Kirchenburgengespräch zum Thema Rückerstattung von kirchlichen Immobilien
Ausgabe Nr. 2761
Am Dienstagabend fand erneut ein Kirchenburgengespräch online statt, wobei dieses Mal Friedrich Gunesch, Hauptanwalt der Evangelischen Kirche A.B in Rumänien (EKR) und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kirchenburgen zum Thema Restitution kirchlicher Immobilien sprach. Moderiert wurde die Veranstaltung von Stefan Bichler. Zum Auftakt sprach Angelika Beer ein Friedensgebet in Gedanken an die Ukraine.
„Die letzten beiden Enteignungen, die uns in Siebenbürgen nachhaltig beschäftigt haben, erfolgten in den 1920er Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg. Insbesondere die zweite dieser beiden Episoden, nämlich die Enteignungen kurz vor und mit der Installierung des kommunistischen Regimes in Rumänien beschäftigt uns bis zum heutigen Tag“, sagte Bichler.
Seit über 30 Jahren wird darum gekämpft, das was der Kirche enteignet wurde wieder zurückzubekommen. Anträge zur Rückerstattung sind etwa 1100 gestellt worden. Laut den Einschätzungen von Gunesch seien etwa 70 Prozent dieser Anträge erledigt worden, davon etwa 70 Prozent positiv und 20-25 Prozent negativ. Spektakuläre Fälle gebe es nicht mehr wie z. B. das Teutschhaus, wo sich die Rückerstattung über 10 Jahre erstreckt hat, oder wie das Brukenthalmuseum. Die Einreichungsfrist laut Spezialgesetz zur Rückerstattung ist mit dem 25. Dezember 2005 abgelaufen. Versuche, das Problem über das allgemeine Gesetz anzugehen, blieben bisher erfolglos.
Die Gebäude, die etwas in der Verwaltung und Nutzung auch gebracht haben, befinden sich in den traditionellen siebenbürgischen Gemeinden, vor allem in den Stadtgemeinden. Auch die Landeskirche hat dabei vieles zurückbekommen.
Gunesch ging vor allem auf Schwierigkeiten bei der Rückgabe ein. „Dass die Kirche als Kollaborateur abgestempelt worden ist, damals, das wissen wir, und dass sie nur knapp der Auflösung entronnen ist, das haben wir auch zur Kenntnis genommen“, meinte Gunesch. In allen Kirchengemeinden waren vor Ort Kommissionen am Werk, die aufgrund der kirchlichen Inventare fast alles enteignet haben, mit Ausnahme der Kirchengebäude oder der Kirchenburgen, der Pfarrhäuser und der Friedhöfe. Enteignet wurden u. a. Wohnhäuser, Miethäuser, Schulen, Kindergärten, Gemeindesäle, Krankenhäuser, Heime, Mühlen. Festgestellt wurde, dass manchmal sogar das Kirchengebäude enteignet wurde, das aber oft erst später. „Wenn man bei verschiedenen Reparaturen oder Projekten Grundbuchauszüge beantragt hat, da stand immer als Eigentümer die evangelische Kirchengemeinde, obwohl sie es beim genaueren Hinsehen längst nicht mehr war, aber auch nur formal. Das hat aber auch dazu geführt, dass bis heute verschiedene Prozesse anstehen, um festzustellen, dass die jeweiligen evangelischen Kirchengemeinden rechtliche und tatsächliche Eigentümer dieser Gebäude sind“, sagte Gunesch.
Im Rahmen einer zweiten Enteignung im Jahre 1948 wurden die Schulen aufgezählt, allerdings nicht alle und auch nicht alle schulischen Nebenbauten wie die Lehrer- oder Rektorwohnung, der Turnsaal, das Internat oder die Kantine. Weiterhin haben die „Ad hoc“-Kommissionen, die natürlich dafür nicht vorbereitet waren, höchstwahrscheinlich die Grundbücher auch nicht richtig lesen können, weder auf Deutsch noch auf Ungarisch. Andererseits kam es auch vor, dass die Inventare der Kirche nicht auf dem neuesten Stand waren und manches im Inventar der Kirche war, was längst nicht mehr der Kirche gehörte. Wenigstens 40 oder 50 solcher negativer Rückgabebescheide soll es geben, wo es um Sachen geht, die bereits vor der Enteignung veräußert worden waren. In anderen Fällen stimmten die Vermessungen nicht. Weiterhin wurde festgestellt, dass eine Reihe von Gemeindesälen, die sogenannten Kulturhäuser, als Gebäude im Grundbuch nicht eingetragen worden sind. So musste eben im Laufe des Rückerstattungsprozesses bewiesen werden, dass die Immobilie zwar im Grundbuch nicht eingetragen ist, aber trotzdem enteignet wurde, was in den meisten Fällen auch geklappt hat. „In allen Gemeindearchiven hat man nachlesen können, wie viel Tage jeder gearbeitet hat, und wie viele Furen Sand man gebracht hat, und wie viele Ziegeln gebraucht worden sind dafür“, erzählte Gunesch.
„Also das Durcheinander war manchmal perfekt. Und manches ist auch bis auf den heutigen Tag nicht gelöst“, schlussfolgerte der Hauptanwalt der EKR.
In selteneren Fällen ist es vorgekommen, dass man in den ersten Gerichtsinstanzen etwas rückerstattet bekam, um dann dieses beim Obersten Gericht, wegen irgendeinem formalen Grund, zu verlieren. ,,Nach 15 Jahren der ständigen Bemühungen, ist man dann definitiv, und zwar von einem Gericht, enteignet woren“, betonte Gunesch.
Ein weiteres heikles Thema sind die Immobilien, die vorübergehend Eigentum der Deutschen Volksgruppe waren, die als Kollaborateurin definiert wurde. Über die Konvention von 1942 wurde festgelegt, dass eine Reihe von Gebäuden an die Deutsche Volksgruppe übergeben werden sollen. Tatsächlich soll verhältnismäßig wenig Kircheneigentum jemals ordnungsgemäß an die Volksgruppe überschrieben worden sein. „Rechtlich gesehen, hätte der Vermerk lauten müssen, dass die Kirche es der Deutschen Volksgruppe überlässt, egal wie: Schenkung, Verkauf usw. Diesen Vermerk gibt es nicht“, sagte Gunesch. „Die Deutsche Volksgruppe ist nicht Eigentümer geworden, weil sie es nicht von der Kirche übernommen hat, sondern lediglich den Vermerk im Grundbuch notiert hat: ,Es ist enteignet worden von der Deutschen Volksgruppe’“. Das sei ein grober Fehler, der bis heute mit Ausnahmen vor kaum einem Gericht geltend gemacht werden könne. Weiterhin stehe in der Konvention, dass zum Beispiel das Eigentum der Gesamtgemeinde, also der Landeskirche ausgenommen sei von der Übergabe an die Deutsche Volksgruppe. Die Gerichte würden sich dabei aber nicht die Mühe machen, die Konvention zu lesen und dementsprechend fielen dann auch die Bescheide aus. Außerdem sei die Deutsche Volksgruppe 1944 aufgelöst worden, das Gesetz betreffend die Rückgabe gelte aber nur für Gebäude, die ab dem 6. März 1945 bis Dezember 1989 enteignet wurden, ein formaler Grund wegen dem es bis heute negative Erledigungen gebe.
„Auch wenn anfangs Kommissionen positive Bescheide gaben und argumentierten, warum die Konvention zwischen der Volksgruppe und der Kirche nicht rechtens und tatsächlich nie durchgeführt worden ist, hat es dann in der Zwischenzeit, politisch gesehen, ein Umschwenken gegeben, die Gerichte, wie auch der Oberste Gerichtshof haben dann auch in den meisten Fällen negativ entschieden“, sagte Gunesch.
„Man könnte auch zusammenfassen, dass die Behörden auch damals oder insbesondere damals schlampig gearbeitet haben, was in der Zeit des kommunistischen Regimes zum Teil positive Wirkungen hatte, weil man Gebäude, die theoretisch enteignet waren, weiterhin genutzt hat, bis die Dorfgemeinschaft die Enteignung vergessen hat, was heute aber oft ein Problem darstellt, weil man ja, um etwas rückerstattet bekommen zu können, die Nachweise bringen muss, dass es überhaupt enteignet wurde“, schlussfolgerte Bichler.
Ein Ziel ist nun, dass die Liegenschaften „mindestens noch eine Generation erhalten bleiben“, was nur in Kooperation mit den Kirchengemeinden und mit den Partnern aus Deutschland, vor allem mit den Heimatortsgemeinschaften geschehen kann.
Werner FINK