Journalistischer Brückenbauer und Vermittler

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Ein Historiker der Rumäniendeutschen: Dr. Michael Kroner ist tot

Ausgabe Nr. 2786

Dr. Michael Kroner (1934-2022). Foto: Lukas GEDDERT

,,Am 26. Juli 2022 endete im 88. Lebensjahr das irdische Dasein von Dr. Michael Kroner in Oberasbach. Sein besonderer Beitrag zur Bewahrung und Förderung siebenbürgisch-sächsischer Identität bleibt unserer Gemeinschaft in vielfältiger Form über seinen Tod hinaus erhalten. Wenn wir Siebenbürger Sachsen als recht geschichtsbewusst gelten, ist dies auch ein besonderes Verdienst des promovierten Geschichtswissenschaftlers und regsamen Publizisten Dr. Michael Kroner, der sich mit seinen zahlreichen Veröffentlichungen vielfach Wertschätzung erworben hat als fundierter Kenner und Deuter historischer Ereignisse und Entwicklungen vor allem in seinem siebenbürgischen Herkunftsland, aber auch in der Geschichte Südosteuropas und nicht zuletzt auch in seiner mittelfränkischen Wahlheimat“, schrieb sein ehemaliger Schüler Horst Göbbel in der Siebenbürgischen Zeitung (siehe Online-Ausgabe vom 4. August 2022).

 

Dr. Kroner war aber nicht nur eine geschätzte Persönlichkeit der Nachkriegszeit unter den Siebenbürgern, denn viele seiner publizistischen und Buchveröffentlichungen behandelten Themen, die alle Deutschen in Rumänien betrafen. Erinnert sei beispielsweise an die ,,Sächsisch-Schwäbische Chronik. Beiträge zur Geschichte der Heimat“ von Michael Kroner und Eduard Eisenburger 1976 im Kriterion Verlag Bukarest herausgegeben.

Von Kroner kamen auch viele Anregungen zur Aufarbeitung der Geschichte und Volkskunde der Rumäniendeutschen, die volle Unterstützung fanden bei dem Karpatenrundschau-Chefredakteur Eduard Eisenburger wie auch bei den Spitzenvertretern der ,,Räte der Werktätigen deutscher Nationalität“ in Rumänien.

Ein besonderes Anliegen des journalistischen Brückenbauers und Vermittlers war in jener Zeit der Kompromisse, wie er im Rückblick erklärte, zunächst „die Geschichte der Rumäniendeutschen von dem Ruch des Reaktionären und der Faschismusnähe, der ihr in den ersten Nachkriegsjahren von den kommunistischen Machthaben angeheftet worden war, zu befreien und ihr in der Öffentlichkeit wieder Akzeptanz zu verschaffen“.

Michael Kroner:   Stephan Ludwig Roth – Lebenswerk eines namhaften Siebenbürger Sachsen: Zum 220. Jahrestag seiner Geburt, Schiller Verlag Hermannstadt-Bonn 2016, 206 Seiten, ISBN: 978-394-452-998-1.

Michael Kroner wurde am 22. Dezember 1934 in Weißkirch bei Schäßburg geboren. Seine Eltern mussten ab Januar 1945 jahrelang das Elend der Deportation in die Sowjetunion erleiden. Er studierte nach Abschluss der Pädagogischen Mittelschule (Lehrerbildungsanstalt) in Schäßburg (1954) bis 1958 Geschichte an der Universität in Klausenburg und war anschließend von 1958 bis 1968 Geschichtslehrer und Direktor der deutschen Abteilung des Lyzeums in Bistritz. 1968 ging er zur Kronstädter Wochenzeitung Karpatenrundschau, wo er bis 1978 als Redakteur für die Bereiche Geschichte, Volks- und Heimatkunde tätig war.

Während dieses Jahrzehnts hat er in einem Arbeitsaufwand, der seinesgleichen sucht, im Blatt über 750 einschlägige Beiträge verfasst, schreibt Göbbel in seinem würdigenden Nachruf. 1979 folgte die Aussiedlung in die Bundesrepublik, zuvor musste er jedoch die Redaktion der überregionalen Zeitung verlassen.

Dr. Michael Kroner war außergewöhnlich produktiv. Er hat etwa 1900 publizistische Beiträge und Rezensionen veröffentlicht (sehr viele in der Karpatenrundschau und dann in der SiebenbürgischenZeitung), mehr als 100 wissenschaftliche Aufsätze, ca. 30 Bücher und ebenso viele Broschüren, vorwiegend zu den Themen Geschichte der Siebenbürger Sachsen und Rumäniens, das Nationalitätenproblem in Südosteuropa, Beziehungen der Siebenbürger Sachsen zu ihrem Mutterland Deutschland, Geschichte Mittelfrankens (laut Göbbel).

Dass im kommunistischen Rumänien auch seinen Schriften eine „zeitbedingte ideologische Schlagseite anhaftete“ und er in jenen Jahren „zu Kompromissen mit der herrschenden Lehrmeinung des dialektischen und historischen Materialismus gezwungen“ war, ist gut nachvollziehbar. Entscheidend ist in diesem Prozess jedoch die Tatsache, dass er diese Kompromisse einging, „um unter dem Deckmantel der Konformität geschichtliche Wahrheiten aufscheinen zu lassen”, erklärte zu Kroners sehr traditionsbewußten und gemeinschaftsverbundenen Wirken sein langjähriger Journalisten-Kollege in Kronstadt und stellvertretender Chefredakteur Hannes Schuster (1938-2021).

Im Jahr 2010  wurde Dr. Michael Kroner im Rahmen einer großen Feierstunde vor dem versammelten Kreistag des Landkreises Fürth von Landrat Matthias Dießl die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, eine der höchsten Auszeichnungen, die der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland vergibt, überreicht. In der Verleihungsurkunde heißt es: „In Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen besonderen Verdienste verleihe ich Herrn Dr. Michael Kroner, Oberasbach, die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Berlin, den 20. September 2010 – Der Bundespräsident.“  Als Beispiel von allgemeinen rumäniendeutschen Themen seien Titel der letzten Zeit erwähnt, wie „Nationale Minderheiten in Südosteuropa” (1992), „Die Deutschen in Rumänien im 20. Jahrhundert” (2004) und „Deportation von Deutschen in die Sowjetunion” (2005).

Der Forscher und Historiker Kroner hat sich vielseitige und nachhaltige Verdienste erworben als Identitätsstifter, als Rufer für Zusammenhalt, für Erhalt des Zusammengehörigkeits- und Gemeinschaftssinnes. Wer ihn kannte und mit ihm zusammenarbeiten konnte, schätzte seine Offenheit und die Bereitschaft sich über das Siebenbürgische hinaus zu engagieren. Seine historischen und heimatkundlichen Beiträge, die er mit Mitarbeitern – sowohl früher in Rumänien als auch hier in Deutschland – publizierte, zählten in den Jahren des Kommunismus zu den mutigen und glaubwürdigen Stimmen in der rumäniendeutschen Presse.

Luzian GEIER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Allgemein, Geschichte.