Ausgabe Nr. 2789
Neueste Theaterpremiere – eine Party auf der Bühne
Am Samstag, dem 24. September, fand die dritte Premiere im Monat September auf der Bühne des Radu Stanca-Nationaltheaters in Hermannstadt statt. Hauptdarsteller waren das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur, Romeo und Julia. Die weltbekannte Tragödie „Romeo und Julia“ von William Shakespeare wurde vom ukrainischen Regisseuren Andriy Zholdak mit Studenten der Schauspielabteilung der Lucian Blaga-Universität und einigen jungen Schauspielern der rumänischen Abteilung des Theaters inszeniert.
Wer bei Shakespeare instinktiv an Männer in Strumpfhosen und Frauen in Puffärmeln denkt, musste sich auf eine Überraschung gefasst machen. Mit traditionell-elisabethanischen Aufführungen hatte diese Inszenierung nicht mehr als die sparsame Nutzung von Requisiten gemein.
Die fast dreistündige Premiere hatte etwas von einer riesengroßen Party mit lauter Musik, viel Tanz und Karaoke zu den neuesten Hits aus den amerikanischen Billboard Charts. Es erinnerte zeitweilig an den Titel eines anderen Meisterwerks von William Shakespeare: „Viel Lärm um nichts“. Überhaupt kam nur wenig von Shakespeares Text zur Geltung, die Handlung fand im Hintergrund statt und die männlichen Darsteller waren in fast jeder Szene halb nackt auf der Bühne oder zogen sich währenddessen aus. Zwei Studios mit großen Schweinwerfern waren zum Posen für Selfies mit dem Handy auf der Bühne aufgestellt worden. Sonst war die Bühne leer, mit Ausnahme zweier Türen, aus denen die Schauspieler ein und aus gingen, rein und raus gezerrt und die gerne laut zugeknallt wurden. Für das Bühnenbild war übrigens Daniel Zholdak, der Neffe des Regisseurs zuständig.
Im Kontrast zu der lauten Musik, die zum ständigen Tanz und Kampf zwischen den beiden verfeindeten Familien Montague und Capulet aufforderte, stand das französische Lied „Devant le Garage“, das von den beiden Hauptdarstellern Crina Dumitrașcu (Julia) und Radu Costea (Romeo) während der Liebesszenen im Duett gesungen wurde. Die beiden Hauptdarsteller sind Schauspielstudenten im zweiten Jahrgang der Theaterabteilung der Lucian Blaga Universität und für sie war es der erste große Auftritt, der auf alle Fälle lobenswert war.
Positiv aufgefallen sind auch Iustinian Turcu in der Rolle von Mercutio und Andrei Gîlcescu in der Rolle von Tybald, die schon öfter auf der Hermannstädter Bühne zu sehen waren.
Das zweieinhalbstündige Theaterstück hatte eine Pause. Das Ende der Pause markierte auch diesmal einen Moment der Wahrheit. Ein Blick durch den Saal zeigte, dass mancher zuvor belegte Platz frei geworden war. Anscheinend sind einige Zuschauer an diesem Abend mit anderen Erwartungen ins Theater gegangen.
In der Pressemitteilung über die neueste Premiere hieß es: „Romeo und Julia“ ist eine Reise in den grenzenlosen Raum der Liebe: ohne Logik oder Moral, ohne Trauer und Verachtung, ohne Langeweile, ohne Kommentar. Hier ist die Anziehungskraft das erste physikalische Gesetz. Und die Wucht, mit der junge Menschen aufeinander zustürmen, wirkt wie ihr Sturz in den Abgrund. Denn wo Begehren entsteht, entsteht Neid, wo Licht fällt, droht der Schatten. Ein schwarzer Flügel, ein Schrei, inmitten einer Tanzfläche.“
Die nächste Vorstellung von „Romeo und Julia“ ist für den 23. Oktober, um 17 Uhr, geplant. Davor, am 20. Oktober, wird ein anderer Klassiker von Shakespeare, „Macbeth“, von den Schauspielern der deutschen Abteilung und in der Regie von Botond Nagy gezeigt. Cynthia PINTER