„Keramik verleiht dem Essen Eleganz”

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Die 10. Keramikmesse ,,Schön. Keramisch. Nützlich” hat stattgefunden

Ausgabe Nr. 2781

Die Keramikmesse „Schön. Keramisch. Nützlich“ hat dieses Wochenende im Astra-Freilichtmuseum stattgefunden und rund 5.500 Besucher angelockt. Die Keramikmesse läuft unter dem Motto „eine andere Art Keramikmarkt“, weil es sich in mehreren Punkten von dem traditionellen Hermannstädter Keramikmarkt am ersten Wochenende unterscheidet.

Die Töpfer und Keramiker bewiesen ihr Können und stellten große Objekte her.                       Foto: Ruxandra STĂNESCU

Ein Argument für diese Messe ist, dass hier nur Töpfer und Keramiker eingeladen werden, die in der eigenen Werkstatt ihre Ware herstellen. Auf dem Töpfermarkt am Großen Ring sind inzwischen immer mehr Keramikverkäufer dabei, die ihre Ware (inklusive mit traditionellen rumänischen Mustern) im Ausland, unter anderem in China, kaufen, um sie hier weiter zu verkaufen. Manchmal ist ihre Ware schwer von der traditionell in Rumänien hergestellten Keramik zu unterscheiden. Diese Sorge hat man bei „Schön. Keramisch. Nützlich.“ nicht, denn die Museografen kennen die Handwerker und besuchen sie teils in ihren Werkstätten im Laufe des Jahres.

Kochwettbewerb: Kraut mit Haxenschinken wie in Bihor war eines der Gerichte, das die Jury bewerten musste.                                                                   Foto: Ruxandra STĂNESCU

Das ist allerdings nicht der springende Punkt dieser Messe, sondern folgender Grund, weswegen er vor einem Jahrzehnt ins Leben gerufen worden ist: Um dem Publikum vorzustellen, wieviel Arbeit und Können in einem einfachen Tontopf stecken. Neben dem klassischen Töpfermarkt, finden hier auch Symposien, Werkstätten, ein Keramikwettbewerb und ein Kochwettbewerb statt. Mirela Crețu, Direktorin des Museums, erklärte: „Durch diese Messe wollten wir dem Publikum zeigen, auch was hinter dem fertigen Produkt steckt. Das Publikum kennt die Keramikmärkte,  wo mehr oder weniger schöne Keramikobjekte zu sehen sind, weiß aber nicht, was hinter diesem Produkt steckt und kennt den langen Weg vom Ton bis zum Keramikobjekt nicht. Wir wollten den technologischen Prozess zeigen – soweit man das im Museum machen kann – und wir wollten auch wirklich beweisen,  dass in diesen Keramiktöpfen auf offenem Feuer gekocht werden kann. Und zwar sehr schmackhaft. Dazu kommt noch, dass das Essen sehr gut aussieht, weil ein Keramiktopf dem Gericht Eleganz und Noblesse verleiht.“

Thema dieses Jahres war die Gebrauchskeramik einer Gegend der eigenen Wahl, so dass der Wettkampf besonders war, denn dieses Jahr waren kleine und große, weite und schmale, hohe und tiefe Gefäße – keine leichte Aufgabe für die Jury, wie die Museografin und Organisatorin der Messe, Karla Roșca, zugab. Letztendlich setzten sich allerdings mehrere Handwerker durch: Annamaria und Erik Robert Sályi aus Sathmar gewannen den ersten Preis. Der zweite Preis ging an Nikolay Yovokov aus Troyan, Bulgarien und an Csaba Bálint aus Miercurea Ciuc, Kreis Harghita. Den dritten Preis erhielten István Forró aus Hódmezővásárhely, Ungarn und Csaba Csibi aus Borla, Kreis Sălaj.

Die Preise wurden überreicht von Mirela Crețu (4. v. l.) und Karla Roșca (5. v. l.), die seit einem Jahrzehnt diese Messe betreuen.                                                   Foto: Ruxandra STĂNESCU

„Es ist schwierig, den Gewinner festzulegen, denn die Töpfer sind sehr gut vorbereitet, und wissen, was sie bringen und was sie hier herstellen. Sie versuchen meistens, sich selber zu übertreffen.  Oft haben die Töpfer auch erzählt, dass sie wegen des Wettbewerbes eine neue Art von Objekte hergestellt haben, die sie dann auch weiter produziert und verkauft haben.”, erklärte die Direktorin. „Beim Kochwettbewerb ist es genauso schwierig, denn alles schmeckt sehr gut, alle Gerichte werden  schön vorgestellt. Für uns war zum Beispiel wichtig, dass die Töpfer Rezepte aus ihren eigenen Gegenden präsentieren.”

Die „faulen Krautrouladen“ des Ehepaares Victoria und Vitalie Parlui aus Chișinău, Republik Moldova, brachten den Keramikern den ersten Preis. Mit einem Gulasch „Paloc” erhielten Norbert Leș und Eva Bános den zweiten Preis. Der dritte Preis wurde zwei Mal vergeben: Nikolay Yovkov aus Troyan, Bulgarien gewann mit einem Gericht mit Schweinehaxen und getrockneten Pflaumen  und Ionuț Bâscu aus  Horezu, Kreis Vâlcea bereitete unter anderem einen sehr schmackhaften Eintopf mit Wildbret zu. Für das Publikum gab es auch mehrere Gerichte, die bei offenem Feuer vorbereitet wurden.

Wenn auch die Anzahl der Besucher kleiner war – in ganz Hermannstadt spürt man, dass die Anzahl der Touristen im Vergleich zum Vorjahr, als man wegen der Pandemie nicht ausreisen durfte, gefallen ist – war die Anzahl der Aussteller fast doppelt so groß.

Eingeladen wurden neben den Künstlern, die in den vergangenen Jahren anzutreffen waren, auch neue Teilnehmer, die das Angebot aufrundeten.

Auf den Märkten wird auch viel gelacht, denn die Aussteller sind miteinander befreundet. Foto: Ruxandra STĂNESCU

Alin Andraș aus Jupânești, Kreis Timiș, war zum ersten Mal hier in Hermannstadt dabei. Der Mann mittleren Alters ist eigentlich gelernter Elektriker, der als Baggerfahrer arbeitet und nur in seiner Freizeit Tongefäße töpfert und auch nur seit wenigen Jahren. Solche kleine Handwerker – auch Quereinsteiger – sind wichtig für die Gemeinden, denn einerseits wird lokal hergestellt, andererseits gehen die Traditionen dadurch nicht verloren. Jupânești war vor Jahren ein großes anerkanntes Keramikzentrum und das größte im Banat, doch auch hier sind kaum noch junge Leute, die das Handwerk ihrer Vorfahren erlernen und weiterführen wollen. Begeistert war der Handwerker nicht nur hier auszustellen und zu verkaufen, sondern auch von seinen erfahrenen Kollegen Neues zu lernen.

Zum ersten Mal hier in Hermannstadt war auch Nikolay Yokov aus Troyan, Bulgarien, mit seiner Sgraffito-Keramik aus dem Mittelalter. Der Künstler war in Hermannstadt zusammen mit zwei Museografinnen vom Museum aus Troyan, das man nicht verpassen sollte, wenn man in der Gegend ist. Über die bulgarische Keramik sprach Ralitsa Yovkova nicht nur mit den Kunden, sondern auch in einem interessanten Vortrag beim Symposium. Die Keramik war im 12. bis 14. Jahrhundert nur für die Reichen zugänglich, geschmückt mit Motiven aus der Tierwelt. Nach und nach wurde Keramik zugänglicher und die Modelle wurden durch pflanzliche ersetzt, doch Yokov ist bei den alten Traditionen geblieben. Großen Erfolg hatten die Vertreter Bulgariens nicht nur mit der Keramik, sondern auch mit ihren Rezepten. Außer dem preisgekrönten Gericht gab es auch  „catăc“. Das Wort kommt aus dem Türkischen, erklärte die Museografin Nina Dimitrova, die fließend Rumänisch spricht. Das einfache Gericht begeisterte viele Kollegen und für die Hermannstädter Zeitung gab sie auch das Rezept preis: Schafsmilch aus dem Monat August (dann soll sie perfekt für dieses Gericht sein) lässt man etwa drei Stunden oder bis sie dickflüssig wird im Wasserbad kochen. Man salzt sie nach Geschmack und tut sie in ein Keramikgefäß, in einem kühlen und dunklen Zimmer. Mindestens zwei Wochen lässt man sie gären, man mischt mehrmals täglich kräftig durch. Zum Schluss erhält man eine Art leicht säuerliche Käsesorte, mit einem für Siebenbürgen ungewöhnlichen und frischen Geschmack. Man isst ihn auf Brot, mit gerösteter Paprika. Für die Sommertage ein Genuss. Gut verschlossen und kühl gelagert kann man den Käseaufstrich mehrere Monate aufbewahren.

Neu bei dieser Auflage der Messe ist auch der Preis „Leș Gabor”, der mit einem Stipendium im Keramikzentrum Nocrich verbunden ist. Dieses Jahr ging es an die junge Töpferin Mihaela  Pleșea aus Braniștea, Kreis Galați. Mirela Crețu: „Der Preis ist für Töpfer, die am Anfang des Weges stehen. Wichtig dabei ist nicht das Alter des Künstlers, sondern die Art, wie er versucht, ein Keramikzentrum am Leben zu erhalten oder eine typische Keramik für nicht mehr aktive Zentren herstellt. Durch das Stipendium sollen sie eine neue Technik und neue Modelle erlernen von einem erfahrenen Keramiker aus einem anderen Zentrum.”

Neu war dieses Jahr auch eine Aktion des Museums, die Keramik aus dem Kreis Hermannstadt im Horeca-Bereich aus Hermannstadt bekannter zu machen. erklärte die Direktorin Mirela Crețu.

Bis zur 11. Auflage von „Schön. Keramisch. Nützlich“, kann man sich mit dem Keramikmarkt trösten (vorausgesetzt, man ist aufmerksam), denn viele der Töpfer und Keramiker, die hier eingeladen waren, kommen im September wieder nach Hermannstadt. Thema des nächsten Jahres ist übrigens die Kuty-Keramik aus Rădăuți, wo der letzte Keramiker aus der Gegend, Florin Colibaba, im letzten Jahr verstorben ist.

Ruxandra STĂNESCU

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst, Tradition.