Kirchenburgen weiterhin akut bedroht

Teile diesen Artikel

Denkmalpfleger aus Deutschland und Rumänien treffen sich in Trappold/Apold

Ausgabe Nr. 2778

Die Kirchenburg in der Dorfmitte von Trappold.                               Foto: Stefan BICHLER

Das Dorf Trappold im evangelischen Kirchenbezirk Schäßburg wird in der zweiten Julihälfte zur siebenbürgischen Hauptstadt der Denkmalpflege! Das Studium der Kirchenburgen, ihrer Entstehungsgeschichte und der traditionellen Bautechniken werden nämlich im Zentrum einer internationalen Sommerschule stehen, die dort am 18. Juli beginnen wird. Unter dem Titel Apold Heritage Lab findet vom 18. bis 27. Juli an der Trappolder Kirchenburg eine Sommerschule für Fachleute und angehende Spezialisten im Bereich der Denkmalpflege statt.

Die Teilnehmer stammen aus Rumänien und Deutschland und sind Studierende im Bereich Architektur und Denkmalpflege. Gastgeber und Fachpartner ist der Verein CasApold, der seit 15 Jahren vor Ort tätig ist. Vorsitzender des Vereines ist Sebastian Bethge, der nicht zuletzt durch seine langjährige Tätigkeit als Denkmalschutzbeauftragter der Stiftung Kirchenburgen der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) vielen Menschen, die sich mit dem Erhalt des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes befassen, bekannt ist.

Das Organisationskomitee des Apold Heritage Lab 2022 wird aus Studierenden des berufsbegleitenden Masterstudienganges Schutz Europäischer Kulturgüter der Europa-Universität Viadrina aus Frankfurt (Oder) gebildet. Dieser Masterlehrgang beschäftigt sich mit dem Kulturerbe und seinem wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Umfeld. Dabei stehen nicht allein Kultur-, Kunstgeschichte und Denkmalpflege im Fokus, sondern auch Management- und Projektstrategien.

Sebastian Bethge. Foto: Magdalena ROEPKE

Während der Sommerschule wird in drei Modulen gearbeitet. Im ersten Abschnitt stehen die Bauaufnahme durch 3D-Mapping und Messbilder im Mittelpunkt. Dabei geht es um Techniken der Bauaufnahme mittels digitaler Fotografie und Tachymetrie, also der Schnellmessung von Distanzen und Höhen bei Gebäuden. Die Zustandserfassung sowie die Beobachtung (Monitoring) werden im zweiten Schritt behandelt. Anhand des Wandmalereibestandes der evangelischen Kirche vor Ort sammeln die Teilnehmer dabei unter anderem Praxis bei der Evaluierung von Zustandsveränderungen durch das Vergleichen des Status Quo der Malerei mit historischen Bildern. Schließlich werden im dritten Modul verschiedene Werktechniken behandelt. Hier können sich die Mitwirkenden praktisch im Anfertigen von Holzverbindungen, in der allgemeinen Holzbearbeitung sowie im Verputzen und Anstreichen – nach historischen Methoden – betätigen.

Einer der Höhepunkte der Sommerschule wird ein Tag der Offenen Tür am Samstag, 23. Juli, ab 15 Uhr sein. Freunde der Kirchenburgen und alle, die an Denkmalpflege interessiert sind, werden zu einer Präsentation der Zwischenergebnisse der Sommerschule erwartet und können im Dialog mit den Protagonisten Wissenswertes über die Herausforderungen in der Arbeit mit historischen Gebäuden erfahren.

Für den Denkmalpfleger Sebastian Bethge ist der Erhalt der Kirchenburgenlandschaft seit vielen Jahren eine Herzensangelegenheit: “Ich bin über die vielen Anmeldungen zu unserer Sommerschule sehr glücklich, denn trotz des zunehmenden Interesses an Siebenbürgens sakralem Kulturerbe sind die meisten Bauten weiterhin akut bedroht. Mit der letzten Auswanderung der überwiegenden Mehrheit der Siebenbürger Sachsen vor etwa dreißig Jahren haben die Kirchenburgen nicht nur ihre Gemeinden, sondern auch ihre identitätsstiftende Funktion für die meisten Bewohner der Dörfer verloren. Die rumänische Gesellschaft wagt sich erst langsam an dieses noch ‘fremde’ Kulturerbe heran. Durch das Heritage Lab im Juli dürfen wir eine Sommerschule etablieren, die auch in Zukunft zur fixen Größe in der Denkmalpflege Siebenbürgens werden kann.”

Mit dem Verein CasApold beabsichtigt Bethge in weiterer Folge, das Forschungs- und Bildungszentrum Apold Heritage Center zu gründen und damit einen Lern-, Arbeits- und Kreativraum in der Wehrkirche von Trappold zu schaffen. Das Zentrum soll Forschung und Dokumentation, Bildung und Fortbildung sowie Kunst und Kultur mit dem Erhalt des regionalen Kulturerbes unter Einbindung lokaler Akteure kombinieren.

Zu den Partnern und Förderern der von der bereits erwähnten Europa-Universität Viadrina (Frankfurt an der Oder) organisierten Sommerschule im Juli zählen so renommierte Institutionen wie die Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien, die Universität für Architektur und Stadtplanung Ion Mincu (Bukarest), die Universität Bamberg, die Hochschule Coburg, die Architekturfakultät aus Temeswar, die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien, die Stiftung Kirchenburgen (Hermannstadt) und der Verein Arcus (Felldorf).

Stefan BICHLER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche, Tradition.