Ein lebendiges Museum

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Das alte Handwerk des Buchdrucks wiederbelebt

Ausgabe Nr. 2793

Die Ehepaare Beck (links) und Petrescu (rechts) stellten die Buchdruckpresse vor. Fotos: Ruxandra STĂNESCU

Ein kleines Druckereimuseum in der Altstadt von Hermannstadt wurde vor rund einem Monat eröffnet und bietet Workshops für Kinder und Erwachsene an. Wir wollen ein lebendiges Museum haben, ein Projekt, das dem Handwerk des Buchdrucks gewidmet ist, erklärten die Inhaber der Werkstatt in der Burgergasse/Ocnei, Delia und Tudor Petrescu.

„Muzeu Atelier Tipografie Sibiu”, kurz MATS (Museumswerkstatt Druckerei Hermannstadt) nannte das Architekten-Ehepaar ihr Museum, das offiziell am 20. September eingeweiht wurde.

„Das ist ein Projekt, das wir uns seit neun Jahren wünschen. Heute ist es endlich Wirklichkeit geworden“, sagte Delia Petrescu, die zusammen mit ihrem Ehemann MATS vorstellte. „Wir wollen hier kulturelle Aktivitäten für Kinder, Erwachsene, auch ältere Menschen anbieten. Gleichzeitig soll es zu einem Ort werden, der von Künstlern gesucht wird. Wir möchten Besuche und Demonstrationen für die breite Öffentlichkeit organisieren“, erklärten die Beiden. „Dies ist eine praktische, unterhaltsame, entspannende, und zu 100 Prozent analoge Aktivität. Natürlich ist digital gut, aber nicht alles muss digital sein. Im Rahmen der Druckworkshops finden zunächst theoretische Präsentationen statt, gefolgt von praktischen Anwendungen”, erklärte Delia Petrescu.

Tatsächlich umfasst die kleine Werkstatt eine traditionelle Buchdruckpresse, aber auch mehrere kleinere, die auch von Kindern benutzt werden können.

Die große Attraktion von MATS, deren Kauf auch die Eröffnung der Werkstatt vorangetrieben hat, ist eine handbetriebene kolumbianische Buchdruckpresse, die um das Jahr 1813 erfunden wurde. Weltweit gibt es noch etwa 400 Exemplare dieser Presse, die meisten davon in Großbritannien. Die Buchdruckpresse von MATS wurde von Beck Graphics Limited gekauft, einem in Malta ansässigen Druckunternehmen, das Teil einer Familienbetriebs mit langer Tradition in der Branche ist (seit 1919).

William Beck, Vertreter der dritten Generation der Familie, war mit seiner Ehefrau bei der Einweihung des Museums anwesend. Seine Rede war herzlich und bewegend. „Diese Maschine repräsentiert eine Ära, in der eine Druckmaschine manuell 50 Bogen pro Stunde drucken konnte. Jetzt werden durch Digitaldruck 40.000 Zeitschriften in einer Stunde produziert”, erklärte er. „Wir mussten unsere Firma vor 20 Jahren auflösen und seitdem habe ich versucht, für jede Maschine, die ich benutzt habe, ein passendes Haus zu finden”, erklärte der Geschäftsmann, der froh war, die Maschine in Hermannstadt sehen zu können: „Wenn das Schicksal spricht, höre ich zu. Mein Herz, mein Verstand und mein Instinkt sagten mir, dass diese Druckpresse nach Hermannstadt gebracht werden muss. Innerhalb einer Stunde habe ich mich entschieden, sie dem Ehepaar Petrescu zu verkaufen. Ein Teil unserer Familie hat jetzt ein passendes Zuhause für den Rest seines Lebens gefunden“, so William Beck, dessen Firma zur Zeit im Bereich Papier tätig ist.

Neben der kolumbianischen Presse kaufte das Ehepaar – ebenfalls von der Firma Beck – weiteres typografisches Material, natürlich auch die passenden Buchstaben. Diese müssen per Hand gesetzt werden, wie William Beck erklärte, und da überlegt man sich alles schon vor dem Beginn der Arbeit, was man machen will, denn was jetzt per Tastendruck in Null-kom-ma-nichts geändert werden kann, musste früher  ein- und ausgeräumt werden.

Nach der kurzen Vorstellung der Maschine und der Arbeit, erzählte der Historiker Răzvan Pop, Direktor der Astrabibliothek, ein paar Takte über die Geschichte des Druckereiwesens in Hermannstadt, über die bekanntesten Druckerfamilien der Stadt und was sie für die Gemeinde bedeutet haben.

Nach der Präsentation gingen die Besucher auch ans Werk: Für die Einweihung war die Komposition des Eröffnungsplakates (Bild unten) bereits erstellt und die Besucher konnten ihr eigenes Plakat drucken und als Erinnerung mitnehmen. Dabei zeigten die beiden Architekten, was ihre Firma noch anbieten kann: Anfertigen von Buchstaben für Druckmaschinen. Auch für dieses Plakat wurden welche erstellt und gesetzt.

Ruxandra STĂNESCU

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Allgemein.