im Angesicht eines grausamen Krieges, der aktuell den Menschen im Nachbarland Rumäniens schlimmstes Leid bringt.
Das macht sprachlos, gerade an solch einem Ort, wie diesem. Die Menschen haben noch immer nicht verstanden, dass es im Krieg keine Gewinner gibt.
Wir gedenken der Menschen, die Opfer von Hass, Gewalt und Krieg wurden.
Aber Soldatenfriedhöfe sind nicht ausschließlich Stätten der Trauer, sie sind auch Stätten der Begegnung und der Versöhnung.
Bundespräsident Frank Walter Steinmeier sagte in seinem Totengedenken am vergangenen Sonntag im Bundestag:
„Unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen. Zu Hause und in der ganzen Welt.“
In diesem Sinne danke ich Ihnen allen für diese gemeinsame Gedenkstunde.