,,Man muss ordentlich übertreiben”

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Satiren-Buch von Peter Biro in rumänischer Sprache erschienen

Ausgabe Nr. 2757

Peter Biro.                                Foto: Privat

Peter Biro, bis Ende 2021 Anästhesist in der Schweiz, hat seit Jahren seine Leidenschaft für die Literatur entdeckt. Im Vorjahr ist sein erstes Buch in rumänischer Sprache erschienen, „Incredibila poveste a lui Jean Jaques Récamier”. Über Satiren, Bücherherausgabe und Pläne sprach der Autor mit der HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u.

Ich bitte Sie, sich kurz vorzustellen.

Peter Biro, 1956 in Großwardein geboren und bin dort bis zu meinem 13. Lebensjahr aufgewachsen, bin dann mit meinen Eltern auf abenteuerlichen Wegen nach Deutschland ausgewandert, habe dort studiert, bin Arzt geworden und bin 1987 in die Schweiz umgezogen.
Seit Ende 2021 bin ich in Pension, nachdem ich 34 Jahre an der Universitätsklinik in Zürich gearbeitet habe. Vor einigen Jahren habe ich die Leidenschaft zum belletristischen Schreiben entdeckt und habe seitdem viele Beiträge überwiegend in deutscher Sprache geschrieben, die dann aber teilweise auch auf Ungarisch und Rumänisch übersetzt wurden. Erschienen sind auch ganz wenige englischsprachige Beiträge. Ansonsten kapriziere ich mich jetzt auf eine ein bisschen ernstere Literatur, auf etwas größere Werke. Ein Erfolg war jetzt die  Veröffentlichung meiner Kindheitserinnerungen unter dem Titel „Vom Taumeln zwischen den Kulturen. Eine Kindheit in Transsylvanien” im Schweizer Werd & Weber Verlag in deutscher Sprache. Das Buch wurde inzwischen auch ins Ungarische übersetzt und ist in Großwardein verlegt worden. Laut Statistik bleiben mir noch 20 Jahre Lebenszeit, die ich mit Reisen, Kinobesuchen, allen möglichen Lustbarkeiten und ein bisschen Schreiben füllen möchte.

Viele der Texte sind online rumänisch erschienen…

Da ist eine Online-Plattform in Klausenburg, die heißt Baabel (Anm. d. Red. https://baabel.ro), wo alle möglichen Beiträge erscheinen, auch von Amateurautoren, die allerdings professionell verlegt und redigiert werden. Dort habe ich in den letzten vier etwa  50 Artikel über die letzten vier Jahre veröffentlicht.

Ende 2021 ist das erste Buch in rumänischer Sprache erschienen „Incredibila poveste a lui Jean Jaques Récamier”.

Ja, das ist ein Buch mit 50 Kurzgeschichten, das im Bukarester UZP-Verlag erscheinen ist. Es geht um Satiren, Humoresken, einige mehr oder weniger lustig, die sich mit allen möglichen überwiegend absurden Begebenheiten des allgemeinen Lebens auseinandersetzen. Ich habe ein bisschen Freude an absurder Komik und an lustigen Formulierungen und würde das als hyperrealistische Schreibweise beschreiben. Übersetzt ins Rumänische wurden die Satiren hauptsächlich von Ruxandra Stănescu (39 Satiren), Simona Fuchs (5 Satiren), Hava Oren (3 Satiren), und mir (3 Satiren).

Peter Biro: Incredibila poveste a lui Jean-Jacques Récamier, omul-canapea – și alte multe satire pentru cititori curajoși. Verlag UZP, Bukarest 2021, 353 Seiten, ISBN 978-606-9654-88-0, 32 Lei, Bestellungen unter E-Mail  incredibila21@gmail.com

Haben Sie eine Lieblingssatire?

Ja, besonders gelungen finde ich die „Systematik der Ohrfeige”, weil diese zwei völlig voneinander unabhängige Dinge in einem Punkt unterbringt: die Ohrfeige wird quasi in botanischer Sprache dargestellt, als wäre das eine Pflanze.

Corona ist auch ein Thema einiger der Satiren. Liefert Corona gutes Material?

Ja, wobei nicht Corona selber, daran ist nicht viel Lustiges zu finden, aber der Umgang der Menschen und Behörden damit hat mehr als genug Stoff geliefert – eine gewisse lustige Aufarbeitung, die bis zum Untergang der Welt geht. Wenn man was Satirisches schreibt, dann muss man ordentlich übertreiben.

Wo ist das Buch zu finden?

Das ist nicht so leicht zu finden, weil es offenbar in Rumänien nicht so einfach ist, in Distributionskanäle reinzukommen. Meine Kollegin Adela Onuţu aus Klausenburg und ich haben das Buch in Bukarest herstellen lassen, in einer Auflage von 200 Exemplaren, die meine Kollegin auf verschiedene Arten und Wegen vertreibt.

Was haben Medizin und Literatur gemeinsam?

Das ist schwer zu sagen, aber eines ist ganz sicher: Sehr viele Ärzte fühlen sich in der Lage und genötigt, Literatur zu produzieren. Beruflich bedingt muss man sehr viel lesen und auch viel schreiben, und irgendwie schärft das die Fähigkeit, sich mit dem geschriebenen Wort auseinanderzusetzen. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass Ärzte gerne etwas anderes sehen wollen, als nur Probleme des menschlichen Körpers.

Ist es schwierig, ein Buch herauszugeben?

Absolut ja. Schon das Schreiben selbst, als literarische Betätigung, ist sehr anspruchsvoll, wenn es einigermaßen gut sein soll. Dann muss es auch übersetzt werden, das wurde zum Beispiel mit meinen Texten sehr gut gemacht. Damit ist aber erst die Vorarbeit geleistet. Dann muss man natürlich das Ganze in ein Buchformat bringen. Vieles muss man weglassen, was eigentlich weh tut. Dann muss man einen Herausgeber finden und das ist die große Kunst. Die Menge von Manuskripten, die von Amateurschriftstellern hergestellt werden, ist unglaublich riesig, und die bestürmen die Herausgeber mit ihrem Material. Man muss einfach herausragen aus der Masse, um überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden. Wenn man einen Herausgeber gefunden hat, muss das Buch lektoriert werden, dann bekommt der Autor eine Druckfahne, wo er gerne etwas ändern will. Das ist wiederum für den Herausgeber ein schmerzlicher Prozess, und am Ende kommt dann die Produktion. Das letzte Problem ist der Vertrieb. In der Schweiz ist es einfacher, mein deutschsprachiges Buch ist im Angebot überall. Da hat sich der Verlag Mühe gegeben und es in sämtliche Kanäle hineingeschoben. Beim rumänischen Buch muss ich mich selbst als Autor bemühen, das Buch bekannt zu machen und es zu vertreiben. Oder man findet einen fähigen Partner, das Buch zu vertreiben, und ich bin gerade im Gespräch mit so einem Verlag, der eine zweite Version des rumänischen Buches wahrscheinlich betreuen wird – alte und neue Texte. Das Buch soll dann unter dem neuen Titel „Despre virtutea nerăbdării” in den Handel kommen, durch den Verlag Integral.

Haben Sie auch andere literarische Pläne?

Ich habe ein paar Ideen, ich wollte zum Beispiel die Kurzgeschichte mit Jean Jaques Récamier zu einem richtigen Roman ausbauen. So ein Roman der surrealitisch und absurd ist, entlang der Lebensgeschichte dieser Figur, die sich vom Menschen zunehmend in ein Möbelstück verwandelt.

Denken Sie, dass die Herausgabe beim zweiten Buch einfacher ist?

Wenn man schon ein Buch herausgegeben hat, ist man nicht mehr ein absoluter No Name, sondern nur so ein relativer No Name und dann ist es sicherlich leichter, mit einem Verlag ins Gespräch zu kommen oder was Neues zu suchen. Ideal ist es nicht, denn am besten ist es, einen Agenten zu haben.

Werden in der Schweiz noch Bücher gelesen?

Erstaunlich, ja, obwohl es sehr viel anderen Zeitvertreib gibt. Ich würde sagen, es gibt immer noch eine Stammkundschaft für Lesestoff, sogar für Lesestoff auf Papier.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Allgemein, Bücher, Persönlichkeiten.