,,Wir stehen vor einem Berg…“

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Streiflichter von den Benefizveranstaltungen für die Revision der Sauer-Orgel

Ausgabe Nr. 2792

Portativ und Orgelpfeife:  Mehrere Benefizveranstaltungen haben am Wochenende zugunsten der Sauer-Orgel in der evangelischen Stadtpfarrkirche stattgefunden. Unser Bild: An dem den Kindern gewidmeten Samstagnachmittag präsentierten Stadtkantorin Brita Falch-Leutert ein Portativ und Musikwart Jürg Leutert eine Orgelpfeife.                                                Foto: Beatrice UNGAR

,,Wir stehen vor einem Berg, dessen Höhe wir noch nicht kennen“, sagte Musikwart Jürg Leutert und meinte damit die Sauerorgel in der evangelischen Stadtpfarrkirche, die dringend einer Revision bedarf. Allerdings muss fachgerecht festgestellt werden, wie arbeitsaufwändig dieser Einsatz sein wird. Sicher sei, dass die 7.000 Orgelpfeifen erstmal entfernt und gereinigt werden müssen und dies ca. ein halbes Jahr dauern werde.

Für die Realisierung ebendieses äußerst kostspieligen Projektes wurde am Wochenende die entscheidende Grundlage gelegt: Unter dem Patronat vierer Botschaften und zahlreicher weiterer Institutionen organisierte die evangelische Kirchengemeinde Hermannstadt mehrere Benefizveranstaltungen. Am Freitagabend, im Anschluss an die Taizéandacht, lud Stadtkantorin Brita Falch-Leutert auf die Empore der Stadtpfarrkirche zur Vorführung des Stummfilms ,,The Bank” von Charlie Chaplin ein, welchen sie mit einer kunstvollen Orgelimprovisation untermalte. Das Besondere dabei war nicht nur, dass Film und Sauer-Orgel das gemeinsame ,,Geburtsjahr” 1915 eint. Vielmehr versetzten Falch-Leuterts virtuose und facettenreiche Improvisationen das Publikum völlig ins Staunen: Ihre Augen fortwährend auf die Leinwand gerichtet, schienen sich Füße und Hände auf der Orgel zu verselbstständigen. Haargenau, zu jeder Filmszene und noch so kleinen Bewegung der Schauspieler fand sie mit harmonischer Raffinesse den passenden musikalischen Ausdruck und schaffte es, den Humor des Films zu verstärken, die Spannung zu erhöhen und die Zuhörer schließlich geradezu in einen Kinosaal der 1920er zu versetzen. Am Samstag Nachmittag bestand für Klein und Groß die Möglichkeit, die Orgeln in der Stadtpfarrkirche auch anhand einer kleinen  Theaterszene von Dagmar Dusil, gespielt von Elisa Gunesch und Daniel Plier, zu erleben.

Melinda Samson (Sopran) und Elisa Gunesch (Mezzosopran) brachten gemeinsam mit einigen Instumentalisten ein Duett von Gustav Fleischer zu Gehör.                                Foto: Max SHUZ

Den Höhepunkt der Veranstaltungsreihe stellte schließlich das Benefizkonzert am Samstagabend dar, bei welchem den Besuchern eine bunte Mischung mit Werken aus Barock und Klassik geboten wurde. Dabei gestalteten das Programm unter Leitung des Musikerehepaars Leutert Mitglieder der Hermannstädter Staatsphilharmonie gemeinsam mit Musikern aus der Kirchengemeinde selbst.

Mit Giuseppes Torellis Sinfonie in D eröffnete der Trompeter Sándor Medve das Konzert, wobei seine solistischen Trompetenklänge einfühlsam vom Orchester untermalt wurden. Im Anschluss begrüßte Stadtpfarrer Kilian Dörr die Gäste und sagte, ein jeder habe durch sein Kommen gezeigt, dass ihm persönlich der Erhalt der Sauerorgel am Herzen liege.  Bevor den Zuhörern Melodien aus Johann Heinrich Schmelzers ,,1000 Gulden Sonate” präsentiert wurden – ein einzigartiges Klangerlebnis mit Streichern, Fagott und Orgel aus dem 17. Jahrhundert – wandte sich der Schweizer Botschafter Arthur Mattli an das Publikum und betonte die dringende Notwendigkeit einer Restaurierung dieses Orgelschatzes, welche ihm persönlich sehr am Herzen liege. Erstmalig hatte Mattli bei einer Stadtführung im Rahmen des diesjährigen Internationalen Hermannstädter Theaterfestivals über die Situation der Sauer-Orgel erfahren, und setzte seitdem alles daran, den Erhalt des Instrumentes zu sichern, sodass diese Benefizveranstaltung gerade der Initiative dieses musikbegeisterten Diplomaten zu verdanken ist.

Der Schweizer Botschafter Arthur Mattli.           Foto: Max SHUZ

Besonders eindrucksvoll erfüllten im weiteren Verlauf pompöse Klänge des ,,Cäcilienmarschs” für drei Orgeln die Stadtpfarrkirche. Vom Schweizer Komponisten Anselm Schubiger zu Ehren der Heiligen Cäcilia, der Patronin der Kirchenmusik, komponiert, passt dieses Werk so gut wie kaum ein anderes in ein Benefizkonzert zugunsten einer Orgelrestaurierung. Drei Orgeln, die Stolzenburger Orgel (Jürg Leutert), das Binder-Positiv (Monica Florescu) sowie die angeschlagene Sauer-Orgel (Brita Falch-Leutert) kamen in ein und demselben Stück zu Wort, mal gleichzeitig, mal in perfekt abgestimmtem Wechselspiel. Die Köpfe der Zuhörer waren in ständige Bewegung versetzt: nach rechts, nach links und hinauf zur Empore wurde den Klängen der jeweiligen Orgel gefolgt – ein einmaliges (Klang-)Erlebnis! Vor allem die Sauer-Orgel beeindruckte dabei mit ganzer Pracht und ließ fast vergessen, in welch mitgenommenem Zustand sie in Wahrheit ist. Musikwart Jürg Leutert stellte diesbezüglich klar: ,,Im Trio wird sie einen guten Eindruck machen. Leider ist sie jedoch für das Solospiel momentan kaum brauchbar.” 1915 vom Frankfurter Orgelbauer Sauer gefertigt, verbirgt sich die elektropneumatische Orgel hinter dem imposanten Johann Vest-Prospekt aus dem 17. Jahrhundert, wobei die vier Manuale und 78 Register ihre enorme Stattlichkeit bezeugen. Zwar wurde das Instrument bereits 1997 einer Restauration unterzogen. Doch aufgrund des zunehmenden technischen Verschleißes sowie der u. a. durch die Kirchenrenovierung verursachten massiven Verschmutzung befindet sich die Orgel momentan in einem kritischen Zustand. Leutert wies dabei insbesondere auf Störungen bei den Windladen sowie auf unkontrollierbare Fehler während des Orgelspiels hin, weshalb sie einer umfassenden Generalrevision bedarf. Durchgeführt werden soll diese von der Orgelbaufirma COT aus Honigberg. Aufgrund des hohen Aufwands, alle 7.000 Orgelpfeifen hinauszutragen und zu reinigen, ist das Problem der Finanzierbarkeit selbsterklärend – immerhin ist die größte Orgelpfeife 8 Meter hoch und 100 Kilogramm schwer. So stellte auch Stadtpfarrer Dörr klar: ,,Bei großen Instrumenten muss man auch immer groß denken.” Denn schließlich gilt die Hauptorgel der Stadtpfarrkirche als eines der größten, bedeutendsten und vor allem wertvollsten Instrumente ganz Siebenbürgens. Apropos Siebenbürgen: Auf die pompösen Klänge des Cäcilienmarsches folgten mit ,,Sollt ich meinem Gott nicht singen” etwas sanftere Melodien des Siebenbürgischen Komponisten Gustav Fleischer. In reinster Intonation präsentierten Elisa Gunesch und Melinda Samson das ursprünglich als Manuskript aus Katzendorf überlieferte Duett. Nach Werken von Mozart und Rousseau wurde schließlich mit der bekannten Melodie des ,,Prelude” aus Marc-Antoine Charpentiers ,,Te Deum” ein würdiger Abschluss des Konzertes bereitet, wobei die Leistung der Beteiligten mit minutenlangem Applaus gewürdigt wurde.

Am Ende dieser Benefizreihe steht klar und unverkennbar das Ziel aller Beteiligten wie Konzertbesucher, alles für eine Renovierung dieses musikalischen Schatzes tun zu wollen, da nur so eine Bewahrung möglich ist. Denn der heiligen Cäcilia alleine könne das Schicksal des Instrumentes schließlich nicht überlassen werden, so Leutert. Den Berg, dessen Höhe wir noch nicht kennen, müssen wir daher selbst bezwingen – gemeinsam!

Mit dem Benefizkonzert wurde der Grundstein für das Bezwingen dieses Berges gelegt. Doch auch Sie können, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, Ihren ganz persönlichen Beitrag zur Renovierung der Sauer-Orgel leisten. Spenden in Lei können mit dem Hinweis ,,ORGA” an das Konto RO81 RZBR 0000 0600 0906 4749 bei der Raiffeisen Bank Hermannstadt überwiesen werden.

Fabian LUTSCH

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.