Streiflichter vom Empfang des Deutschen Konsulats am Tag der Deutschen Einheit
Ausgabe Nr. 2790
,,Vor etwas weniger als 33 Jahren, am Morgen des 10. November 1989, war ich, 21jährig und Anwärterin des deutschen diplomatischen Dienstes, in Paris auf dem Weg zu einer Veranstaltung der UNESCO. Noch unter dem Eindruck der Bilder der vorangegangenen Nacht, lud der Fahrer des Dienstwagens mich zu einem frühen Morgen-Kaffee ein, mit den Worten: ,Ich komme ursprünglich aus Leipzig. Ich möchte jetzt mit Ihnen einen Kaffee darauf trinken, dass die Mauer gefallen ist!‘ Unvergessen für mich dieser Moment, als dieser mir fast Fremde, der mindestens mein Vater hätte sein können, und ich mit Tränen der Rührung und des Staunens in unseren Augen inmitten dieses quirligen Pariser Bistrots unseren ,petit noir‘ tranken.“ Diese Erinnerung gab Konsulin Kerstin Ursula Jahn in ihrer Ansprache beim traditionellen Empfang des Konsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober preis.
Konsulin Jahn dankte auch dem aus Kronstadt angereisten Chor der 35 Honterianerinnen und Honterianern, die die Europa-Hymne sangen, nachdem zum Auftakt des Empfangs die Staatshymnen Deutschlands und Rumäniens vom Band erklungen waren: ,,Ich danke Euch aus vollem Herzen für diesen sehr besonderen Moment. Ihr habt wunderbar gesungen. Die Fahrt des Chores von und nach Kronstadt wurde organisiert und finanziert von der M&V Schmidt Stiftung. Dafür an dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank!“
Die Konsulin dankte allen Anwesenden, die der Einladung zur 32. Feier des Tages der Deutschen Einheit und wies darauf hin, dass am 9. November 1989, als ,,DIE Mauer“ fiel nicht nur die Deutschen ein Freudentaumel erfasst habe: ,,In Europa, ja in der ganzen Welt nahmen die Menschen Anteil am nicht für möglich gehaltenen Mauerfall in Deutschland. Die Symbolkraft strahlte zudem weit über Deutschland hinaus. Der Revolutionsfunke sprang über. Ich bin mir sehr bewusst, dass im selben Jahr, nur kurz nach dem deutschen Mauerfall, in Rumänien eine leider blutige Revolution stattfand, die viele unschuldige Opfer forderte und Leid über die betroffenen Familien brachte.
Mit Beginn des neuen Jahrzehnts herrschte Aufbruchstimmung in Europa: eine gänzliche Neuordnung schien möglich und erstrebenswert. 1992, nur zweieinhalb Jahre nach den umwälzenden Ereignissen von 1989, schlossen Deutschland und Rumänien einen Vertrag über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa.
Und so freue ich mich, den heutigen Tag der Deutschen Einheit zusammen mit Ihnen in einem für unsere beiden Länder besonderen Jahr begehen zu können, dem Jahr des 30. Jubiläums des Freundschaftsvertrages, der in vielerlei Hinsicht wegweisend war und die Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien im Grunde bis heute bestimmt.
Diesen 32. Tag der deutschen Einheit begehen wir aber leider auch im extrem beunruhigenden Kontext des russischen Angriffskrieges auf Rumäniens Nachbarland, von dem wir alle nicht wissen, welche Ausmaße er noch annehmen, wie lange er dauern, welche Auswirkungen er womöglich auf jede Einzelne, auf jeden Einzelnen von uns noch haben wird.
Seit 15 Jahren ist Rumänien in der EU ein verlässlicher Partner. Auch dies ist in diesem Kriegsjahr 2022 immer wieder deutlich geworden.“
Jede und jeder unter Ihnen hat ein besonderes Verhältnis zu Deutschland und auch zu Rumänien, das zeigt Ihre Anwesenheit hier: Sei es, dass Sie Siebenbürger-Sächsin und in einem der Foren der Deutschen in Rumänien aktiv sind. Sei es, dass Sie Kulturschaffender sind und sich musikalisch, tanzend, bildhauerisch oder theatralisch frei über Länder und Sprachgrenzen hinweg ausdrücken. Sei es, dass Sie einer deutschen Firma angehören, die in Rumänien produziert und für den Standort Europa wirkt. Sei es, dass Sie als rumänische Politikerin enge Beziehungen zu Deutschland pflegen oder deutsche Investoren vor Ort bei Firmengründungen und Erweiterungen tatkräftig zu unterstützen. Sei es, dass Sie als Geistlicher in tiefer Religiosität die Ökumene leben. Sei es, dass Sie Lehrer oder Schulleiterin sind und sich täglich für den Erhalt der deutschen Unterrichtssprache an rumänischen Schulen einsetzen. Sei es, dass Sie beruflich als Angehöriger des deutschen oder rumänischen Militärs Ihr Möglichstes tun, den Frieden in Europa zu schützen. Sei es, dass Sie als Schüler oder Schülerin die Ode an die Freude singen.
Jede und jeder von Ihnen könnte von dem persönlichen Abenteuer berichten, es gewagt zu haben, sich auf jemanden aus dem jeweils anderen Land einzulassen, beruflich oder privat.
30 Duos haben genau das getan: Einblick in dieses persönliche Abenteuer gegeben. Entstanden ist daraus eine vom Goethe Institut in Bukarest zusammengestellte digitale Ausstellung mit dem Titel ,Wir Zwei /Noi doi‘.“
Fotos aus dieser Ausstellung waren auf einem Bildschirm zu sehen.
Im Geiste des vor 30 Jahren geschlossenen Freundschaftsvertrages bat Konsulin Jahn Hermannstadts Bürgermeisterin Astrid Fodor um ein Grußwort, das auszugsweise weiter unten zu lesen ist.
B. U.
Ein starker und engagierter Partner
Hermannstadt ist mit Deutschland durch Geschichte, Traditionen und Kultur verbunden, aber auch durch die kraftvollen gegewärtigen Beziehungen. Aus diesem Grund feiert Hermannstadt heute einen wichtigen Tag eines starken und engagierten Partners Rumäniens und unserer Stadt.
Die Zusammenarbeit zwischen Hermannstadt und Deutschland ist kein einfaches Lippenbekenntnis, sondern gestaltet sich sehr konkret und führt zu greifbaren Ergebnissen: Die wichtigste Komponente dieser Beziehung ist durch die in Hermannstadt ansässigen deutschen Investoren gegeben, die Tausende von Arbeitsplätze geschaffen und somit zur Entwicklung der Stadt beigetragen haben.
Gemeinsam mit der deutschen Wirtschaft haben wir in Hermannstadt die duale Ausbildung entwickelt; es sind diese Firmen die sich auch für weitere Projekte der Gemeinschaft eingesetzt haben. Diese Form des technischen Unterrichts ergänzt die Bemühungen für den Erhalt des Unterrichts in deutscher Sprache, für den sich auch der deutsche Staat engagiert, sehr harmonisch. An diesem Unterricht haben vor allem Kinder aus Familien in denen kein Deutsch gesprochen wird, teil.
Die kulturellen Beziehungen zwischen Hermannstadt und Deutschland werden auch durch die Beziehungen zu den Partnerstädten Marburg und Landshut weiter erhalten und fortlaufend entwickelt. Mit Landshut haben wir neulich 20 Jahre seit Gründung der Städtepartnerschaft gefeiert.
Das Deutsche Konsulat in Hermannstadt ist einer der Akteure, die seit 32 Jahren diese Beziehung mit Leben füllen und dynamisch gestalten und dafür beglückwünsche ich Sie, Frau Konsulin, Sie und Ihre Vorgänger. Die Präsenz und die Beständigkeit eines deutschen Konsulats in Hermannstadt sind für die Stadt und die Beziehung zu Deutschland besonders wichtig; gibt es doch zwischen unserer Stadt und Deutschland langjährige und solide Beziehungen. Insbesondere schätze ich die eindrucksvolle Weise in der sich das Deutsche Konsulat in die Projekte involviert, die sich auf die deutsche Kultur und Tradition in Hermannstadt beziehen, aber auch in das Gemeinschafstleben im Allgemeinen. Ihre Teilnahme, werte Frau Konsulin, als Vertreterin des deutschen Staates, an fast allen wichtigen Ereignissen der Stadt, zeugt von Respekt für die Hermannstädter Gemeinschaft, welche diese Geste zu schätzen weiß.
Daher freuen wir uns heute als Stadt, anlässlich des Nationalfeiertages der Bundesrepublik Deutschland, an Ihrer Seite zu sein, Ihnen die besten Wünsche zu überbringen sowie die Hoffnung, dass diese Beziehung weiter währt. Hermannstadt verfügt weiterhin über die Offenheit und das Potential für weitere Kooperationen. Astrid FODOR