,,Die Basisidee ist die Prävention“

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Karawane der Wettbewerbskultur in Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2764

Bei der Pressekonferenz im Sitz des Hermannstädter Kreisrats (v. l. n. r.): Wettbewerbsrat-Mitglied László Gyerkö, Präsident Bogdan Chirițoiu, Kreisratsvorsitzende Daniela Cîmpean und Vizepräsident Dan Virgil Pascu.                                                                              Foto: der Verfasser

Vom 21. bis 23. März fand die Karawane der Wettbewerbskultur „Caravana Culturii Concurenței“ in Hermannstadt statt, wobei eine Delegation des Wettbewerbsrates, bestehend aus Präsident Bogdan Chirițoiu, Vizepräsident Dan Virgil Pascu und anderen Mitgliedern der rumänischen Wettbewerbsbehörde dabei waren. Im Rahmen der Karawane gab es ein Treffen mit Vertretern der Wirtschaft, Vertretern der lokalen Verwaltung sowie ein Treffen mit den Spezialisten der Lokalverwaltung, bei dem Experten des rumänischen Kartellamtes aktuelle Themen aus dem Bereich der Ausschreibungen präsentierten. Beendet wurde die Karawane mit einem Treffen mit den Vertretern der Lucian Blaga-Universität, bei dem mit den Dekanen Fakultäten für Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften ein Zusammenarbeitsprotokoll unterschrieben wurde.

Während einer Pressekonferenz am zweiten Tag der Veranstaltung erzählte Dan Virgil Pascu, wie es dazu gekommen ist, dass die Karawane nun in Hermannstadt abgehalten wurde. Die Karawane wird bereits seit einiger Zeit veranstaltet und beinhaltet rumänienweit Treffen mit Vertretern der Wirtschaft und öffentlichen Behörden auf lokaler Ebene.

Weiterhin gab es vor Kurzem eine Investigation: in Baia Mare wurde ein Verstoß festgestellt, wobei es um Wachdienste auf Friedhöfen ging.

„Wir haben in der Presse über die zentrale Stelle für öffentliche Aufträge auf der Ebene des Kreises Hermannstadt gelesen und ich fand es etwas ganz Tolles“, sagte Pascu.  „Wir haben gesehen, dass es noch in Temeswar so etwas gibt und gegenwärtig entsteht auch im Kreis Harghita eine solche Stelle“. Außerdem sollen Pascu und Hermannstadts Bürgermeisterin Astrid Fodor Kollegen an der Universität in Hermannstadt gewesen sein und so war es einfach, nachzufragen, ob es in Hermannstadt Interesse an einer Präsentation gebe, wie öffentliche Ausschreibungen ausgetrixt werden, nicht über klassische Korruption sondern über ein Kartell, über Vereinbarungen zwischen Wirtschaftsbetreibern.

Am ersten Tag besuchte die Delegation Moara Cibin, die Firma Boromir, um  den „Puls der rumänischen Unternehmerschaft“ direkt aufzunehmen und die Probleme des rumänischen Unternehmers kennenzulernen die ausgelöst werden durch das Wachsen der Energiepreise, das Steigen der Preise des Weizens, die Auswirkung des Konfliktes auf die Weizenimporte aus der Ukraine und Russland, die Auswirkung der Sanktionen  der EU und der USA gegen Russland und was für eine Auswirkung all das auf die gesamte Versorgungskette bis zum Endverbraucher, vor allem für den Brotverbraucher, hat.

Am selben Tag gab es ein Treffen mit den Vertretern der Wirtschaft. Kontakt aufgenommen wurde außer mit der Rumänischen  Industrie- und Handelskammer mit dem Rotary Club und dem Lions Club sowie mit dem Deutschen Wirtschaftsclub Siebenbürgen. „Wir hatten eine sehr gute Konferenz. Es gab sehr viele Teilnehmer und in zweiter Reihe gab es eine reale Debatte, einen echten  Dialog“, sagte Pascu. Mit den über 100 Teilnehmern soll es eine der am besten besuchten Karawane gewesen sein.

„Das größte Problem, das wir festgestellt haben, war die sogenannte Angst vor dem Wettbewerbsrecht“, sagte Pascu. Das Wettbewerbsrecht  sei „kontraintuitiv“. Oft verstoßen Unternehmer dagegen, ohne dass sie es merken. „Unser Angebot war, dass sie uns immer dann kontaktieren, wenn sie komplett neue wirtschaftliche Praktiken implementieren möchten, wünschenswert vor deren Implementierung.  Unser Angebot wurde von der Hermannstädter Unternehmerschaft sehr gut angenommen“, schlussfolgerte Pascu. Weiterhin gab es Diskussionen zum gegenwärtigen Wirken des Wettbewerbsrates rund um die bedeutenderen Sanktionen, die vom Rat in den letzten zwei Jahren verhängt wurden.

„Mit solchen Veranstaltungen versuchen wir mittlere Unternehmen anzusprechen, die möglicherweise kein Geld haben, eine Anwaltskanzlei anzusprechen“, so Präsident Bogdan Chirițoiu. „Ein Unternehmen, das keine exzentrischen Sachen macht, seiner Tätigkeit nachgeht und dabei versucht, ein bestmögliches Produkt anzubieten für einen angemessenen Preis, wird keine Probleme in dem Bereich des Wettbewerbs antreffen“. Beispielsweise bildeten in einer durschnittlich großen Stadt im Kreis Argeș alle Firmen aus der Gegend ein Konsortium und infolgedessen gab es einen einzigen Bewerber, der an den öffentlichen Ausschreibungen teilnahm. Dabei bestand das Konsortium aus Firmen, die in der Vergangenheit im Konkurrenzverhältnis zueinander gestanden hatten.  „Diese Art von Verhalten ist ein Kartell, kein Konsortium mehr. Eine Firma, die an Ausschreibungen teilnimmt und den Zuschlag bekommt, muss sich nicht vor uns fürchten“, sagte Chirițoiu. „Jede Firma, die etwas nicht weiß, darf bei uns nachfragen, das ist die Basisidee, das heißt bei uns Prävention“.

Neugierig waren die Journalisten zu erfahren, wie die Vertreter des Wettbewerbsrates zu ähnlichen Situationen stehen,  wie vor Kurzem, als die Treibstoffpreise plötzlich gestiegen sind. „Nicht jede Preiserhöhung bedeutet gleich einen Verstoß gegen das Gesetz. Es gibt gegenwärtig einige Störungen in der Wirtschaft. Und die rumänische Wirtschaft ist an die europäische Wirtschaft gebunden“, meinte Bogdan Chirițoiu. Über 50 Prozent des Außenhandels Rumäniens geschehe mit der EU, sowohl Importe als auch Exporte. Die Pandemie sei ein bedeutender wirtschaftlicher Schock gewesen, wo Millionen Menschen nicht gearbeitet haben und der Staat ihnen den Lohn zahlte. Hinzu kommt die Inflation und der Anstieg von Preisen, im Westen, wobei diese Preiserhöhungen auch nach Rumänien gelangen. Dann kam auch die Krise bezüglich der Ukraine und Russland dazu.

„Wir als Rat versuchen zu verhindern, dass aufgrund der Volatilität der Preise, des allgemeinen Preiswachstums, der Inflation, einige Firmen spekulieren, dass sie noch was drauflegen“, sagte Chirițoiu. Beispielsweise wurden im vergangenen Jahr Firmen bestraft, die Eier produzierten. Infolge eines Problems bei Firmen in Deutschland und den Niederlanden produzierten diese Firmen nicht mehr und dadurch ergab sich ein Anstieg der Preise. Von dieser Situation profitierten nun die hier bestraften  Firmen, die versucht haben, den Preis auch in Rumänien zu erhöhen, obwohl Rumänien kaum davon betroffen war. Als Folge stiegen die Preise in Rumänien mehr als in Deutschland und Holland, wo es das eigentliche Problem gab. Diese Art von spekulativem Verhalten versuche man zu verhindern.

Kontaktieren kann man das Rumänische Kartellamt (Consiliul Concurenței) über die lokalen Vertretungen, dem zentralen Sitz in Bukarest oder über die Internetplattform www.consiliulconcurentei.ro. Unregelmäßigkeiten bezüglich des Wettbewerbs können übrigens auch anonym gemeldet werden.

Werner FINK

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Wirtschaft.