Heimattreffen der Hundertbüchler fand am Wochenende statt
Ausgabe Nr. 2782

Beim Heimattreffen der Hundertbüchler hielt die Stuttgarter Blaskapelle „Karpaten Express“ ein Ständchen vor dem ehemaligen Pfarrhaus, das heute als Gästehaus fungiert. Foto: Cynthia PINTER
Die Wiedersehensfreude war groß. Sich in der Heimat, im Dorf der hundert Hügeln, zu treffen, ist eben für viele ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner ein besonderes Ereignis. In Hundertbücheln, rumänisch Movile, der sonst so verschlafenen Ortschaft nordöstlich von Hermannstadt, war einiges los am Wochenende vom 5.-7. August. Das alle zwei Jahre in der alten Heimat organisierte Treffen zählte über 200 Menschen, die sich am Samstag in schönen siebenbürgisch-sächsischen Trachten in der Kirchenburg versammelten.
Die 500 Jahre alte Michaelskirche in Hundertbücheln war am Samstag rappelvoll. Man begrüßte sich auf siebenbürgisch-sächsisch und deutsch und freute sich auf den Gottesdienst. Als die Glocken läuteten, wartete man gespannt auf den Herrn Pfarrer, der sich kurz danach in die ungewöhnlich volle Kirche begab. Anstelle der Orgel erklangen die hellen Töne der Blasinstrumente des Stuttgarter „Karpaten Express“. Pfarrer Andreas Orendt, der zugleich auch Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Hundertbücheln ist, las den Psalm 26, Vers 8 vor: „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses, den Ort, da deine Ehre wohnt.“
Und über den Ort gibt es einiges zu erzählen: Hundertbücheln wurde bereits Ende des 12. Jahrhunderts gegründet, die Kirche als romanische Basilika mit Westturm sowie ein Glockenturm entstanden im 13. Jahrhundert. Das „Dorf der hundert Hügel“ (Bücheln) wurde dort erbaut, wo die Natur eine außergewöhnliche Landschaft bot. Einer Legende zufolge waren Riesen an der Entstehung des Ortes beteiligt: Vor langer Zeit spielte in der Gegend des heutigen Ortes ein Riese, dessen mit Sand gefüllte Schürze ein Loch hatte. An den Stellen, an denen er stehen blieb, entstanden die vielen Bücheln, die dem Dorf seinen Namen gaben.

Gruppenbild mit Bürgermeister: Nach dem Gottesdienst in der 500 Jahre alten Michaelskirche in Hundertbücheln stellten sich alle Hundertbüchler zu einem Gruppenfoto auf. Vorne von links Pfarrer Andreas Orendt, dritter von links Michael Konnerth, Bürgermeister Ioan Maca (mit Trikolore) und Hermann Ongert. Foto: Cynthia PINTER
Die auf einem Hügel erbaute Kirche sei ein steinerner Zeuge der Vergangenheit, die Vieles zu erzählen habe. Das Wahrzeichen von Hundertbücheln sei ein Identifikationsort für alle Hundertbüchler, so Pfarrer Orendt, der unterstrich, dass es die Pflicht aller Bewohner sei, die Kirche in stand zu setzen, damit auch spätere Generationen erfahren können, wer ihre Vorfahren waren und was sie geleistet haben. Er bedankte sich während des Gottesdienstes bei der „Stiftung Kirchenburgen“ und dem Verein „Church Fortress“ für die Renovierung der Dächer der Kirchenburg, die bei dieser Gelegenheit neu eingeweiht wurden. Die beiden Institutionen arbeiten auch weiterhin an der Instandhaltung der Kirchenburg. Ruth Istvan, Referentin für Fachtourismus und Öffentlichkeitsarbeit bei der „Stiftung Kirchenburgen“ mit Sitz in Hermannstadt, gab bekannt, dass bald die Sanierung des Nordturms für eine Unterkunftsmöglichkeit in Angriff genommen wird. Die Sanierung sei Teil eines Nutzungserweiterungsprojektes für die drei Kirchenburgen aus Hundertbücheln, Henndorf und Kirtsch.
Saniert wurde auch das Hundertbüchler Pfarrhaus, das nun als Gästehaus mit 22 Schlafplätzen auf Besucher wartet. Gleich daneben befindet sich der Gemeindesaal, wo am Samstag das Mittagessen serviert wurde. Vor dem Essen begrüßten Hermann Ongert, stellvertretender Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Hundertbücheln, und Ioan Maca Bürgermeister von Jakobsdorf/Iacobeni die zahlreichen Hundertbüchler und bedankten sich bei Michael Konnerth, stellvertretender Bundesvorsitzender und Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg für die Anwesenheit.

Das Heimattreffen begann am Samstag mit einem Gottesdienst in der Kirche. Es predigte Pfarrer Andreas Orendt.Foto: Cynthia PINTER
Am Nachmittag gab es die Vorstellung des Theaterstücks „Se kit, se kit. De Wusch uch Naet äm Harbachtool“, unter der Regie von Doris Hutter. Das Theaterstück in vier Akten beschreibt den Empfang der Schmalspurbahn ,,Wusch“ 1898 in Agnetheln und präsentiert, anhand einer Liebesgeschichte 1930 in Neithausen, Anekdoten aus dem Harbachtal rund um die ,,Wusch“. Das Stück wird am Samstag, den 13. August, 17 Uhr, in dem Hof der Kirchenburg in Agnetheln erneut aufgeführt.
Später am Abend luden die Organisatoren von der HOG Hundertbücheln zum Tanz mit der Stuttgarter Blaskapelle „Karpaten Express“ ein.
„Normalerweise gibt es jedes Jahr ein Hundertbüchler Treffen, abwechselnd in Hundertbücheln und in Bad Kissingen. Aber durch die Pandemie war das in den letzten Jahren nicht möglich. Das letzte Treffen in der Heimat fand 2018 statt“, erzählte Hermann Ongert. Über das Programm am Sonntag, dem 7. August, berichtete Ongert: „Sonntagfrüh geht man aufwecken, auf sächsisch „afwaacken“ von Haus zu Haus. Man singt ein Ständchen und wird mit Kuchen und frischen Krapfen bedient. Nach dem Mittagessen geht man geschlossen zum Friedhof, um der Ahnen zu gedenken.“
Ein Wort war am Samstag in Hundertbücheln in aller Munde: Heimat. Auf die Frage, was Heimat bedeutet, antwortete Pfarrer Orendt, selber Hundertbüchler, in seiner Predigt: „Heimat umfasst alles, was unser Selbst ausmacht: Herkunft, Bindung an Menschen und Landschaften. Heimat ist immer dort, wo wir verstanden werden und wo wir verstehen. Heimat ist der Ort, an dem die Seele immer wieder zurückkehren kann. In unserem Fall ist es dieser Ort, eingebettet in diese malerischen Hügel, das macht Hundertbücheln aus.“
Cynthia PINTER