Spontane Hermannstädter Spendenaktion für die Ukraine war ein großer Erfolg
Ausgabe Nr. 2760
Wasserflaschenpacks, Fleischkonserven, Hygieneartikel, Kleidung, Medikamente, Spielzeug, Decken, Matratzen und sogar Hunde- und Katzenfutter. In der 300 Quadratmeter großen Halle in der Tractorului- Straße Nummer 10 in Hermannstadt summte und brummte es am Wochenende (26. und 27. Februar) wie in einem Bienenstock. Säcke und Kisten voll mit Spenden wechselten die Besitzer im Sekundentakt. Der Krieg in der benachbarten Ukraine hat Menschen in Rumänien sensibilisiert und einige ergriffen die Initiative und organisierten Hilfstransporte für Flüchtlinge. „Vă ajutăm din Sibiu“ (Wir helfen euch aus Hermannstadt) ist eine davon, dank derer tausende von Hermannstädter am Wochenende für die Flüchtlinge aus der Ukraine spendeten.
„Wir haben es nicht erwartet, dass unser Aufruf so viele Menschen mobilisiert und ich bedanke mich hiermit persönlich für die Hilfe. Die Hermannstädter haben bewiesen, dass sie ein großes Herz für die Flüchtlinge haben“, sagte Alex Marian, einer der Organisatoren, der sich um das Anmieten der Lagerhalle gekümmert hat. „Eine einzige Annonce auf Facebook hat gereicht, um die ganze Aktion ins Rollen zu bringen. Wir, die Organisatoren, sind alle Privatpersonen, es ist kein NGO dabei, wir kannten uns vorher nicht, wollten einfach nur helfen,“ erklärt Alex, der im gleichen Hof eine Autoreparaturwerkstatt besitzt.
Am Samstag, dem 26. Februar, war der erste Spendentag für die Ukraine. Schon am Eingang zum Hof konnte man emsige Menschen sehen, die riesige Säcke auf dem Rücken schleppten. Volontäre kamen ihnen entgegen, um sie von der Last zu befreien. In der großen Halle fragten andere Freiwillige nach dem Inhalt der Kisten, die man spenden wollte. Hier wurden die Sachspenden sortiert: Kinderstiefel und -jacken zu Kinderkleidung, Toilettenpapier und Zahnpasta zu Hygieneartikel, Coca Cola und Wasser zu den Getränken. Alles hatte seinen Platz und alle Volontäre lächelten und freuten sich über jede Spende. Es war ein Kommen und Gehen. Sogar über das Hundefutter war man glücklich, denn viele Ukrainer haben ihre Haustiere auf der Flucht mitgenommen, also war das Futter für die Tiere gesuchte Ware. Am Samstagabend fuhren die ersten LKW’s vom Hof im Ziegelei-Viertel in Richtung ukrainische Grenze.
Am Sonntagmittag erzählte Alex Marian über den Erfolg des ersten Spendentags: „Gestern Abend war die Halle schon so voll, dass wir sechs LKW’s (7,5-Tonner) vollgepackt und nach Suceava geschickt haben. Heute müssen noch drei in die Moldau fahren und alles geschieht auf Anfrage. Wir schicken keine Sachen, die nicht gebraucht werden. Unsere Kontaktperson in Suceava ist Ștefan Mandachi, der Inhaber der Fast-Food-Kette Spartan und er sagt uns, was am dringendsten gebraucht wird“.
Am Sonntag waren noch viel mehr Hermannstädter in der Tractorului-Straße anwesend. Schon am Tor wurde man gebeten, wegen Platzmangel das Auto nicht bis zur Halle zu fahren. So schleppten die fleißigen Helfer riesige Kisten, Säcke, Matratzen und große Stapel mit zusammengefalteten Pappkartons – die später als Verpackungsmaterial dienten – die Distanz vom Auto zur Halle. Vollbepackte Holzpalletten standen schon draußen vor der Halle und warteten auf den nächsten Transport.
Was noch gebraucht wird? Laut Alex Marian: „Was wir weiterhin brauchen sind Matratzen und Decken. Die orthodoxe Kirche aus der Moldau hat Unterkünfte besorgt, es braucht aber Betten und alles, was zum Schlafen benötigt wird.“
Bis Mittwoch, dem 2. März, wurden in der Tractorului-Straße noch Sachspenden gesammelt. Gesucht werden nun Volontäre, die bei dem Sortieren der Ware helfen können. Interessenten können sich bei Alex Marian unter der Telefonnummer 0756-93.54.87 melden.
Doch die Hilfe kam nicht nur in Form von Sachspenden: Viele Hermannstädter boten auf der Facebookgruppe „Uniți pentru Ucraina“ (übersetzt: Vereint für die Ukraine) kostenlos ihre Häuser als Unterkünfte für die Flüchtlinge an. Zwar wollen laut Statistik vorläufig nur wenige Ukrainer länger in Rumänien bleiben, die meisten sind auf der Durchfahrt und ziehen nach Deutschland und Polen weiter, aber jene, die eine Bleibe in Hermannstadt suchen, finden sofort eine. Sie müssen sich bloß auf der oben genannten Facebook-Gruppe melden. Auf den Straßen von Hermannstadt sieht man übrigens immer öfter Autos mit ukrainischen Kennzeichen.
Einige Hermannstädter nahmen sogar die siebenstündige Reise bis zum Grenzpunkt Siret auf sich, um Flüchtlinge herzubringen oder zu Flughäfen nach Bukarest und Iași zu fahren.
Seit Dienstag, dem 1. März, fahren die Hilfstransporte aus der Tractorului-Straße in Hermannstadt nicht mehr bloß bis zur Grenze, sondern in die Ukraine, wo die Güter am meisten gebraucht werden. Ein Teil der Spenden wird in kleinere Lagerräume in Hermannstadt deponiert und soll in Zukunft denjenigen Ukrainern zugute kommen, die sich längerfristig in Hermannstadt aufhalten werden.
Cynthia PINTER