Streiflichter vom 56. Hermannstädter Töpfermarkt
Ausgabe Nr. 2786

56. Töpfermarkt: Vom Regen verschont wurden Töpfer und Käufer auf dem 56. Hermannstädter Töpfermarkt, der am vergangenen Wochenende auf dem Großen Ring stattgefunden hat. Unser Bild: Wer seine Ware gut gelaunt anpreisen konnte, wie diese Töpferfamilie aus Korund, förderte die Kauflust der Kunden mit Erfolg. Foto: Beatrice UNGAR
Ein Drittel Tradition, ein Drittel moderne Kunst und ein Drittel Kitsch: Bei der 56. Auflage des traditionellen Hermannstädter Töpfermarktes, die am Wochenende auf dem Großen Ring stattgefunden hat, konnte man sehen: Der Markt wird langsam aber sicher vom Kitsch erobert, wenn die Organisatoren sich nicht dagegen stemmen. Zwar gibt es Kunden für alle Anbieter, doch ein Teil der Ware hat hier nichts zu suchen, denn sie hat weder mit Töpferei, noch mit Keramik etwas zu tun.
Im Klartext: Mindestens drei Verkäufer brachten dieses Jahr irdene Gestalten mit, die aus im Baumarkt gekauften Übertöpfen zusammengeklebt waren, mit riesigen aufgemalten Augen und Händen und Füßen aus Garn. Dazu kommt ein weiteres Problem: Die in Bulgarien und China gekaufte Tonware, die zum Teil nicht mehr von der Korund- oder Horezu-Ware zu unterscheiden ist. Die großen traditionellen Töpferzentren befinden sich schon seit Jahren im Umbruch, immer weniger junge Leute wollen traditionell arbeiten, wenn es einfacher und lukrativer ist, die Modelle im Ausland zu bestellen und in Rumänien als „echt” zu verkaufen.

Moderne Keramik bietet in Hermannstadt der Verein Tonal an, der dieses Jahr den Preis für die Förderung der figurativen Keramik erhalten hat. Foto: Beatrice UNGAR
Zum Beispiel machen sich immer weniger traditionelle Künstler die Mühe, die tönernen Pfeifen selber herzustellen, so dass dieses Jahr der Markt von den gleichen kitschigen Modellen überflutet war: Vögelchen und Schweinchen, zu 10 Lei das Stück.
Wenn man aber vom Kitsch absah, war Vieles zu entdecken, und die Kunden nahmen sich richtig Zeit, am Samstag und am Sonntag einzukaufen oder einfach nur die Sachen zu bewundern.
In diesem Jahr kamen auch ein paar neue, vielversprechende Keramiker dazu. Die höheren Preise bei der modernen Keramik – meistens sind es Einzelstücke oder kleine Serien, die hier angeboten werden, mit teureren Tonmassen und Glasuren – schreckten die Kunden nicht ab. Sie kauften nach Lust und Laune. Denn viele Hermannstädter planen den Töpfermarkt auch finanziell ein und kaufen hier sogar schon Weihnachtsgeschenke.

Dieses Jahr nahmen sich nicht nur Kinder sondern auch viele Erwachsene Zeit, im Rahmen einer Werkstatt Keramikobjekte mit Acrylfarben zu bemalen und als bunte Erinnerung nach Hause mitzunehmen. Die Inhaber, Ioan Briță und Carolina Costineanu aus Dumbrava/Kreis Temessch, erhielten dieses Jahr den Preis für die Förderung der Keramik durch Werkstätten. Foto: Beatrice UNGAR
Natürlich waren die traditionellen Keramikzentren aus Rumänien sehr gut vertreten, die ihre Ware schön auf Regalen vorstellten, zur Freude der Käufer, die die Qual der Wahl hatten. Unter ihnen waren auch die Sammler, die jedes Jahr ein neues Objekt erwerben, dass dann in die eigene Kollektion aufgenommen wird.
Sehr zufrieden waren auch viele Töpfer und Keramiker, die ab Sonntag Mittag nur halbleere Tische und Regale hatten. Einige gaben sogar zu, dass der Hermannstädter Töpfermarkt der beste Markt des Sommers ist und sie abgesehen von den Weihnachtsmärkten hierzulande nirgends so gut verkaufen.
Den Kunden fehlte der Roma-Markt, der dieses Jahr nicht mehr wie üblich am Kleinen Ring organisiert wurde. Das Angebot der Roma – von Silber- bis Keramik- und Plastiksachen – war sonst immer eine schöne Ergänzung zum Töpfermarkt und wird hoffentlich 2023 wieder stattfinden.
Organisiert wird der Töpfermarkt vom Kreiszentrum für die Erhaltung der traditionellen Kultur Cindrelul Junii Sibiului, in Zusammenarbeit mit dem Astra-Museum und mit finanzieller Unterstützung seitens des Hermannstädter Kreisrates und des Hermannstädter Stadtrates.
Ruxandra STĂNESCU