Brukenthal-Jubiläums-Bildband in rumänischer Sprache erschienen
Ausgabe Nr. 2778

Raluca Maria Frîncu/Raluca Maria Teodorescu (Hrsg.): Brukenthal 300 – un om, un muzeu, o istorie. Editura Muzeului Național Brukenthal, 2021, 164 Seiten. ISBN: 978-606-8815-88-6, Das Buch ist kostenlos abzuholen beim Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt.
Im Jubiläumsjahr des Gubernators Samuel von Brukenthal 2021 wurde in Hermannstadt viel getan, meist geredet, ausgestellt und aufgestellt. Ja, protestiert auch. Der neue bronzene Brukenthal als Statue vor dem Brukenthalpalais am Großen Ring in Hermannstadt hat alles mit Demut ertragen. Hermannstädter meinen, er hätte dabei auch gelächelt!
,,Wenn das geistige und materielle Erbe Brukenthals angemessen gepflegt werden soll, wenn das heutige Siebenbürgen sich auf Europa zu bewegen will, wenn es eine kritische Diskussion über individuelle und gemeinsame Werte geben soll, dann muss Samuel von Brukenthal im Gespräch gehalten werden.“ Das waren die letzten Worte von Frank-Thomas Ziegler in dem Artikel ,,Neue Biographie über Samuel von Brukenthal“ in der Siebenbürgischen Zeitung vom 29. Juli 2007.
Das Jubiläumsjahr 2021 hat tatsächlich bewiesen, dass der große Europäer Brukenthal ein gutes Gesprächsthema sein kann. Mehrsprachige Roll-Ups wechselten die Grenzen, wandernd von Potsdam nach Hermannstadt und von hier nach Bukarest. Dabei oszillierten die Bezeichnungen, was Brukenthal betrifft, von ,,ein früher Europäer“ zu ,,Exot“, gar als ,,ein atypischer Baron“.
Der Historiker Dr. Harald Roth prägte in diesem Zusammenhang den Satz, dass das „Erbe zwangsläufig Veränderung unterworfen und Kulturerbe grundsätzlich kollektiv ist.“
Das alles beherzigend, wurde ein Jubiläums-Bildband ,,Brukenthal 300 – un om, un muzeu, o istorie“ (Brukenthal 300 – ein Mensch, ein Museum, eine Geschichte) in rumänischer Sprache verspätet am 18. Mai 2022 in Hermannstadt vom Brukenthal-Museum der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Band will in erster Linie die Persönlichkeit des Freiherrn Samuel von Brukenthal (1721 – 1803) sowie seine Sammlungen näher beleuchten. Deshalb wurde von den beiden Herausgeberinnen – Raluca Maria Frîncu und Raluca Maria Teodorescu – symbolisch die Jubiläums-Zahl als Anlass für 300 Gegenstände gewählt, die im Band dargestellt werden. Ein einfaches und dennoch effektives Konzept. Die ausgewählten Objekte und Dokumente gehörten entweder Brukenthal selbst, oder widerspiegeln seine Aktivitäten und befinden sich im Besitz des Brukenthalmuseums oder anderer Museen und Archive aus dem Ausland.
Die Beschreibungen der dargestellten Objekte, durchnummeriert von 1 bis 300, sind geprägt von der musealen Arbeit der Herausgeberinnen. Es werden die Karteikarten (rum. fişă de catalog) der eigenen Bestände herangezogen, wobei die vorgegebenen Felder der Karte mechanisch wiedergegeben werden. Dabei wird eine nur scheinbar einheitliche Erfassung der Objekte erzielt, eine koordinierte redaktionelle Überprüfung der Dateninhalte aller Karten fehlt jedoch. So wird das Feld ,,Provenienţa“ (deutsch: Herkunft) regelmäßig, also beinahe 250 mal, mit demselben Inhalt in der Publikation wiedergegeben: Muzeul Naţional Brukenthal. Eine Liste der wichtigen Standorte mit den jeweiligen Abkürzungen hätte die unnötige Wiederholung erspart.
Der Hinweis zu Publikationen über das jeweilige Objekt (einschließlich Literatur zum Objekt) wird leider nicht in Betracht gezogen, was für einen Band, der wissenschaftliche Ansprüche erhebt, nur normal gewesen wäre. Dafür wird bei jeder Karteikarte der Name der Bearbeiterin bzw. des Bearbeiters voll ausgeschrieben. Die Kürzel hätten gereicht, so wie die Standards europäischer Publikationen vorgeben.
Der Bildband wird in fünf Bereiche aufgeteilt, die jeweils Unterkapitel haben. So wird im ersten Teil unter dem Titel ,,Persönlichkeit“ das Leben und Umfeld Brukenthals im weitesten Sinn dargestellt, im zweiten Teil werden seine ,,Liebhabereien/Leidenschaften“ (rum. pasiunile) bzw. die Sammlungen, im dritten die Residenzen, wobei neben dem Palais auf dem Großen Ring in Hermannstadt auch sein Sommerhaus (rum. palatul de vară de la Sibiu) vor den Toren Hermannstadts sowie sein Palais und barocker Garten in Freck (rum. Avrig) in sehr guten Aufnahmen gezeigt.
Neben historischen Anlagen- und Gartenskizzen verdeutlichen die Schwarz-Weiß-Fotografien aus der Sammlung der Gebrüder Emil und Josef Fischer (rum. colecţia Fischer) aus den Beständen des Brukenthalmuseums, wie der barocke Park der Brukenthalschen Sommerresidenz in Freck 1920 ausgesehen hat.
Der vierte Teil wartet mit einer Überraschung auf: ,,Testamentul baronului“; so wird einer breiten Öffentlichkeit in rumänischer Sprache das durch Samuel von Brukenthal am 3. Januar 1802 verfasste Testament zugunsten des Evangelischen Gymnasiums in Hermannstadt zugänglich gemacht.
Der fünfte Teil beschäftigt sich mit dem Schicksal des Brukenthalpalais nach 1817, d. h. nach dem offiziellen Datum der Eröffnung des Museums. Verfolgt wird dabei die Historie des Museums in aller Kürze, trotzdem detailreich im 19. Jahrhundert, danach im 20. Jahrhundert mit dem tragischen Eingriff des kommunistischen Staates in das Eigentumsrecht und schlussendlich das im 21. Jahrhundert rückerstattete Brukenthalpalais mit allen Sammlungen an die Evangelischen Kirche A. B. in Hermannstadt.
Die fünf Teile des Bandes werden kenntnisreich durch die zwei Herausgeberinnen eingeleitet, so dass der Leser ein breit gefächertes informatives Wissen zu Brukenthal und seine Zeit vermittelt bekommt.
Dabei stützt sich die verwendete Bibliografie, und das fällt dem aufmerksamen Leser auf, fast ausschließlich auf autochthon rumänische Autoren. Die große Zurückhaltung, international bewährte Wissenschaftler zu zitieren, ist letztendlich ein großes Manko des Bandes.
In seinem kurzen und prägnanten Vorwort zum Band weist Prof. Dr. Sabin Adrian Luca, Generaldirektor des Brukenthalmuseums, auf die Historie im Allgemeinen hin, die keiner bestimmten Generation angehört. Die Geschichte sei zeitunabhängig und gehört allen Generationen. Dabei spannt er mit diesen Worten einen Bogen sowohl zur Aussage von Frank-Thomas Ziegler (2007) als auch zu jener von Dr. Harald Roth (2021): ,,Das Kulturerbe ist kollektiv!“
Dieser bis dato einmalige Bildband zum Thema Brukenthal steht als Beweis für eine gelungene Zusammenarbeit. Die Finanzierung des Bandes ist dank der Vermittlung durch das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) und Hermannstadt (DFDH) von Anfang an mit Unterstützung des Departements für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens zustande gekommen. Aus diesen Gründen erfolgt sein Vertrieb kostenlos; es klingt dann doch fast maliziös die Aussage: ,,solange der Vorrat reicht“.
So erreicht dieser bedeutende Schritt in der Bekanntmachung des Brukenthal-Erbes das hochgesteckte Ziel doch nicht, denn die Auflage ist gemessen an dem Interesse, das diesem Band entgegengebracht wird, doch gering.
Im Interesse einer internationalen Leserschaft wäre zu wünschen, eine zweite, verbesserte Auflage dieses Bandes, ergänzend auch in den Sprachen Deutsch und Englisch, einem breiten Publikum, nicht zuletzt den vielen Touristen in Hermannstadt, käuflich anzubieten. Im Jahre 2023 wäre erneut ein Brukenthal-Jubiläum und eine gute Gelegenheit für eine neue Edition …
Josef BALAZS