Siebenbürgische Kirchenburgen verschönern Rathausflur in Greifswald
Ausgabe Nr. 2758
Wer auch im nördlichsten Norddeutschland interessiert seine Hermannstädter Zeitung liest, erhielt dort kürzlich eine Anregung zu einer Foto-Ausstellung über Kirchenburgen. Ein Ehepaar Köhler habe von Schäßburg aus 30 Kirchenburgen in Siebenbürgen fotografiert und davon Fotos zusammengestellt. Mehr erfuhr man zunächst nicht über die Hintergründe. Ausgewanderte Siebenbürger Sachsen, die ihren Mitbürgern in der neuen Wahlheimat die Schönheit ihrer Herkunftsregion zugänglich machen wollen? „Geistige Miterben“ im Sinne von Bischof Guib? So fragen sich anreisende Besucher etwa, während sie auf der A 20 bei Tribsees langsam fahren müssen, weil die Autobahn auf unheimliche Weise immer wieder im Moor versackt.
An einem kalten, aber sonnigen Wintertag bewegen wir uns inmitten Backsteingotik durch die historische Innenstadt Greifswalds und dort zum Rathaus in der Fußgängerzone. Dieses stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist trotz einiger barocker Veränderungen äußerlich weitgehend erhalten. Innen führt eine breite Treppe in den ersten Stock, der hier gelegene Flur enthält außer nüchternen, zu Amtszimmern führenden Türen auch jene, hinter der am 29. April 1945 die kampflose Übergabe Greifswalds an die Rote Armee stattgefunden hat. Zwischen den Amtstüren grüßen jetzt aber schöne Ansichten von Kirchenburgen, gerahmt hinter Glas, beschriftet sind Orte und besondere Details.
Eine kleine Infotafel gibt Auskunft darüber, dass Heidrun und Burkhardt Köhler, sie aus Stuttgart/Greifswald und aus Pirna er, die beide selbst in Greifswald studiert haben und schließlich Hochschullehrende dort gewesen sind, sich seit ein paar Jahren verschiedene kulturelle Projekte suchen, die sie anschließend der Öffentlichkeit als kleine Ausstellung präsentieren. Nun haben sie offenbar Siebenbürgen bereist, mit seinem UNESCO-Weltkulturerbe. In Deutsch-Weißkirch sind sie gewesen und in Tartlau, in Birthälm haben sie Fotos gemacht, in Wurmloch und in Dersch. Und haben 25 weitere Kirchenburgen an ihrem Weg gesehen und fotografiert. Besonders schön sticht Honigberg heraus, Arkeden sieht einladend aus, Hamruden ist reizvoll in Szene gesetzt.
Die typischen Merkmale der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburg kommen gut zum Ausdruck, sowie auch die Vielfalt der Bauten von Kleinschelken bis Deutsch-Kreuz.
Ein Büchlein liegt aus, wo Betrachter und Besucherin einen Kommentar hinterlassen können. Bereichert fühlen sich viele, durch überraschende Eindrücke aus ferner Region, die man dort gar nicht erwartet hätte, „wie eine kleine Reise“, die man selbst aus gesundheitlichen Gründen, schon erst recht angesichts Corona, nicht hätte unternehmen können. Auch wir schreiben da etwas hinein: „Die grundlegende Botschaft der Geschichte der Siebenbürger Sachsen, zu lesen in den Steinen der Kirchenburgen, den Büchern, den Traditionen, ist jene, Gott unentwegt zu suchen und nie aufzuhören für die Freiheit zu kämpfen. Es ist eine Mahnung, den anderen zu respektieren, Solidarität und Toleranz zu üben.“ Es ist dieses Zitat aus der Ansprache von Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis beim Großen Sachsentreffen im August 2017 in Hermannstadt, das wir dieser anregenden kleinen Ausstellung gern noch hinzufügen.
Susanne THRULL