Das Ensemble ,,Violoncellissimo“ konzertierte im Thaliasaal in Hermannstadt
Ausgabe Nr. 2791
Spaß und Elan steht ihnen ins Gesicht geschrieben; das Lächeln beim Musizieren ist unverkennbar. Als die Cellis zu klingen beginnen, scheinen Leidenschaft und Begeisterung der Musiker regelrecht auf die Konzertbesucher im gut gefüllten Thaliasaal überzuspringen. Der Marsch des österreichischen Komponisten Johann Schrammel „Wien bleibt Wien” – in diesem Fall wohl eher „Hermannstadt bleibt Hermannstadt” – eröffnet pompös das einzigartige Konzert des rumänischen Kammermusikensembles „Violoncellissimo“ am Mittwoch der Vorwoche im Thaliasaal.
Unter dem Titel „Euforica” touren die 14 Musiker diesen Herbst durch das ganze Land; äußerst erfolgreiche Konzerte in Arad und Großwardein haben sie bereits hinter sich. Unter Leitung und Initiative des renommierten Bukarester Musikprofessors Marin Cazacu besteht das Ensemble bereits seit über 20 Jahren. Gegründet als Projekt gemeinsam mit seinen Schülern, sucht Cazacu dadurch nach eigener Aussage einen „neuen Weg zur Förderung junger Musiktalente”. Mit Erfolg! „Violoncellissimo“ zählt längst zu den bekanntesten rumänischen Kammermusikensembles unserer Zeit. Wie der Name schon vermuten lässt, setzt es sich hauptsächlich aus Cellisten zusammen, 12 sind es an der Zahl. Hinzu kommen eine Schlagzeugerin sowie ein Pianist. Neben Auftritten in den verschiedensten Städten Rumäniens gab „Violoncellissimo“ bereits Konzerte in der UNESCO-Hauptzentrale Paris, in Washington und sogar auf der EXPO 2021 in Dubai.
Repertoiregrenzen gibt es dabei nicht: „Von Barock bis Rock” lautet die Devise.
Den Zuhörer im Thalia-Saal nahm das Ensemble mit auf eine Reise durch mehrere Jahrhunderte Musikgeschichte. Diese Vielfalt spiegelte sich auch in der Kleidung der Musiker klar erkennbar wieder. Schwarze, einheitliche „Konzertuniform”? Fehlanzeige! Stattdessen verschiedenfarbige Hemden, Blusen, Kleider.
Nach der pompös-feurigen Eröffnung mit traditioneller Wiener Schrammelmusik nahm das Ensemble um Marin Cazacu die Konzertgemeinde mit in die Zeit des Barocks und präsentierte sanfte Celloklänge von Albinoni und Händel mit präziser Genauigkeit und einwandfreier Intonation. Melodiöse Legatobewegungen und Harmoniewendungen luden in Albinonis „Adagio“ zum Träumen ein, während das variationsreiche ,,Passacaglia” Händels mit festem Bassostinato durch plötzliche Tempowechsel überraschte.
Die ausdrucksstarke Filmmusik des weltberühmten Spielfilms „Pirates of the Caribbean” entpuppte sich als wie für das Cello komponiert. Sie bot als kurzes Intermezzo einen direkten Kontrast zu dem zuvor Dargebotenen.
Von der Karibik ging es dann schließlich einige tausend Kilometer weiter südlich ins argentinische Buenos Aires – mit Astor Piazzollas Tangos „Oblivion“ und „Libertango“. Äußerst virtuos schufen die Musiker durch akkurate Genauigkeit bei Triolen und Synkopen nicht nur eine schier dramatische Stimmung, sondern erzählten mit ihrer Darbietung geradezu eine Geschichte. Auf rhythmischer Grundlage des Schlagzeugs überzeugte allen voran der Pianist mit einer kunstvollen Improvisation nach der anderen und versetzte jeden Zuhörer ins Staunen.
Die humorvollen und geistreichen Zwischenmoderationen Cazacus unterhielten nicht nur das Publikum, sondern lieferten außerdem wertvolle Zusatzinformationen zu den dargebotenen Werken. Abwechslung boten auch unterschiedliche Soli und diverse kleinere Besetzungen bei stets perfekt abgestimmtem Zusammenspiel. Spätestens ab Jaques Offenbachs populärem „Can Can” war kein Halten mehr: Begeistert klatschte der Saal im Rhythmus zu der bekannten Melodie aus der Operette „Orpheus aus der Unterwelt” von 1858.
Dass nicht nur Klassiker von damals, sondern ebenso neuere Evergreens das Repertoire von „Violoncellissimo“ ausmachen, wurde mit Werken von Freddy Mercury und Michael Jackson bewiesen. Bei der „Bohemian Rhapsody” war jedermann kurz davor, laut mitzusingen und fühlte sich schier wie in einem Queen-Konzert. Und auch Jacksons „Smooth Criminal” war „kriminell mitreißend“!
Die Musiker nutzten gekonnt ihr Können und die exzellente Technik aus und schafften es gerade dadurch, beim Konzert mit einer solch vielfältigen Abwechslung zu überzeugen. Kurz zuvor hatte man noch das Gefühl auf einem Rockkonzert zu sein, wenige Minuten später wurde der Zuhörer durch Klänge von Schostakowitschs Walzer mitgerissen und in einen bewegten Traum versetzt. Auch bei einer solch eingängigen Melodie wurde die musikalische Raffinesse von „Violoncellissimo“ erneut an den Tag gelegt.
Apropos eingängige Melodien: Beethovens „Für Elise” oder dessen „5. Sinfonie“ ist Vielen gewiss ein Begriff! Nun wäre es doch langweilig für den Zuhörer, gleichsam wie für so hervorragende Musiker, sich jenen Klassikern das abertausendste Mal in der Ursprungsversion zuzuwenden.
Durch „Beethovens Rock”, ein geschmackvoll zusammengestelltes Potpourri des Ensemblemitglieds Radu Sinaci, konnte dem berühmten Komponisten und seinen Werken jedoch auf ganz neue Weise begegnet werden. Das geheimnisvolles „Für Elise” mit düsteren Mollklängen und rockigen Variationen über das Hauptmotiv der „5. Sinfonie“, wurden vom Publikum mit tosendem Applaus gewürdigt. Sogar Mozart, dessen Werke auf Beethoven im Übrigen einen beträchtlichen Einfluss ausübten, blieb schließlich nicht verschont und musste sich gleich zweimal einer „Neuinterpretation” hingeben. Mit dem „Alla Turca Rock” sowie dem Potpourri „Tribute to Mozart” wurden nicht nur alte Klassiker zu neuem Leben erweckt, es wurde ebenso bewiesen: Klassik kann alles andere als öde sein!
Nach solch ununterbrochen erstklassigen Interpretationen, welche den gesamten Saal mitrissen, hat sich ein Ende wohl kaum jemand herbeigewünscht.
Doch der Countdown lief – genauer gesagt der „Final Countdown“ – im Original übrigens von der Band „Europe”. Ein letztes Mal wurde bewiesen, wie vielschichtig alle Genres und Epochen von „Barock bis Rock” abgedeckt wurden und auf was für einem herausragenden Niveau die Virtuosität eines jeden Einzelnen dieser 14 Musiker liegt. Am Ende bleibt einem als Zuhörer ein Gefühl, durch das stetige Mitfiebern, die Spannung und die gelebte Leidenschaft, Teil dieser Musik geworden zu sein.
„Alles was wir fühlen, drücken wir durch Musik aus (…). Wir möchten Emotion, Energie und Optimismus vermitteln.” Man nimmt es ihm ab, was Marin Cazacu über die Motivation seines Ensembles berichtet. Dieser Abend bewies es!
Konzert verpasst? In den nächsten Wochen ist „Violoncellissimo“ mit der Tour „Euforica” weiter unterwegs – auch in Siebenbürgen. Konzerte stehen unter anderem noch in Deva, Bistritz oder Klausenburg an. Die genauen Veranstaltungstermine und weitere Infomationen lassen sich auf vio loncellissimo.ro einsehen.
Fabian LUTSCH